BAG, Urt. 7.6.2018 - 8 AZR 96/17
Schädigung des Arbeitgebers – Vorrangige Inanspruchnahme Dritter
Autor: RAin FAinArbR Dr. Cornelia Marquardt, Norton Rose Fulbright LLP München
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 12/2018
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 12/2018
Der Arbeitgeber muss bei Schädigung durch einen Dritten vorrangig diesen in Anspruch nehmen, bevor er Ansprüche gegen seinen mitverantwortlichen Arbeitnehmer geltend macht. Dies gilt allerdings nur, wenn die Inanspruchnahme des Dritten rechtlich und wirtschaftlich Erfolg verspricht.
BAG, Urt. v. 7.6.2018 - 8 AZR 96/17
Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg - 9 Sa 51/16
BGB §§ 241, 254, 280, 199
Der Beklagte war im Autohaus der Klägerin als Verkäufer angestellt. Sein Arbeitsvertrag enthielt eine Ausschlussklausel, die den Verfall aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, spätestens jedoch drei Monate nach Beendigung vorsah. Entgegen der Weisung, nur vollständig bezahlte Neufahrzeuge an Kunden herauszugeben, gab er im September 2014 an einen Kunden das von diesem bestellte Fahrzeug gegen Anzahlung für ein Wochenende heraus. Der Kunde setzte sich mit dem Fahrzeug ab. Er konnte zwar zunächst in Italien festgenommen und der Wagen beschlagnahmt werden; nach Aufhebung des Haftbefehls und der Beschlagnahme verschwand der Kunde jedoch samt Wagen wieder.
Nachdem die Klägerin erfolglos versucht hatte, mit den Anwälten des Kunden eine Einigung hinsichtlich der Restkaufpreiszahlung zu erzielen oder ihn durch eine Detektei ausfindig zu machen, erhob sie am 12.8.2015 Klage gegen den Kunden; die Klagezustellung scheiterte allerdings, wovon die Klägerin Anfang Dezember 2018 erfuhr. Erst als der Beklagte sein Arbeitsverhältnis kündigte, forderte die Klägerin ihn mit Schreiben vom 20.11.2015 auf, den Schadensersatzanspruch anzuerkennen. Als er sich weigerte, erhob sie am 29.12.2015 Klage auf Schadensersatz.
Arbeitsgericht und LAG wiesen die Klage ab. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Die Ausschlussfrist habe spätestens mit der Entscheidung der Klägerin, Klage gegen den Kunden zu erheben, zu laufen begonnen. In diesem Zeitpunkt sei ihr die Bezifferung des Schadensersatzanspruchs möglich gewesen, so dass die Fälligkeit entsprechend § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB eingetreten sei. Es komme nicht darauf an, wann die Klägerin von der Unzustellbarkeit der Klage erfahren habe. Das Schreiben vom 20.11.2015 habe die Ausschlussfrist deshalb nicht mehr gewahrt.
Ein anderes Ergebnis folge weder aus § 254 Abs. 2 BGB noch aus § 241 Abs. 2 BGB. Zwar sei der Arbeitgeber grds. gehalten, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden – auch finanziellen – Interessen des Arbeitnehmers zu wahren. Er sei deshalb verpflichtet, vorrangig den unmittelbar schädigenden Dritten in Anspruch zu nehmen. Jedoch gelte dies nur, wenn es dem Arbeitgeber bei klarer Rechtslage ohne weiteres möglich sei, den eigentlichen Schädiger in Anspruch zu nehmen. Im vorliegenden Fall sei dies gerade nicht der Fall gewesen, so dass eine vorrangige Inanspruchnahme des Kunden nicht geboten gewesen sei.
BAG, Urt. v. 7.6.2018 - 8 AZR 96/17
Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg - 9 Sa 51/16
BGB §§ 241, 254, 280, 199
Das Problem
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Schadensersatzleistung wegen Herausgabe eines Pkw an einen Kunden und den der Klägerin dadurch entstandenen Schaden.Der Beklagte war im Autohaus der Klägerin als Verkäufer angestellt. Sein Arbeitsvertrag enthielt eine Ausschlussklausel, die den Verfall aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, spätestens jedoch drei Monate nach Beendigung vorsah. Entgegen der Weisung, nur vollständig bezahlte Neufahrzeuge an Kunden herauszugeben, gab er im September 2014 an einen Kunden das von diesem bestellte Fahrzeug gegen Anzahlung für ein Wochenende heraus. Der Kunde setzte sich mit dem Fahrzeug ab. Er konnte zwar zunächst in Italien festgenommen und der Wagen beschlagnahmt werden; nach Aufhebung des Haftbefehls und der Beschlagnahme verschwand der Kunde jedoch samt Wagen wieder.
Nachdem die Klägerin erfolglos versucht hatte, mit den Anwälten des Kunden eine Einigung hinsichtlich der Restkaufpreiszahlung zu erzielen oder ihn durch eine Detektei ausfindig zu machen, erhob sie am 12.8.2015 Klage gegen den Kunden; die Klagezustellung scheiterte allerdings, wovon die Klägerin Anfang Dezember 2018 erfuhr. Erst als der Beklagte sein Arbeitsverhältnis kündigte, forderte die Klägerin ihn mit Schreiben vom 20.11.2015 auf, den Schadensersatzanspruch anzuerkennen. Als er sich weigerte, erhob sie am 29.12.2015 Klage auf Schadensersatz.
Arbeitsgericht und LAG wiesen die Klage ab. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Die Entscheidung des Gerichts
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das BAG verweist im Ergebnis auf die vertragliche Ausschlussklausel, auf deren etwaige Unwirksamkeit die Klägerin sich als Verwenderin nicht berufen könne.Die Ausschlussfrist habe spätestens mit der Entscheidung der Klägerin, Klage gegen den Kunden zu erheben, zu laufen begonnen. In diesem Zeitpunkt sei ihr die Bezifferung des Schadensersatzanspruchs möglich gewesen, so dass die Fälligkeit entsprechend § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB eingetreten sei. Es komme nicht darauf an, wann die Klägerin von der Unzustellbarkeit der Klage erfahren habe. Das Schreiben vom 20.11.2015 habe die Ausschlussfrist deshalb nicht mehr gewahrt.
Ein anderes Ergebnis folge weder aus § 254 Abs. 2 BGB noch aus § 241 Abs. 2 BGB. Zwar sei der Arbeitgeber grds. gehalten, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden – auch finanziellen – Interessen des Arbeitnehmers zu wahren. Er sei deshalb verpflichtet, vorrangig den unmittelbar schädigenden Dritten in Anspruch zu nehmen. Jedoch gelte dies nur, wenn es dem Arbeitgeber bei klarer Rechtslage ohne weiteres möglich sei, den eigentlichen Schädiger in Anspruch zu nehmen. Im vorliegenden Fall sei dies gerade nicht der Fall gewesen, so dass eine vorrangige Inanspruchnahme des Kunden nicht geboten gewesen sei.