BGH, Beschl. 12.1.2022 - XII ZB 418/21
Nicht vollstreckbare Verpflichtung zur Belegvorlage im Zugewinnausgleich
Autor: DirAG a.D. Roland Stockmann, Würzburg
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 05/2022
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 05/2022
1. Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, müssen in dem Titel bezeichnet und daher jedenfalls in den Entscheidungsgründen konkretisiert werden.2. Hat die Auskunftsverpflichtung, gegen die sich der Rechtsmittelführer zur Wehr setzt, keinen vollstreckbaren Inhalt, erhöht sich die Beschwer um die mit der Abwehr einer insoweit ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten.
FamFG § 61, § 112, § 113, § 120; ZPO § 254, § 522, § 574, § 887; BGB § 1379
Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde des Antragsgegners hat das OLG verworfen, weil der Wert der Beschwer den Betrag von 600 € nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
Die fehlende Vollstreckungsfähigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses ergebe sich daraus, dass dieser die vom Beschwerdeführer geforderten Unterlagen nicht ausreichend konkretisiere. Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, müssten in dem Titel bezeichnet und daher jedenfalls in den Entscheidungsgründen konkretisiert werden (BGH v. 10.2.2021 – XII ZB 376/20, FamRZ 2021, 770 Rz. 12 = FamRB 2021, 292 [Stockmann]). Hierzu sei es nicht nur erforderlich, dass in dem Titel die Art der vorzulegenden Belege bezeichnet ist, sondern auch der Zeitraum, auf den sich die Vorlageverpflichtung erstrecke. Diese Unterlagen und die maßgeblichen Zeiträume seien daher im Beschlusstenor konkret anzugeben oder müssten sich jedenfalls unter Heranziehung der Entscheidungsgründe in einem möglichen Vollstreckungsverfahren von dem Vollstreckungsorgan im Wege der Auslegung feststellen lassen.
Im konkreten Fall ergebe sich aus dem Teilbeschluss des AG nicht, auf welche Belege sich die Vorlagepflicht konkret bezieht. Daher ließe sich im Fall einer Zwangsvollstreckung auch nicht durch Auslegung der amtsgerichtlichen Entscheidung die erforderliche Konkretisierung der Verpflichtung des Antragsgegners erreichen.
Weiterhin legt der BGH dar, wie die (fiktiven) Kosten zu ermitteln sind, die dem Antragsteller entstünden, um sich gegen die Vollstreckung der Pflicht zur Belegvorlage zur Wehr zu setzen. An Hand dieser (bei Stockmann, FamRB 2021, 292 bereits im einzelnen dargestellten) Grundsätze und deren Anwendung im konkreten Fall kommt er dazu, dass nicht auszuschließen ist, dass das OLG bei einer neuerlichen Wertbemessung unter Berücksichtigung der Kosten einer möglichen Abwehr der Zwangsvollstreckung möglicherweise zu einem 600 € übersteigenden Beschwerdewert gelangt.
Der BGH hebt den angefochtenen Beschluss daher auf und verweist die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurück.
FamFG § 61, § 112, § 113, § 120; ZPO § 254, § 522, § 574, § 887; BGB § 1379
Das Problem
Die Antragstellerin macht gegen den Antragsgegner im Wege eines Stufenantrags güterrechtliche Ausgleichsansprüche geltend. Mit Teilbeschluss hat das AG den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über den Bestand seines Vermögens an den Stichtagen Eheschließung, Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags zu erteilen. Weiter hat es ihm aufgegeben, „sämtliche Positionen der Aufstellung zu belegen durch Vorlage nachprüfbarer Unterlagen wie Urkunden, Bankauskünfte, Kontoauszüge, ggf. wertbestimmende Merkmale. Bezüglich der Grundstücke und Immobilien des Antragsgegners sind Nachweise zur Grundstücksgröße, dem Erwerbsdatum, ggf. dem umbauten Raum und der Grundbucheinträge vorzulegen“.Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde des Antragsgegners hat das OLG verworfen, weil der Wert der Beschwer den Betrag von 600 € nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
Die Entscheidung des Gerichts
Der BGH erachtet die Rechtsbeschwerde als zulässig und begründet. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sei eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gem. § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlich. Die vom Beschwerdegericht vorgenommene Wertfestsetzung sei ermessensfehlerhaft, weil es nicht berücksichtigt habe, dass die vom AG formulierte Verpflichtung nicht vollstreckungsfähig sei und daher zu berücksichtigende Kosten für die Abwehr der Zwangsvollstreckung verursache, die möglicherweise zur Überschreitung der Grenze des § 61 Abs. 1 FamFG führten.Die fehlende Vollstreckungsfähigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses ergebe sich daraus, dass dieser die vom Beschwerdeführer geforderten Unterlagen nicht ausreichend konkretisiere. Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, müssten in dem Titel bezeichnet und daher jedenfalls in den Entscheidungsgründen konkretisiert werden (BGH v. 10.2.2021 – XII ZB 376/20, FamRZ 2021, 770 Rz. 12 = FamRB 2021, 292 [Stockmann]). Hierzu sei es nicht nur erforderlich, dass in dem Titel die Art der vorzulegenden Belege bezeichnet ist, sondern auch der Zeitraum, auf den sich die Vorlageverpflichtung erstrecke. Diese Unterlagen und die maßgeblichen Zeiträume seien daher im Beschlusstenor konkret anzugeben oder müssten sich jedenfalls unter Heranziehung der Entscheidungsgründe in einem möglichen Vollstreckungsverfahren von dem Vollstreckungsorgan im Wege der Auslegung feststellen lassen.
Im konkreten Fall ergebe sich aus dem Teilbeschluss des AG nicht, auf welche Belege sich die Vorlagepflicht konkret bezieht. Daher ließe sich im Fall einer Zwangsvollstreckung auch nicht durch Auslegung der amtsgerichtlichen Entscheidung die erforderliche Konkretisierung der Verpflichtung des Antragsgegners erreichen.
Weiterhin legt der BGH dar, wie die (fiktiven) Kosten zu ermitteln sind, die dem Antragsteller entstünden, um sich gegen die Vollstreckung der Pflicht zur Belegvorlage zur Wehr zu setzen. An Hand dieser (bei Stockmann, FamRB 2021, 292 bereits im einzelnen dargestellten) Grundsätze und deren Anwendung im konkreten Fall kommt er dazu, dass nicht auszuschließen ist, dass das OLG bei einer neuerlichen Wertbemessung unter Berücksichtigung der Kosten einer möglichen Abwehr der Zwangsvollstreckung möglicherweise zu einem 600 € übersteigenden Beschwerdewert gelangt.
Der BGH hebt den angefochtenen Beschluss daher auf und verweist die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurück.