Bewährungsstrafe: Welche Bewährungsauflagen sind möglich?
01.03.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Zur Bewährung wird eine Strafe ausgesetzt, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass allein die Verurteilung dem Straftäter als Warnung ausreichen wird, um künftig nicht mehr straffällig zu werden. Dazu erstellt das Gericht eine Prognose über den Straftäter, bei der es unter anderem dessen Persönlichkeit, sein Vorleben und seine Lebensverhältnisse berücksichtigt. Fällt diese positiv aus, verurteilt es den Täter zwar trotzdem zu einer Freiheitsstrafe. Diese wird jedoch unter bestimmten Auflagen nicht vollstreckt. Der Zeitraum, in dem sich der Täter an diese Auflagen halten muss, wird Bewährung, Bewährungszeit oder Bewährungsfrist genannt. Wenn der Betreffende während dieser Zeit die Vorgaben des Gerichts einhält und sich keine weiteren Straftaten zuschulden kommen lässt, braucht er die Freiheitsstrafe nicht zu verbüßen.
Wann eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird, erläutern wir hier genauer:
Strafrecht: Wann verhängt das Gericht eine Bewährungsstrafe?
Der Sinn von Bewährungsauflagen ist ein gewisser Genugtuungseffekt, damit das begangene Unrecht nicht folgenlos bleibt. Die Auflagen müssen dabei im Rahmen des Zumutbaren bleiben. Unter Umständen kann der Verurteilte Auflagen vermeiden, indem er von sich aus eine Genugtuung für das begangene Unrecht anbietet. Zum Beispiel kann er vorschlagen, den von ihm angerichteten Schaden zu bezahlen, ohne dass der Geschädigte ihn zuerst vor einem Zivilgericht verklagen muss. Das Strafgericht muss in einem solchen Fall beurteilen, inwieweit es das Angebot ernst nimmt. Von Auflagen sieht das Gericht in einem solchen Fall immer nur “vorläufig” ab.
Mögliche Auflagen sind:
- Wiedergutmachung des verursachten Schadens,
- Bezahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung (wenn dies im Hinblick auf Tat und Persönlichkeit des Täters angebracht erscheint),
- andere gemeinnützige Leistungen oder Arbeiten,
- Bezahlung eines Geldbetrages an die Staatskasse.
Allerdings sollen die letzten drei Punkte nur angeordnet werden, wenn sie die Wiedergutmachung des Schadens nicht blockieren.
Weisungen für die Bewährungszeit erteilt das Gericht dem Täter, wenn dieser nach Ansicht des Gerichts Hilfe braucht, um nicht erneut straffällig zu werden.
Beispiele für solche Weisungen sind:
- Sich an bestimmten Orten aufzuhalten oder sich von diesen fernzuhalten, eine Ausbildung zu absolvieren oder eine bestimmte Berufstätigkeit auszuüben, bestimmte Freizeitbeschäftigungen zu unterlassen oder die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse in Ordnung zu bringen, etwa durch eine Schuldnerberatung;
- sich zu bestimmten Zeitpunkten beim Gericht oder beim Bewährungshelfer zu melden.
- Sich fernzuhalten vom durch die Tat Geschädigten oder von bestimmten Personen bzw. Personengruppen, die dem Verurteilten Anreiz oder Gelegenheit zu neuen Straftaten bieten könnten (Mittäter, Komplizen, ein bestimmtes Milieu).
- Bestimmte Gegenstände nicht zu besitzen, die dem Verurteilten Anreiz oder Gelegenheit zu weiteren Straftaten bieten können und sie weder mit sich zu führen noch für sich verwahren zu lassen (etwa Drogen, Waffen, Einbruchswerkzeug).
- Seine Unterhaltspflichten zu erfüllen.
Das Gericht kann auch von Weisungen vorläufig absehen, wenn der Verurteilte von sich aus Zusagen zu seiner künftigen Lebensführung macht. Allerdings muss es schon als wahrscheinlich erscheinen, dass er diese Zusagen auch einhält.
Das Gericht kann auch die Weisung aussprechen, eine Entziehungskur zu machen oder sich einer Behandlung in einer psychotherapeutischen Einrichtung zu unterziehen. Wenn der Verurteilte jedoch angewiesen werden soll, einen Entzug zu machen, eine Heilbehandlung mit einem körperlichen Eingriff an sich durchführen zu lassen oder einen Heim- oder Anstaltsaufenthalt durchzuführen, muss er dem selbst zustimmen. Ohne seine Einwilligung kann eine solche Weisung nicht stattfinden (§ 56c Abs. 3 StGB).
Verstößt ein Verurteilter gegen Auflagen oder Weisungen des Gerichts, können beide verschärft werden. Bei wiederholten oder schweren Verstößen kann es sogar zu einem Widerruf der Bewährung durch das Gericht kommen. Dann muss der Betreffende seine Freiheitsstrafe absitzen.
In einem Strafverfahren war eine "Verständigung" nach § 257c der Strafprozessordnung (StPO) vereinbart worden - man könnte auch "Deal" dazu sagen. Der Inhalt: Die Angeklagte sollte vor Gericht ihre Tat eingestehen, im Gegenzug würde ihre Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Bewährungsauflagen kamen nicht zur Sprache. Nach dem Geständnis beantragte die Staatsanwaltschaft jedoch als Bewährungsauflage die Ableistung von 300 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Dementsprechend wurde die Frau auch verurteilt. Die Angeklagte legte Rechtsmittel ein.
Der Bundesgerichtshof gab ihr recht: Ihr Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz sei verletzt worden. Angeklagte müssten auf mögliche Auflagen, die Voraussetzung für die Aussetzung einer Strafe zur Bewährung seien, vor einer solchen Vereinbarung hingewiesen werden. Sie könnten eine echte Entscheidung über den "Deal" nur dann treffen, wenn sie auch alle Folgen kennen würden (Beschluss vom 29.1.2014, Az. 4 StR 254/13).
Ein wegen Körperverletzung verurteilter, wiederholt einschlägig vorbestrafter Mann war zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Auflage war die Zahlung von 2.000 Euro an die Staatskasse, in monatlichen Raten von 200 Euro. Der Verurteilte legte Rechtsmittel ein, weil er diesen Betrag nicht aufbringen konnte. War damit die Bewährung in Gefahr?
Das Oberlandesgericht Köln entschied dazu: Gegen eine Bewährungsauflage könne nur vorgegangen werden, wenn diese rechtswidrig sei. Dies sei hier nicht der Fall. Zwar dürfe die Zahlung eines hohen Geldbetrages nicht zur Auflage gemacht werden, wenn ein Verurteilter in besonders schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe. Die Höhe des Betrages sei jedoch eine Ermessensentscheidung. Der Sinn sei gerade der, dass die Tat für den Täter auch ohne Gefängnis empfindliche Folgen haben solle.
In zwei Gerichtsinstanzen habe der Verurteilte unterschiedliche Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht und Einkünfte verschwiegen. Ein Sozialhilfebetrug liege hier nahe. Auch habe er einem Zeugen angeboten, an einem Kneipen-Dartspiel um hohe Geldeinsätze teilzunehmen. All dies trug dazu bei, dass das Gericht dem Mann seine Geldnot schlicht nicht glaubte.
Falls er tatsächlich geringere Einnahmen habe, könne er immer noch nach § 56e StGB ("nachträgliche Entscheidungen") darum bitten, die Raten herabzusetzen (Beschluss vom 3.1.2011, Az. 2 Ws 877/10).
Bei einer Bewährung kann ein Verstoß gegen Auflagen oder Weisungen ernsthafte Folgen haben. Ein guter Strafverteidiger kann Angeklagten helfen, zu angemessenen Absprachen zu kommen und ihnen die Tragweite von Auflagen und Weisungen erklären. Ein Fachanwalt für Strafrecht kann Betroffene am besten beraten.
Unter bestimmten Voraussetzungen können kurze Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt werden. Allerdings muss sich der Verurteilte während der Bewährung an Auflagen und Weisungen des Gerichts halten.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was sind Bewährungsauflagen? Welche Bewährungsauflagen gibt es? Was ist unter Weisungen zu verstehen? Was sind medizinische Weisungen? Was passiert bei einem Verstoß? Urteil: Deal mit nachträglichen Auflagen möglich? Urteil: Zu wenig Geld für Zahlungen? Praxistipp Wann eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird, erläutern wir hier genauer:
Strafrecht: Wann verhängt das Gericht eine Bewährungsstrafe?
Was sind Bewährungsauflagen?
Der Sinn von Bewährungsauflagen ist ein gewisser Genugtuungseffekt, damit das begangene Unrecht nicht folgenlos bleibt. Die Auflagen müssen dabei im Rahmen des Zumutbaren bleiben. Unter Umständen kann der Verurteilte Auflagen vermeiden, indem er von sich aus eine Genugtuung für das begangene Unrecht anbietet. Zum Beispiel kann er vorschlagen, den von ihm angerichteten Schaden zu bezahlen, ohne dass der Geschädigte ihn zuerst vor einem Zivilgericht verklagen muss. Das Strafgericht muss in einem solchen Fall beurteilen, inwieweit es das Angebot ernst nimmt. Von Auflagen sieht das Gericht in einem solchen Fall immer nur “vorläufig” ab.
Welche Bewährungsauflagen gibt es?
Mögliche Auflagen sind:
- Wiedergutmachung des verursachten Schadens,
- Bezahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung (wenn dies im Hinblick auf Tat und Persönlichkeit des Täters angebracht erscheint),
- andere gemeinnützige Leistungen oder Arbeiten,
- Bezahlung eines Geldbetrages an die Staatskasse.
Allerdings sollen die letzten drei Punkte nur angeordnet werden, wenn sie die Wiedergutmachung des Schadens nicht blockieren.
Was ist unter Weisungen zu verstehen?
Weisungen für die Bewährungszeit erteilt das Gericht dem Täter, wenn dieser nach Ansicht des Gerichts Hilfe braucht, um nicht erneut straffällig zu werden.
Beispiele für solche Weisungen sind:
- Sich an bestimmten Orten aufzuhalten oder sich von diesen fernzuhalten, eine Ausbildung zu absolvieren oder eine bestimmte Berufstätigkeit auszuüben, bestimmte Freizeitbeschäftigungen zu unterlassen oder die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse in Ordnung zu bringen, etwa durch eine Schuldnerberatung;
- sich zu bestimmten Zeitpunkten beim Gericht oder beim Bewährungshelfer zu melden.
- Sich fernzuhalten vom durch die Tat Geschädigten oder von bestimmten Personen bzw. Personengruppen, die dem Verurteilten Anreiz oder Gelegenheit zu neuen Straftaten bieten könnten (Mittäter, Komplizen, ein bestimmtes Milieu).
- Bestimmte Gegenstände nicht zu besitzen, die dem Verurteilten Anreiz oder Gelegenheit zu weiteren Straftaten bieten können und sie weder mit sich zu führen noch für sich verwahren zu lassen (etwa Drogen, Waffen, Einbruchswerkzeug).
- Seine Unterhaltspflichten zu erfüllen.
Das Gericht kann auch von Weisungen vorläufig absehen, wenn der Verurteilte von sich aus Zusagen zu seiner künftigen Lebensführung macht. Allerdings muss es schon als wahrscheinlich erscheinen, dass er diese Zusagen auch einhält.
Was sind medizinische Weisungen?
Das Gericht kann auch die Weisung aussprechen, eine Entziehungskur zu machen oder sich einer Behandlung in einer psychotherapeutischen Einrichtung zu unterziehen. Wenn der Verurteilte jedoch angewiesen werden soll, einen Entzug zu machen, eine Heilbehandlung mit einem körperlichen Eingriff an sich durchführen zu lassen oder einen Heim- oder Anstaltsaufenthalt durchzuführen, muss er dem selbst zustimmen. Ohne seine Einwilligung kann eine solche Weisung nicht stattfinden (§ 56c Abs. 3 StGB).
Was passiert bei einem Verstoß?
Verstößt ein Verurteilter gegen Auflagen oder Weisungen des Gerichts, können beide verschärft werden. Bei wiederholten oder schweren Verstößen kann es sogar zu einem Widerruf der Bewährung durch das Gericht kommen. Dann muss der Betreffende seine Freiheitsstrafe absitzen.
Urteil: Deal mit nachträglichen Auflagen möglich?
In einem Strafverfahren war eine "Verständigung" nach § 257c der Strafprozessordnung (StPO) vereinbart worden - man könnte auch "Deal" dazu sagen. Der Inhalt: Die Angeklagte sollte vor Gericht ihre Tat eingestehen, im Gegenzug würde ihre Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Bewährungsauflagen kamen nicht zur Sprache. Nach dem Geständnis beantragte die Staatsanwaltschaft jedoch als Bewährungsauflage die Ableistung von 300 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Dementsprechend wurde die Frau auch verurteilt. Die Angeklagte legte Rechtsmittel ein.
Der Bundesgerichtshof gab ihr recht: Ihr Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz sei verletzt worden. Angeklagte müssten auf mögliche Auflagen, die Voraussetzung für die Aussetzung einer Strafe zur Bewährung seien, vor einer solchen Vereinbarung hingewiesen werden. Sie könnten eine echte Entscheidung über den "Deal" nur dann treffen, wenn sie auch alle Folgen kennen würden (Beschluss vom 29.1.2014, Az. 4 StR 254/13).
Urteil: Zu wenig Geld für Zahlungen?
Ein wegen Körperverletzung verurteilter, wiederholt einschlägig vorbestrafter Mann war zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Auflage war die Zahlung von 2.000 Euro an die Staatskasse, in monatlichen Raten von 200 Euro. Der Verurteilte legte Rechtsmittel ein, weil er diesen Betrag nicht aufbringen konnte. War damit die Bewährung in Gefahr?
Das Oberlandesgericht Köln entschied dazu: Gegen eine Bewährungsauflage könne nur vorgegangen werden, wenn diese rechtswidrig sei. Dies sei hier nicht der Fall. Zwar dürfe die Zahlung eines hohen Geldbetrages nicht zur Auflage gemacht werden, wenn ein Verurteilter in besonders schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe. Die Höhe des Betrages sei jedoch eine Ermessensentscheidung. Der Sinn sei gerade der, dass die Tat für den Täter auch ohne Gefängnis empfindliche Folgen haben solle.
In zwei Gerichtsinstanzen habe der Verurteilte unterschiedliche Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht und Einkünfte verschwiegen. Ein Sozialhilfebetrug liege hier nahe. Auch habe er einem Zeugen angeboten, an einem Kneipen-Dartspiel um hohe Geldeinsätze teilzunehmen. All dies trug dazu bei, dass das Gericht dem Mann seine Geldnot schlicht nicht glaubte.
Falls er tatsächlich geringere Einnahmen habe, könne er immer noch nach § 56e StGB ("nachträgliche Entscheidungen") darum bitten, die Raten herabzusetzen (Beschluss vom 3.1.2011, Az. 2 Ws 877/10).
Praxistipp
Bei einer Bewährung kann ein Verstoß gegen Auflagen oder Weisungen ernsthafte Folgen haben. Ein guter Strafverteidiger kann Angeklagten helfen, zu angemessenen Absprachen zu kommen und ihnen die Tragweite von Auflagen und Weisungen erklären. Ein Fachanwalt für Strafrecht kann Betroffene am besten beraten.
(Ma)