Bdb. OLG, Beschl. 7.11.2019 - 9 UF 93/19
Gesamtschuldnerausgleich nach Trennung
Autor: DirAG Andreas Frank, Cuxhaven
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 08/2020
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 08/2020
Nutzt ein Ehegatte nach der Trennung den durch ein gemeinsam aufgenommenes Darlehen finanzierten Pkw allein, muss er für die Darlehensraten im Innenverhältnis der Eheleute allein aufkommen. Bei Einrichtung eines gemeinsamen Oder-Kontos verzichten die Ehegatten in der Regel konkludent wechselseitig auf Ausgleichsansprüche für Kontoverfügungen, die einer von ihnen während intakter Ehe über das hälftige Guthaben hinaus vornimmt. Für von diesem Verzicht nicht erfasste missbräuchliche Verfügungen ist derjenige darlegungs- und beweisbelastet, der ausnahmsweise einen Ausgleich verlangt.
BGB § 426 Abs. 1 S. 1, § 430
Nach der Trennung im Dezember 2015 behält M den Pkw und gibt ihn später bei der Anschaffung eines neuen Fahrzeugs in Zahlung. Er zahlt, wie schon zuvor, den Kredit allein mit monatlich ca. 650 € ab und verlangt von F rückwirkend ab Februar 2016 die hälftige Beteiligung an den Darlehensraten. F wendet ein, M habe den Pkw für sich behalten und müsse deshalb auch den entsprechenden Teil des Darlehens allein tragen. Wegen des Restbetrags sei durch die Überweisungen auf die Alleinkonten der Ehegatten eine Auseinandersetzung des Kontoguthabens erfolgt, die als andere Bestimmung auch für die Haftung aus dem gemeinsamen Kredit maßgeblich sei. Das AG zieht den bei der Inzahlunggabe des Pkw erzielten Erlös von 10.000 € von der Darlehensschuld ab und nimmt im Übrigen eine hälftige Haftung der Ehegatten an. Dagegen wendet sich M mit seiner Beschwerde.
Ein Teilbetrag des Kredits von 18.000 € habe der Finanzierung des Pkw und damit eines Gegenstands gedient, der nach der Trennung allein M zugutegekommen sei. In dieser tatsächlichen Handhabung liege eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, so dass M für diesen Teil des Kredits im Innenverhältnis allein hafte.
Wegen der restlichen 20.000 € gebe es dagegen keine solche anderweitige Bestimmung, so dass es beim Regelfall der Haftung zu gleichen Teilen gem. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB bleibe. Eine anderweitige Bestimmung liege insbesondere nicht in der Überweisung von 15.000 € auf das Konto des M. Die Überweisung sei von einem Oder-Konto der Eheleute erfolgt. Die Einrichtung eines solchen Kontos während intakter Ehe erfolge regelmäßig in der Absicht, beiden Eheleuten Abhebungen in beliebiger Höhe zu ermöglichen, ohne dass dafür später ein Ausgleich erfolgen solle. Auf entsprechende Ausgleichsansprüche verzichteten die Eheleute bei der Einrichtung eines Oder-Kontos mithin in der Regel, so dass kein Ehegatte vom anderen den Ausgleich für Kontoverfügungen verlangen könne, die dieser während des Zusammenlebens über das hälftige Guthaben hinaus vorgenommen habe. Ausgenommen von diesem Verzicht seien lediglich missbräuchliche Kontoverfügungen, für die die darlegungs- und beweisbelastete F aber keine Anhaltspunkte vorgetragen habe. Vielmehr sei schon der von M ausgeglichene Dispositionskredit wohl dadurch entstanden, dass die Eheleute über ihre Verhältnisse gelebt hätten.
BGB § 426 Abs. 1 S. 1, § 430
Das Problem
Im Mai 2015 nehmen die damaligen Eheleute M und F 2015 einen gemeinsamen Kredit über 38.000 € auf. Von der Kreditsumme verwenden sie knapp 18.000 € zur Ablösung eines weiteren gemeinsamen Darlehens, mit dem sie zuvor die Anschaffung des Familienfahrzeugs finanziert hatten. Den Restbetrag überweisen sie zunächst auf ein gemeinsames Konto. Von dort aus werden noch während des Zusammenlebens ca. 15.000 € auf ein Konto des M überwiesen, wovon er 11.500 € zum Ausgleich seines Dispositionskredits und den Rest für gemeinsame Zwecke verwendet. Auf das Konto der F werden in dieser Zeit ca. 5.000 € überwiesen. Durch wen die Überweisungen erfolgten, ist streitig.Nach der Trennung im Dezember 2015 behält M den Pkw und gibt ihn später bei der Anschaffung eines neuen Fahrzeugs in Zahlung. Er zahlt, wie schon zuvor, den Kredit allein mit monatlich ca. 650 € ab und verlangt von F rückwirkend ab Februar 2016 die hälftige Beteiligung an den Darlehensraten. F wendet ein, M habe den Pkw für sich behalten und müsse deshalb auch den entsprechenden Teil des Darlehens allein tragen. Wegen des Restbetrags sei durch die Überweisungen auf die Alleinkonten der Ehegatten eine Auseinandersetzung des Kontoguthabens erfolgt, die als andere Bestimmung auch für die Haftung aus dem gemeinsamen Kredit maßgeblich sei. Das AG zieht den bei der Inzahlunggabe des Pkw erzielten Erlös von 10.000 € von der Darlehensschuld ab und nimmt im Übrigen eine hälftige Haftung der Ehegatten an. Dagegen wendet sich M mit seiner Beschwerde.
Die Entscheidung des Gerichts
Die Beschwerde hat teilweise Erfolg. Mit zutreffender Begründung meint das OLG, F hafte im Innenverhältnis hälftig für einen Teilbetrag des gemeinsamen Kredits von 20.000 €.Ein Teilbetrag des Kredits von 18.000 € habe der Finanzierung des Pkw und damit eines Gegenstands gedient, der nach der Trennung allein M zugutegekommen sei. In dieser tatsächlichen Handhabung liege eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, so dass M für diesen Teil des Kredits im Innenverhältnis allein hafte.
Wegen der restlichen 20.000 € gebe es dagegen keine solche anderweitige Bestimmung, so dass es beim Regelfall der Haftung zu gleichen Teilen gem. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB bleibe. Eine anderweitige Bestimmung liege insbesondere nicht in der Überweisung von 15.000 € auf das Konto des M. Die Überweisung sei von einem Oder-Konto der Eheleute erfolgt. Die Einrichtung eines solchen Kontos während intakter Ehe erfolge regelmäßig in der Absicht, beiden Eheleuten Abhebungen in beliebiger Höhe zu ermöglichen, ohne dass dafür später ein Ausgleich erfolgen solle. Auf entsprechende Ausgleichsansprüche verzichteten die Eheleute bei der Einrichtung eines Oder-Kontos mithin in der Regel, so dass kein Ehegatte vom anderen den Ausgleich für Kontoverfügungen verlangen könne, die dieser während des Zusammenlebens über das hälftige Guthaben hinaus vorgenommen habe. Ausgenommen von diesem Verzicht seien lediglich missbräuchliche Kontoverfügungen, für die die darlegungs- und beweisbelastete F aber keine Anhaltspunkte vorgetragen habe. Vielmehr sei schon der von M ausgeglichene Dispositionskredit wohl dadurch entstanden, dass die Eheleute über ihre Verhältnisse gelebt hätten.