Was tun, wenn die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht zahlt?
24.01.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Berufsunfähigkeit: Die Versicherung zahlt, wenn der Versicherte seinen zuletzt ausgeübten Beruf aufgrund von Krankheit, Unfall oder Behinderung dauerhaft oder voraussichtlich für mindestens sechs Monate nicht mehr ausüben kann.
2. Vertragsbedingungen: Die im Vertrag vereinbarte Berufsunfähigkeitsquote (oft 50 %) muss erreicht oder überschritten sein, und alle geforderten Nachweise (z. B. ärztliche Gutachten, Atteste) müssen vorgelegt werden.
3. Ausschlussklauseln: Die Berufsunfähigkeit darf nicht auf Risiken beruhen, die im Vertrag ausgeschlossen wurden (z. B. bestimmte Vorerkrankungen oder gefährliche Hobbys).
1. Berufsunfähigkeit: Die Versicherung zahlt, wenn der Versicherte seinen zuletzt ausgeübten Beruf aufgrund von Krankheit, Unfall oder Behinderung dauerhaft oder voraussichtlich für mindestens sechs Monate nicht mehr ausüben kann.
2. Vertragsbedingungen: Die im Vertrag vereinbarte Berufsunfähigkeitsquote (oft 50 %) muss erreicht oder überschritten sein, und alle geforderten Nachweise (z. B. ärztliche Gutachten, Atteste) müssen vorgelegt werden.
3. Ausschlussklauseln: Die Berufsunfähigkeit darf nicht auf Risiken beruhen, die im Vertrag ausgeschlossen wurden (z. B. bestimmte Vorerkrankungen oder gefährliche Hobbys).
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was ist der Unterschied zwischen Berufsunfähigkeit und Erwerbsminderung? Wann liegt eine Berufsunfähigkeit vor? Wie muss eine Berufsunfähigkeit nachgeweisen werden? Wie hoch ist die Zahlung der Berufsunfähigkeitsversicherung? Wann verweigern Versicherer die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente? Was tun, wenn mein Versicherer eine Berufsunfähigkeitsrente verweigert? Mindert ein Hinzuverdienst die Berufsunfähigkeitsrente? Keine Berufsunfähigkeitsrente bei einer vergleichbaren neuen Tätigkeit? Praxistipp zur Berufsunfähigkeitsrente Was ist der Unterschied zwischen Berufsunfähigkeit und Erwerbsminderung?
Der Begriff "Erwerbsminderung" bei der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht sich auf die Arbeitsfähigkeit selbst, unabhängig vom Beruf. Bei der "Berufsunfähigkeit" der privaten Versicherungen dagegen geht es um den ausgeübten Beruf. Hier wird die Versicherungsleistung also fällig, wenn dieser nicht mehr ausgeübt werden kann. Kann zum Beispiel ein Dachdecker nach einem Sturz immer noch im Callcenter arbeiten, leistet die private Berufsunfähigkeitsversicherung trotzdem. Er würde jedoch keine staatliche Erwerbsminderungsrente bekommen.
Mehr zur gesetzlichen Erwerbsminderungsrente lesen Sie hier.
Wann liegt eine Berufsunfähigkeit vor?
Wenn der Versicherte seinen zuletzt ausgeübten Beruf aufgrund von Krankheit, Unfall oder Behinderung auf Dauer nicht mehr ausüben kann, zahlt die private Berufsunfähigkeitsversicherung. Der Grund spielt dabei keine Rolle. Der Versicherte darf jedoch seine Berufsunfähigkeit nicht absichtlich selbst verursacht haben. Bestimmte Risiken, die dem privaten Bereich des Versicherten zuzuordnen sind, z.B. Risikosportarten, werden in den Versicherungspolicen häufig ausgeschlossen.
Von einer Berufsunfähigkeit wird meist ausgegangen, wenn der Versicherte mindestens 50 Prozent seiner Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann. Dies muss aus der jeweiligen Police hervorgehen.
Wie muss eine Berufsunfähigkeit nachgeweisen werden?
Versicherte müssen ihre Berufsunfähigkeit durch ärztliche Gutachten oder Atteste nachweisen. Der Versicherer prüft, ob die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit gemäß den Vertragsbedingungen erfüllt sind.
Wie hoch ist die Zahlung der Berufsunfähigkeitsversicherung?
Erkennt die Versicherung die Berufsunfähigkeit an, zahlt sie den in der Versicherungspolice vereinbarten Betrag als monatliche Rente aus. Dabei spielt das vorherige Einkommen keine Rolle.
Wann verweigern Versicherer die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente?
Versicherer verweigern die Zahlung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung aus verschiedenen Gründen, z.B.
1. Wenn der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Vertrags wichtige Gesundheitsfragen unvollständig oder falsch beantwortet hat.
2. Der Versicherer argumentiert, dass die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit gemäß den Versicherungsbedingungen nicht erfüllt sind (z. B. keine dauerhafte Beeinträchtigung von mindestens 50 % der beruflichen Leistungsfähigkeit).
3. Der Versicherer behauptet, der Versicherte könne in einem anderen Tätigkeitsbereich seines Berufs weiterarbeiten, auch wenn er in der bisherigen Funktion nicht mehr tätig sein kann.
4. Der Versicherer verlangt weitere ärztliche Gutachten oder medizinische Dokumentationen und lehnt die Zahlung ab, wenn diese aus seiner Sicht unzureichend sind.
5. Der Versicherer begründet die Ablehnung damit, dass die Berufsunfähigkeit auf einer Erkrankung basiert, die bereits vor Vertragsbeginn bestanden habe, und beruft sich ggf. auf Leistungsausschlüsse.
6. Wenn der Versicherte notwendige Informationen oder Unterlagen nicht einreicht, kann der Versicherer die Leistung verweigern.
7. Bei bestimmten Verträgen kann der Versicherer argumentieren, dass die Erwerbsmöglichkeiten in anderen Tätigkeitsfeldern ausreichend sind (sogenannte Verweisungsklauseln).
Was tun, wenn mein Versicherer eine Berufsunfähigkeitsrente verweigert?
Wenn die Versicherung das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ablehnt, gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich zu wehren:
1. Fordern Sie die Begründung der Ablehnung schriftlich an. Überprüfen Sie diese sorgfältig, bei Bedarf mit Unterstützung eines spezialisierten Anwalts.
2. Falls die Ablehnung auf einem Gutachten basiert, können Sie dieses durch einen unabhängigen Arzt überprüfen lassen. Ein Zweitgutachten kann helfen, die Berufsunfähigkeit zu belegen.
3. Legen Sie innerhalb der Frist Widerspruch gegen die Entscheidung der Versicherung ein. Argumentieren Sie mit den Ergebnissen Ihrer eigenen Nachweise und Gutachten.
4. Verweigert die Versicherung die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente dann immer noch, ist die Beratung durch einen spezialisierten Anwalt ratsam. Dieser kann die Erfolgsaussichten einer Klage prüfen und Sie erforderlichenfalls vor Gericht vertreten.
Mindert ein Hinzuverdienst die Berufsunfähigkeitsrente?
Versicherte, die eine Berufunfähigkeitsrente erhalten, dürfen etwas hinzuverdienen. Sie können nicht nur einer anderen Tätigkeit als vorher nachgehen (Beispiel: Bürojob statt körperlicher Tätigkeit), sie dürfen sogar ein paar Stunden in der Woche in ihrem alten Beruf tätig sein. Dies sollte aber mit der Versicherung abgeklärt werden.
Grundsätzlich wird ein Hinzuverdienst erst problematisch, wenn man mehr als 80 Prozent seines ursprünglichen Gehalts verdient. Erst dann wird die Versicherung prüfen, ob man wirklich berufsunfähig ist, oder ob der neue Beruf den alten ersetzt und man seinen Versicherungsanspruch verliert.
Trotz allem handelt es sich hier um einen individuellen Vertrag mit einem privaten Unternehmen. Daher ist es wichtig, die eigene Police auf konkrete Einschränkungen hin zu überprüfen: Wie hoch ist die Zuverdienstgrenze? Wie ist die Berufsunfähigkeit genau definiert? Wie lange wird die Rente gezahlt?
Keine Berufsunfähigkeitsrente bei einer vergleichbaren neuen Tätigkeit?
Unter Umständen zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht, wenn der Versicherte eine neue Tätigkeit aufnimmt, die mit dem bisherigen Beruf vergleichbar ist. Diese Regelung findet man oft in Versicherungsverträgen. Dabei wird zum Teil mit Begriffen wie einer "vergleichbaren Lebensstellung" argumentiert.
Beispiel: Ein selbstständiger Gas- und Wasserinstallateur-Meister konnte infolge von Depressionen seinen Beruf und seine Selbstständigkeit nicht mehr ausüben. Seine Versicherung erkannte seine Berufsunfähigkeit an. Nach einer Umschulung arbeitete er als medizinisch-technischer Laborassistent (MTLA) in einer Universitätsklinik. Daraufhin stellte die Berufsunfähigkeitsversicherung ihre Zahlungen ein. Die neue Tätigkeit entspreche seiner bisherigen Lebensstellung und sei mit der vorherigen Tätigkeit vergleichbar. Daher müsse sie keine Leistungen mehr erbringen.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied, dass eine neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspreche, wenn sie keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordere und auch in ihrer Vergütung und Wertschätzung nicht spürbar unter dem Niveau des bisherigen Berufes liege. Grundsätzlich verhindere allein der Verlust der Selbstständigkeit die Vergleichbarkeit nicht. Aber: Hinsichtlich Qualifikation und Wertschätzung habe der Beruf des selbstständigen Handwerksmeisters deutlich über dem des Laborassistenten gelegen. Das höhere Einkommen und die größere Freizeit als MTLA änderten daran nichts. Daher seien beide Tätigkeiten nicht vergleichbar. Die Versicherung musste weiter die Berufsunfähigkeitsrente zahlen (Beschluss vom 6.12.2012, Az. 12 U 93/12).
Praxistipp zur Berufsunfähigkeitsrente
Versicherer verweigern Zahlungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung aus verschiedenen Gründen. Oft wird bestritten, dass die Voraussetzungen, insbesondere die geforderte Berufsunfähigkeitsquote von oft mehr als 50 Prozent, vorliegen. Kommt es zum Streit mit der der Versicherung, weil diese nicht zahlt, ist ein Fachanwalt für Versicherungsrecht der beste Ansprechpartner.
(Bu)