Baumängel: Welche Pflichten hat der Architekt bei der Bauüberwachung?
09.08.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Der Architektenvertrag ist seit der Reform des Bauvertragsrechts zum 1.1.2018 speziell gesetzlich geregelt. Zwar richtet sich vieles weiterhin nach dem Werkvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Mit der Reform wurden jedoch einige wichtige Punkte klarer geregelt. So ist seitdem ein Sonderkündigungsrecht des Auftraggebers vorgesehen sowie eine Einschränkung der gesamtschuldnerischen Haftung des Architekten und des Bauunternehmers.
Einen Beitrag über die Reform des Bauvertragsrechts finden Sie hier:
Bauvertrag: Welche Rechte haben Bauherren?
So nennt man den Vertrag zwischen dem Bauherren und dem Architekten. Bis 2018 gab es in Deutschland zu diesem Vertragstyp keine speziellen gesetzlichen Regelungen. Man behandelte den Vertrag mit dem Architekten als herkömmlichen Werkvertrag. Dies ist ein im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelter Vertragstyp, bei dem der Auftragnehmer für eine festgelegte Bezahlung einen bestimmten Erfolg herbeiführen soll. Bei mangelhafter Leistung kann der Auftraggeber Mängelhaftungsansprüche einfordern.
Nach § 650p des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verpflichtet ein Architekten- oder (Bau-) Ingenieurvertrag den jeweiligen Unternehmer, "die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen."
Das bedeutet: Der Bauherr bestimmt den Auftragsumfang. Es bleibt den Vertragspartnern überlassen, ob der Architekt nur Planungsaufgaben wahrnimmt oder auch die Bauüberwachung durchführt. Wichtig ist es, den Architektenvertrag schriftlich abzuschließen. Nur so kann man im Streitfall beweisen, welche Aufgaben der Architekt wahrnehmen sollte.
Es gibt keinen Standardinhalt für den Architektenvertrag. Dies liegt daran, dass der Vertragsinhalt frei verhandelbar ist. Gesetzliche Vorgaben gibt es dazu nicht.
Üblich ist, dass der Architekt den Vor- und den Hauptentwurf für das Bauwerk erstellt, dazu die Unterlagen und Zeichnungen für den Antrag auf die Baugenehmigung. Auch kalkuliert er das erforderliche Baumaterial und die Kosten.
Häufig übernimmt der Architekt auch die Bauleitung und die Bauüberwachung, bereitet die Bauabnahme vor und wirkt dabei mit. Die Leistungen des Architekten werden nach der HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) vergütet. Diese legt die Honorare für bestimmte Leistungsphasen fest. Beispiel: Im Leistungsbild "Gebäude und Innenräume" gibt es eine Leistungsphase 8 "Objektüberwachung – Bauüberwachung und Dokumentation". Auf diese entfallen 32 Prozent des Gesamthonorars.
Diesen Fall regelt § 650p Abs. 2 BGB: Wenn wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sind, ist der Architekt dazu verpflichtet, dem Bauherrn zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen. Dies schließt eine Kosteneinschätzung für das Bauvorhaben ein. Ohne Zustimmung des Bauherrn zu diesen Unterlagen geht es dann nicht weiter.
Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass hier keine exakten Baupläne und keine genauen Kosten für das Projekt gemeint sind, sondern lediglich eine erste Skizze oder eine Beschreibung des zu planenden Vorhabens und eine grobe Kostenschätzung. Für den Bauherrn hat diese Regelung den Vorteil, dass er zuerst einmal abschätzen kann, ob er dieses Bauvorhaben mit diesem Architekten durchführen will, bevor er mit ihm überhaupt einen Architektenvertrag abschließt.
Läuft bei der Ausführung der Bauarbeiten etwas schief, kommt es häufig zum Streit darüber, ob der Architekt seine Überwachungspflichten vernachlässigt hat. Das Problem: Es geht meist aus dem Architektenvertrag nicht hervor, worin diese im Einzelnen bestehen. Auch im Gesetz sind sie nicht geregelt.
Kein Gericht wird von einem Architekten erwarten, dass dieser sich 24 Stunden am Tag auf der Baustelle aufhält und allen Handwerkern permanent über die Schulter schaut. Der Architekt darf sich gerade bei weniger anspruchsvollen Tätigkeiten grundsätzlich darauf verlassen, dass das Bauunternehmen diese ohne ständige Kontrolle selbst fachgerecht durchführen kann.
Steht jedoch plötzlich das halbfertige Haus wegen falsch installierter Leitungen unter Wasser oder sind die Fenster schief eingesetzt, geht es sehr schnell um die Frage nach dem erforderlichen Umfang der Bauüberwachung.
Ziel einer Bauüberwachung ist, dass der Bau genau entsprechend der Pläne und ohne Mängel errichtet wird. Das Oberlandesgericht Naumburg hat es einmal so formuliert: "Der Architekt schuldet alle Tätigkeiten, die zur Gewährleistung der mangelfreien Bewirkung der zu überwachenden Bauleistungen erforderlich und ihm zumutbar sind und insoweit die mangelfreie Leistungsausführung als Erfolg" (Urteil vom 29.5.2006, Az. 1 U 27/06). Vom Architekten wird also bei der Bauüberwachung erwartet, dass er besonders den Bereichen besondere Aufmerksamkeit und Sorgfalt widmet, bei denen erfahrungsgemäß besonders häufig Baumängel auftreten. Besonders gefahrenträchtige Teile des Bauwerks oder der Arbeiten hat der Architekt mit dem ausführenden Bauunternehmer in allen Einzelheiten zu besprechen.
Aus einem Urteil des Kammergerichts Berlin ergibt sich, dass ein Architekt nicht zwingend für jeden Mangel des Bauwerks haftet – auch wenn er für die Bauüberwachung zuständig ist. Aber: Zur Bauüberwachung gehöre es durchaus, das Baugeschehen aktiv zu leiten und das Bauunternehmen stichprobenartig zu überwachen.
Um Fehlern bei der Bauausführung vorzubeugen, müsse der Architekt den ausführenden Unternehmen klare Anweisungen geben und auch auf deren Umsetzung achten. Zuvor müsse er die Baupläne prüfen. Dies gelte auch dann, wenn diese von einem anderen Architekten erstellt worden seien. Besondere Sorgfalt sei bei mangelanfälligen Bereichen des Bauwerks angebracht. Dies gelte umso mehr, wenn diese Bereiche später durch andere Bauteile überbaut oder abgedeckt würden – wie bei Fugendichtbändern und Gewebearmierungen (Urteil vom 27.11.2012, 27 U 25/09, bestätigt 2015 vom BGH, Az. VII ZR 49/13).
Diese Frage beschäftigte das Oberlandesgericht Brandenburg. Im verhandelten Fall war ein Architekt nur mit der Bauüberwachung bei den wichtigsten Punkten der Bauausführung beauftragt worden. Er bekam dafür ein geringes Stundenhonorar gezahlt. Als Baumängel auftraten, ging es um die Frage, ob er nun auch weniger hafte, weil er kaum etwas an der "Schmalspur-Überwachung" verdient habe.
Das Gericht entschied jedoch, dass die Haftung des Architekten unabhängig von der Höhe seines Honorars sei. Diese richte sich ausschließlich nach dem vereinbarten Leistungsumfang. Hier war es zu Fehlern bei der Erstellung einer Bitumenbeschichtung gegen ins Haus drückendes Grundwasser gekommen. Aus Sicht des Gerichts war die Ausführung dieser Arbeiten für das ganze Bauprojekt entscheidend. Sie stelle keine handwerkliche Selbstverständlichkeit dar, die nicht überwacht zu werden brauche. Daher musste der Architekt für diesen Baumangel haften (Urteil vom 22.12.2015, Az. 4 U 26/12).
Gemäß § 650t BGB gilt bei Baumängeln infolge eines Überwachungsfehlers: Ist absehbar, dass auch der Bauunternehmer für den Schaden haftet – was meist der Fall sein wird – muss der Bauherr diesem zunächst eine angemessene Frist zur Nachbesserung setzen. Wenn er stattdessen gleich den Architekten in Anspruch nimmt, darf dieser die Zahlung verweigern. Nur, wenn der Bauunternehmer nach Fristablauf den Baumangel nicht beseitigt hat, kann der Bauherr den Architekten auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Damit wird das ansonsten gültige Prinzip der gesamtschuldnerischen Haftung durchbrochen.
Seit der Reform von 2018 gibt es ein Sonderkündigungsrecht des Auftraggebers nach § 650r BGB. Sobald dieser die nach § 650p Abs. 2 BGB erstellten, vorläufigen Unterlagen (Skizze und grobe Kostenschätzung) erhalten hat, darf er den Architektenvertrag kündigen. Dieses Recht hat er für 14 Tage ab Erhalt der Unterlagen.
Wenn der Bauherr Verbraucher ist, also nicht in gewerblicher Eigenschaft tätig ist, beginnt die Frist nur zu laufen, wenn der Architekt ihn über das Kündigungsrecht informiert hat. Kommt es zu einer solchen Kündigung, darf der Architekt nur die bis dahin tatsächlich erfolgten Leistungen abrechnen.
Das Werkvertragsrecht wurde 2018 ebenfalls teilweise geändert. Auch für Architektenverträge gilt seitdem § 648a BGB, der eine außerordentliche Kündigung für Werkverträge ermöglicht. Beide Parteien dürfen den Werkvertrag aus einem wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn man dem Kündigenden auch nach Abwägung der gegenseitigen Interessen eine Fortsetzung des Vertrages bis zur Fertigstellung des Bauwerks absolut nicht mehr zumuten kann. Dies kann beispielsweise bei schweren Vertragsbrüchen des Vertragspartners der Fall sein.
Verfahren wegen Baumängeln sind häufig besonders langwierig und kompliziert. Immerhin hat die Reform des Bauvertragsrechts auch die Einrichtung besonderer Baukammern an den Landgerichten mit sich gebracht, die durch gesteigerte Fachkenntnis der Richter und größere Spezialisierung schneller arbeiten sollen. Haben Sie als Bauherr den Verdacht, dass es durch Überwachungsfehler des Architekten zu Baumängeln gekommen ist, sollten Sie sich von einem im Bauprozess erfahrenen Rechtsanwalt beraten lassen. Gerade in diesem Bereich ist eine Vielzahl von Gerichtsurteilen zu berücksichtigen.
Das Wichtigste in Kürze
1. Qualitätskontrolle: Der Architekt muss sicherstellen, dass die Bauausführung in Übereinstimmung mit den genehmigten Plänen, den technischen Vorschriften und den Qualitätsstandards erfolgt. Er hat die Arbeit der beauftragten Bauunternehmen und Handwerker kontinuierlich zu überprüfen.
2. Zeit- und Kostenmanagement: Der Architekt ist für die Einhaltung des vereinbarten Zeitplans und des Budgets verantwortlich. Eventuelle Abweichungen müssen frühzeitig erkannt und dem Bauherrn mitgeteilt werden.
3. Dokumentation und Kommunikation: Alle relevanten Vorgänge, Änderungen und Entscheidungen während der Bauphase müssen lückenlos dokumentiert werden. Der Architekt hat zudem die Pflicht, den Bauherrn regelmäßig über den Baufortschritt und etwaige Probleme zu informieren.
1. Qualitätskontrolle: Der Architekt muss sicherstellen, dass die Bauausführung in Übereinstimmung mit den genehmigten Plänen, den technischen Vorschriften und den Qualitätsstandards erfolgt. Er hat die Arbeit der beauftragten Bauunternehmen und Handwerker kontinuierlich zu überprüfen.
2. Zeit- und Kostenmanagement: Der Architekt ist für die Einhaltung des vereinbarten Zeitplans und des Budgets verantwortlich. Eventuelle Abweichungen müssen frühzeitig erkannt und dem Bauherrn mitgeteilt werden.
3. Dokumentation und Kommunikation: Alle relevanten Vorgänge, Änderungen und Entscheidungen während der Bauphase müssen lückenlos dokumentiert werden. Der Architekt hat zudem die Pflicht, den Bauherrn regelmäßig über den Baufortschritt und etwaige Probleme zu informieren.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was ist ein Architektenvertrag? Wie beschreibt das Gesetz aktuell den Architektenvertrag? Welchen Vertragsumfang hat ein Architektenvertrag in der Regel? Was, gilt, wenn noch gar kein genauer Vertragsinhalt feststeht? Bauüberwachung: Was muss ein Architekt überwachen? Was ist dem Architekten an Überwachung zumutbar? Baumängeln vorbeugen: Wann sind Stichproben erforderlich? Wie ist das Verhältnis von Überwachungspflicht und Honorar? Wie ist bei der Haftung das Verhältnis von Architekt und Bauunternehmer? Was muss man zur Kündigung des Architektenvertrages wissen? Praxistipp zum Architektenvertrag Einen Beitrag über die Reform des Bauvertragsrechts finden Sie hier:
Bauvertrag: Welche Rechte haben Bauherren?
Was ist ein Architektenvertrag?
So nennt man den Vertrag zwischen dem Bauherren und dem Architekten. Bis 2018 gab es in Deutschland zu diesem Vertragstyp keine speziellen gesetzlichen Regelungen. Man behandelte den Vertrag mit dem Architekten als herkömmlichen Werkvertrag. Dies ist ein im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelter Vertragstyp, bei dem der Auftragnehmer für eine festgelegte Bezahlung einen bestimmten Erfolg herbeiführen soll. Bei mangelhafter Leistung kann der Auftraggeber Mängelhaftungsansprüche einfordern.
Wie beschreibt das Gesetz aktuell den Architektenvertrag?
Nach § 650p des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verpflichtet ein Architekten- oder (Bau-) Ingenieurvertrag den jeweiligen Unternehmer, "die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen."
Das bedeutet: Der Bauherr bestimmt den Auftragsumfang. Es bleibt den Vertragspartnern überlassen, ob der Architekt nur Planungsaufgaben wahrnimmt oder auch die Bauüberwachung durchführt. Wichtig ist es, den Architektenvertrag schriftlich abzuschließen. Nur so kann man im Streitfall beweisen, welche Aufgaben der Architekt wahrnehmen sollte.
Welchen Vertragsumfang hat ein Architektenvertrag in der Regel?
Es gibt keinen Standardinhalt für den Architektenvertrag. Dies liegt daran, dass der Vertragsinhalt frei verhandelbar ist. Gesetzliche Vorgaben gibt es dazu nicht.
Üblich ist, dass der Architekt den Vor- und den Hauptentwurf für das Bauwerk erstellt, dazu die Unterlagen und Zeichnungen für den Antrag auf die Baugenehmigung. Auch kalkuliert er das erforderliche Baumaterial und die Kosten.
Häufig übernimmt der Architekt auch die Bauleitung und die Bauüberwachung, bereitet die Bauabnahme vor und wirkt dabei mit. Die Leistungen des Architekten werden nach der HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) vergütet. Diese legt die Honorare für bestimmte Leistungsphasen fest. Beispiel: Im Leistungsbild "Gebäude und Innenräume" gibt es eine Leistungsphase 8 "Objektüberwachung – Bauüberwachung und Dokumentation". Auf diese entfallen 32 Prozent des Gesamthonorars.
Was, gilt, wenn noch gar kein genauer Vertragsinhalt feststeht?
Diesen Fall regelt § 650p Abs. 2 BGB: Wenn wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sind, ist der Architekt dazu verpflichtet, dem Bauherrn zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen. Dies schließt eine Kosteneinschätzung für das Bauvorhaben ein. Ohne Zustimmung des Bauherrn zu diesen Unterlagen geht es dann nicht weiter.
Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass hier keine exakten Baupläne und keine genauen Kosten für das Projekt gemeint sind, sondern lediglich eine erste Skizze oder eine Beschreibung des zu planenden Vorhabens und eine grobe Kostenschätzung. Für den Bauherrn hat diese Regelung den Vorteil, dass er zuerst einmal abschätzen kann, ob er dieses Bauvorhaben mit diesem Architekten durchführen will, bevor er mit ihm überhaupt einen Architektenvertrag abschließt.
Bauüberwachung: Was muss ein Architekt überwachen?
Läuft bei der Ausführung der Bauarbeiten etwas schief, kommt es häufig zum Streit darüber, ob der Architekt seine Überwachungspflichten vernachlässigt hat. Das Problem: Es geht meist aus dem Architektenvertrag nicht hervor, worin diese im Einzelnen bestehen. Auch im Gesetz sind sie nicht geregelt.
Kein Gericht wird von einem Architekten erwarten, dass dieser sich 24 Stunden am Tag auf der Baustelle aufhält und allen Handwerkern permanent über die Schulter schaut. Der Architekt darf sich gerade bei weniger anspruchsvollen Tätigkeiten grundsätzlich darauf verlassen, dass das Bauunternehmen diese ohne ständige Kontrolle selbst fachgerecht durchführen kann.
Steht jedoch plötzlich das halbfertige Haus wegen falsch installierter Leitungen unter Wasser oder sind die Fenster schief eingesetzt, geht es sehr schnell um die Frage nach dem erforderlichen Umfang der Bauüberwachung.
Was ist dem Architekten an Überwachung zumutbar?
Ziel einer Bauüberwachung ist, dass der Bau genau entsprechend der Pläne und ohne Mängel errichtet wird. Das Oberlandesgericht Naumburg hat es einmal so formuliert: "Der Architekt schuldet alle Tätigkeiten, die zur Gewährleistung der mangelfreien Bewirkung der zu überwachenden Bauleistungen erforderlich und ihm zumutbar sind und insoweit die mangelfreie Leistungsausführung als Erfolg" (Urteil vom 29.5.2006, Az. 1 U 27/06). Vom Architekten wird also bei der Bauüberwachung erwartet, dass er besonders den Bereichen besondere Aufmerksamkeit und Sorgfalt widmet, bei denen erfahrungsgemäß besonders häufig Baumängel auftreten. Besonders gefahrenträchtige Teile des Bauwerks oder der Arbeiten hat der Architekt mit dem ausführenden Bauunternehmer in allen Einzelheiten zu besprechen.
Baumängeln vorbeugen: Wann sind Stichproben erforderlich?
Aus einem Urteil des Kammergerichts Berlin ergibt sich, dass ein Architekt nicht zwingend für jeden Mangel des Bauwerks haftet – auch wenn er für die Bauüberwachung zuständig ist. Aber: Zur Bauüberwachung gehöre es durchaus, das Baugeschehen aktiv zu leiten und das Bauunternehmen stichprobenartig zu überwachen.
Um Fehlern bei der Bauausführung vorzubeugen, müsse der Architekt den ausführenden Unternehmen klare Anweisungen geben und auch auf deren Umsetzung achten. Zuvor müsse er die Baupläne prüfen. Dies gelte auch dann, wenn diese von einem anderen Architekten erstellt worden seien. Besondere Sorgfalt sei bei mangelanfälligen Bereichen des Bauwerks angebracht. Dies gelte umso mehr, wenn diese Bereiche später durch andere Bauteile überbaut oder abgedeckt würden – wie bei Fugendichtbändern und Gewebearmierungen (Urteil vom 27.11.2012, 27 U 25/09, bestätigt 2015 vom BGH, Az. VII ZR 49/13).
Wie ist das Verhältnis von Überwachungspflicht und Honorar?
Diese Frage beschäftigte das Oberlandesgericht Brandenburg. Im verhandelten Fall war ein Architekt nur mit der Bauüberwachung bei den wichtigsten Punkten der Bauausführung beauftragt worden. Er bekam dafür ein geringes Stundenhonorar gezahlt. Als Baumängel auftraten, ging es um die Frage, ob er nun auch weniger hafte, weil er kaum etwas an der "Schmalspur-Überwachung" verdient habe.
Das Gericht entschied jedoch, dass die Haftung des Architekten unabhängig von der Höhe seines Honorars sei. Diese richte sich ausschließlich nach dem vereinbarten Leistungsumfang. Hier war es zu Fehlern bei der Erstellung einer Bitumenbeschichtung gegen ins Haus drückendes Grundwasser gekommen. Aus Sicht des Gerichts war die Ausführung dieser Arbeiten für das ganze Bauprojekt entscheidend. Sie stelle keine handwerkliche Selbstverständlichkeit dar, die nicht überwacht zu werden brauche. Daher musste der Architekt für diesen Baumangel haften (Urteil vom 22.12.2015, Az. 4 U 26/12).
Wie ist bei der Haftung das Verhältnis von Architekt und Bauunternehmer?
Gemäß § 650t BGB gilt bei Baumängeln infolge eines Überwachungsfehlers: Ist absehbar, dass auch der Bauunternehmer für den Schaden haftet – was meist der Fall sein wird – muss der Bauherr diesem zunächst eine angemessene Frist zur Nachbesserung setzen. Wenn er stattdessen gleich den Architekten in Anspruch nimmt, darf dieser die Zahlung verweigern. Nur, wenn der Bauunternehmer nach Fristablauf den Baumangel nicht beseitigt hat, kann der Bauherr den Architekten auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Damit wird das ansonsten gültige Prinzip der gesamtschuldnerischen Haftung durchbrochen.
Was muss man zur Kündigung des Architektenvertrages wissen?
Seit der Reform von 2018 gibt es ein Sonderkündigungsrecht des Auftraggebers nach § 650r BGB. Sobald dieser die nach § 650p Abs. 2 BGB erstellten, vorläufigen Unterlagen (Skizze und grobe Kostenschätzung) erhalten hat, darf er den Architektenvertrag kündigen. Dieses Recht hat er für 14 Tage ab Erhalt der Unterlagen.
Wenn der Bauherr Verbraucher ist, also nicht in gewerblicher Eigenschaft tätig ist, beginnt die Frist nur zu laufen, wenn der Architekt ihn über das Kündigungsrecht informiert hat. Kommt es zu einer solchen Kündigung, darf der Architekt nur die bis dahin tatsächlich erfolgten Leistungen abrechnen.
Das Werkvertragsrecht wurde 2018 ebenfalls teilweise geändert. Auch für Architektenverträge gilt seitdem § 648a BGB, der eine außerordentliche Kündigung für Werkverträge ermöglicht. Beide Parteien dürfen den Werkvertrag aus einem wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn man dem Kündigenden auch nach Abwägung der gegenseitigen Interessen eine Fortsetzung des Vertrages bis zur Fertigstellung des Bauwerks absolut nicht mehr zumuten kann. Dies kann beispielsweise bei schweren Vertragsbrüchen des Vertragspartners der Fall sein.
Praxistipp zum Architektenvertrag
Verfahren wegen Baumängeln sind häufig besonders langwierig und kompliziert. Immerhin hat die Reform des Bauvertragsrechts auch die Einrichtung besonderer Baukammern an den Landgerichten mit sich gebracht, die durch gesteigerte Fachkenntnis der Richter und größere Spezialisierung schneller arbeiten sollen. Haben Sie als Bauherr den Verdacht, dass es durch Überwachungsfehler des Architekten zu Baumängeln gekommen ist, sollten Sie sich von einem im Bauprozess erfahrenen Rechtsanwalt beraten lassen. Gerade in diesem Bereich ist eine Vielzahl von Gerichtsurteilen zu berücksichtigen.
(Ma)