Betriebskostenabrechnung: Formelle Wirksamkeit auch bei Umlage bereinigter Gesamtbeträge

Autor: RAin FAinMuWR Dr. Catharina Kunze, AKD Dittert, Südhoff & Partner, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 03/2016
Für die formelle Wirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung genügt es für die Angabe der „Gesamtkosten”, wenn der Vermieter bei der jeweiligen Kostenart den Gesamtbetrag angibt, den er auf die Mieter umlegt, auch wenn er diesen Betrag vorab bereinigt hat.

BGH, Urt. v. 20.1.2016 - VIII ZR 93/15

Vorinstanz: LG Bochum - I-9 S 181/14

BGB § 556 Abs. 3 S. 1, S. 2

Das Problem

Die Klägerin ist Vermieterin einer aus mehreren Gebäuden bestehenden Wohnanlage. In einem dieser Gebäude haben die Beklagten eine Wohnung gemietet. Die Nebenkosten rechnet die Vermieterin jeweils nach den einzelnen Gebäuden ab, mit Ausnahme der Positionen Wasser, Abwasser und Müllabfuhr, mit denen alle Gebäude zentral versorgt werden. Hinsichtlich dieser Positionen rechnet die Klägerin so ab, dass sie von den Gesamtkosten der Wohnanlage ausgeht und diese dann nach dem Verhältnis der Wohnflächen auf die einzelnen Gebäude verteilt. Dieser Rechenschritt ist aus den Abrechnungen nicht erkennbar, sondern dort erscheint nur der für das jeweilige Gebäude errechnete „Gesamtbetrag”, der dann auf die Mieter des jeweiligen Gebäudes verteilt wird. Demzufolge entsprechen die jeweils ausgewiesenen „Gesamtkosten” nicht den Beträgen, die aus den Gebührenbescheiden der Gemeinde und den Rechnungen der Stadtwerke ersichtlich sind. Die Klägerin macht eine Nachzahlung für 2011 von 898,13 € nebst Zinsen geltend; die Positionen Wasser, Abwasser und Müllabfuhr belaufen sich in der Abrechnung auf insgesamt 1.257,10 €. Die nötigen Angaben der tatsächlichen Gesamtkosten und die Erläuterung der Vorverteilung hat die Klägerin erst 2013 bzw. 2014 nachgeholt. Das AG wies die Klage wegen formeller Unwirksamkeit der Abrechnung ab, das LG wies die Berufung zurück.

Die Entscheidung des Gerichts

Die zugelassene Revision hatte Erfolg. Der VIII. Senat führt aus, er halte an seiner bisherigen Rechtsprechung (Hinweis auf BGH, Urt. v. 14.2.2007 – VIII ZR 1/06, MietRB 2007, 109 = MDR 2007, 706 f.) nicht fest, wonach die Angabe lediglich „bereinigter” Gesamtkosten zur formellen Unwirksamkeit der Abrechnung führte. Er entscheide nunmehr, dass es zur Erfüllung der Mindestanforderungen einer Nebenkostenabrechnung, durch die die Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB gewahrt wird, genügt, wenn als „Gesamtkosten” bei der jeweiligen Kostenart die Summe der Kosten angegeben ist, die der Vermieter auf die Wohnungsmieter der gewählten Abrechnungseinheit umlegt. Die notwendigen Mindestabgaben in einer Abrechnung seien nach ständiger Rechtsprechung des Senats (folgen Hinweise auf Urteile seit 2007, zuletzt BGH, Urt. v. 6.5.2015 – VIII ZR 194/14, juris) die Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und soweit erforderlich Erläuterung der Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des jeweiligen Mieters und der Abzug von dessen Vorauszahlungen (BGH v. 23.11.1981 – VIII ZR 298/80, MDR 1982, 483, vorliegend nicht zitiert). In einigen Sonderfällen habe der Senat verlangt, auch über die Gesamtkosten hinausgehende Kosten anzugeben, sowie den Rechenschritt zu erläutern, mit denen diese Gesamtkosten ermittelt worden sind. Hierbei habe es sich um zwei Fallgruppen gehandelt (wird ausgeführt). Die Rechtsprechung zu diesen Sonderfällen füge sich aber nicht mehr in die vom Senat inzwischen weiterentwickelten rechtlichen Maßstäbe zur Bestimmung der Mindestanforderungen einer formell ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung ein. Vielmehr dürften in formeller Hinsicht keine zu hohen Anforderungen gestellt werden; aus diesen Grundgedanken habe der Senat in mehreren Entscheidungen Einschränkungen der Mindestanforderungen abgeleitet. Hierzu verweist der Senat auf etliche seiner Entscheidungen, in denen früher für formelle Fehler gehaltene Umstände nunmehr als (lediglich) materielle Fehler beurteilt worden sind. Ohnehin könne der Mieter aus der Abrechnung regelmäßig nicht alle Rechenschritte ablesen, die zu ihrer Erstellung notwendig waren. Bei der Frage, welche Mindestanforderungen zu stellen seien, gehe es entscheidend darum, die berechtigten Interessen von Mieter und Vermieter zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen; auch der Mieter habe ein Interesse daran, dass die Abrechnung möglichst übersichtlich sei, und könne Einzelheiten durch Einsicht in die Abrechnungsunterlagen und Belege in Erfahrung bringen. Typischerweise gehe es dem Mieter vor allem darum, dass die entstandenen Kosten übersichtlich zusammengestellt seien, und dass er erfahre, mit welchem Umlageschlüssel der auf ihn entfallende Kostenanteil ermittelt worden sei und welche Beträge im Abrechnungsjahr auf ihn entfielen. Damit könne er prüfen, ob er Anlass sehe, die Richtigkeit der angesetzten Kosten durch Belegeinsicht zu überprüfen. Ob der Vermieter den „Gesamtbetrag”, den er umlegt, richtig ermittelt habe, sei ausschließlich Frage der materiellen Richtigkeit, die der Mieter ohnehin nur durch Belegeinsicht prüfen könne.


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