Beschlagnahme eines Facebook- Accounts

Autor: RA Dr. Niclas Kunczik, Zürich
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 05/2012
Bei hinreichendem Tatverdacht kann der Facebook-Account eines Beschuldigten in analoger Anwendung von § 99 StPO beschlagnahmt werden.

AG Reutlingen, Beschl. v. 31.10.2011 - 5 Ds 43 Js 18155/10 jug

StPO § 99

Das Problem:

Der Angeklagte in einem Jugendstrafverfahren wurde hinreichend verdächtigt, Beihilfe zu einem Einbruchsdiebstahl geleistet zu haben. Die Staatsanwaltschaft vermutete, dass der Angeklagte mit dem Haupttäter mittels der Chat- bzw. Messenger-Funktion über seinen Facebook-Account beweiserhebliche Informationen ausgetauscht hatte.

Die Entscheidung:

Der Amtsrichter erließ einen entsprechenden Beschlagnahmebeschluss.

Rechtsgrundlage: Die Maßnahme sei in entsprechender Anwendung von § 99 StPO anzuordnen. Insb. sei § 101a StPO nicht anwendbar, da die beschlagnahmten Messages und Chat-Unterhaltungen nicht mehr Gegenstand einer aktuell andauernden Kommunikation seien, wenn sie sich bereits im Gewahrsam des Providers befänden.

Keine einmalige Durchsuchung eines Postfachs: Da es sich nicht um eine einmalige Durchsuchung des Mail-Postfachs handle, seien die Vorgaben der Entscheidung des BVerfG zur Beschlagnahme von E-Mails auf dem Server des Providers (BVerfG v. 16.6.2009 – 2 BvR 902/06, NJW 2009, 2431) vorliegend nicht maßgeblich.

Keine Anhörung: Von einer vorherige Anhörung des Beschuldigten werde gem. § 33 Abs. 4 StPO abgesehen.


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