BAG, Urt. 9.7.2024 - 9 AZR 227/23

Zur Unwirksamkeit einer Rückzahlungsklausel für Studienkosten

Autor: RAin FAinArbR Daniela Range-Ditz, Rastatt
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 01/2025
Ist im Ausbildungs- und Studienvertrag eine Rückzahlungsklausel für Studienkosten für den Fall der Eigenkündigung des Studierenden vorgesehen, so muss die Klausel danach differenzieren, ob der Grund für die Eigenkündigung der Sphäre des Verwenders oder der des Vertragspartners zuzuordnen ist. Fehlt es hieran, ist die Formularklausel unangemessen und lässt dies die Rückzahlungspflicht entfallen.

BGB § 307 Abs. 1, 3, § 310 Abs. 4; ZPO § 559 Abs. 1

Das Problem

Zwischen den Parteien bestand ein Ausbildungs- und Studienvertrag. Danach übernahm die Klägerin Studienkosten der Beklagten i.H.v. 8.075,64 €. Im Gegenzug verpflichtete sich die Beklagte, anschließend für mindestens fünf Jahre bei der Klägerin zu arbeiten.

Ferner bestand eine vertragliche Rückzahlungsverpflichtung bzgl. der Studienkosten, wenn die Beklagte vorzeitig aufgrund einer Eigenkündigung ohne wichtigen Grund oder eine durch sie veranlasste Kündigung der Arbeitgeberin ausscheiden oder eine Festanstellung ablehnen würde. Nach der ebenfalls vereinbarten Härtefallklausel konnte die Klägerin auf die Rückzahlungspflicht verzichten, soweit diese eine besondere Härte bedeuten würde.

Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums im Juni 2021 kündigte die Beklagte Ende August 2021 zum nächstzulässigen Termin. Die Klägerin begehrt nun Rückzahlung der Studienkosten. Zu Recht?

Die Entscheidung des Gerichts

Das BAG weist die Klage – wie die Vorinstanzen – ab. Es stellt zunächst klar, dass die Regelungen des Vertrags Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen und der AGB-Kontrolle anhand der § 305c Abs. 2, §§ 306, 307–309 BGB unterliegen. Danach erweise sich die Rückzahlungsklausel als unangemessen benachteiligend (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Zwar seien Rückzahlungsklauseln betreffend Ausbildungs- und Studienkosten nicht generell unangemessen, sie können jedoch im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen. So sei es nicht zulässig, eine Rückzahlungspflicht einzig an eine Eigenkündigung des Vertragspartners zu knüpfen. Es sei nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens zu differenzieren. Verpflichte eine Klausel den Vertragspartner auch dann zur Rückzahlung, wenn der Grund für die Eigenkündigung aus der Sphäre des Verwenders stamme, liege eine unangemessene Benachteiligung vor (BAG, Urt. v. 23.1.2024 – 9 AZR 115/23, ArbRB 2024, 162 [Hülbach]).

Danach sei die hier verwendete Klausel zu pauschal, da sie nur an das Vorliegen eines wichtigen Grundes anknüpfe. Sie hätte vielmehr eine Unterscheidung danach vorsehen müssen, ob der Grund für die Eigenkündigung der Sphäre des Verwenders oder des Vertragspartners zuzuordnen sei. Dabei komme es nicht auf die konkrete Realisierung der Sphärenzuweisung an, da das Gesetz schon das Stellen einer derart undifferenzierten Klausel missbillige.


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