BGH, Beschl. 12.7.2017 - XII ZB 350/16
Kein Großelternumgang bei Loyalitätskonflikten des Kindes
Autor: RAin Monika Clausius, FAinFamR, Saarbrücken
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 11/2017
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 11/2017
Ein Streit zwischen Eltern und Großeltern, der zu einem Loyalitätskonflikt des Kindes führt, sowie die Missachtung des Erziehungsvorrangs der Eltern, steht der Kindeswohldienlichkeit eines Umgangs nach § 1685 Abs. 1 BGB entgegen. Ein „Antrag” der Großeltern auf Umgang kann daher schlicht zurückgewiesen werden, wobei im Beschwerdeverfahren auch ohne erneuten Erörterungstermin entschieden werden kann.
BGH, Beschl. v. 12.7.2017 - XII ZB 350/16
Vorinstanz: OLG München, Beschl. v. 16.6.2016 - 16 UF 134/16
BGB § 1685 Abs. 1; FamFG § 68 Abs. 3 S. 2
Das Umgangsrecht von Großeltern nach § 1685 Abs. 1 BGB stehe unter der Voraussetzung, dass es dem Kindeswohl diene. Dies orientiere sich an § 1626 Abs. 3 Satz 2 BGB, d.h. die Aufrechterhaltung bestehender Bindungen müsse für die Kindesentwicklung förderlich sein. Davon könne nicht ausgegangen werden, wenn die den Umgang ablehnenden Eltern und die Großeltern so zerstritten seien, dass das Kind bei Umgangsausübung in einen Loyalitätskonflikt gerate. Auch eine Missachtung des Erziehungsvorrangs der Eltern stehe der Kindeswohldienlichkeit entgegen, die einzelfallorientiert abgewogen werden müsse. Im entschiedenen Sachverhalt habe der 2011 wieder aufgenommene Umgang unter der Voraussetzung eines von den Großeltern an die Eltern zu gewährenden zinslosen Darlehens gestanden. Hierüber sei sogar eine schriftliche Vereinbarung geschlossen worden, wodurch bereits die Zerrüttung des Verhältnisses untermauert werde. Zudem hätten die Großeltern die elterliche Erziehungskompetenz in Frage gestellt, indem sie sich schriftlich an das Jugendamt gewandt und die Eltern der seelischen Misshandlung der Kinder bezichtigt hätten.
Sei ein großelterlicher Umgangsrechtsantrag unbegründet, so genüge die schlichte gerichtliche Antragszurückweisung, ohne dass es eines konkreten Umgangsausschlusses in dem von § 1684 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 BGB vorgegebenen Rahmen bedürfe. Das Umgangsrecht der Großeltern folge – anders als das der Eltern – nicht unmittelbar aus einer eigenen Grundrechtsposition, sondern bestehe einzig unter der Voraussetzung der positiven Feststellung der Kindeswohldienlichkeit. Liege diese Voraussetzung nicht vor, bestehe damit kein Umgangsrecht und es bedürfe somit auch keines Ausschlusses.
BGH, Beschl. v. 12.7.2017 - XII ZB 350/16
Vorinstanz: OLG München, Beschl. v. 16.6.2016 - 16 UF 134/16
BGB § 1685 Abs. 1; FamFG § 68 Abs. 3 S. 2
Das Problem
Die Großeltern, die zu ihren 2006 und 2008 geborenen Enkeln bis 2009 und sodann wieder von 2011 bis 2014 Kontakt hatten, erstreben eine gerichtliche Umgangsregelung, da die Eltern den Umgang wegen eines von den Großeltern an das Jugendamt gerichteten Briefs, in dem Bedenken zur elterlichen Erziehung erhoben wurden, verweigern. Das Begehren wurde erst- und zweitinstanzlich zurückgewiesen.Die Entscheidung des Gerichts
Auch die Rechtsbeschwerde weist der XII. Senat zurück. Dabei sei in der Beschwerdeinstanz ein erneuter Erörterungstermin gem. § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG entbehrlich, wenn er bereits im ersten Rechtszug umfassend durchgeführt und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten seien.Das Umgangsrecht von Großeltern nach § 1685 Abs. 1 BGB stehe unter der Voraussetzung, dass es dem Kindeswohl diene. Dies orientiere sich an § 1626 Abs. 3 Satz 2 BGB, d.h. die Aufrechterhaltung bestehender Bindungen müsse für die Kindesentwicklung förderlich sein. Davon könne nicht ausgegangen werden, wenn die den Umgang ablehnenden Eltern und die Großeltern so zerstritten seien, dass das Kind bei Umgangsausübung in einen Loyalitätskonflikt gerate. Auch eine Missachtung des Erziehungsvorrangs der Eltern stehe der Kindeswohldienlichkeit entgegen, die einzelfallorientiert abgewogen werden müsse. Im entschiedenen Sachverhalt habe der 2011 wieder aufgenommene Umgang unter der Voraussetzung eines von den Großeltern an die Eltern zu gewährenden zinslosen Darlehens gestanden. Hierüber sei sogar eine schriftliche Vereinbarung geschlossen worden, wodurch bereits die Zerrüttung des Verhältnisses untermauert werde. Zudem hätten die Großeltern die elterliche Erziehungskompetenz in Frage gestellt, indem sie sich schriftlich an das Jugendamt gewandt und die Eltern der seelischen Misshandlung der Kinder bezichtigt hätten.
Sei ein großelterlicher Umgangsrechtsantrag unbegründet, so genüge die schlichte gerichtliche Antragszurückweisung, ohne dass es eines konkreten Umgangsausschlusses in dem von § 1684 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 BGB vorgegebenen Rahmen bedürfe. Das Umgangsrecht der Großeltern folge – anders als das der Eltern – nicht unmittelbar aus einer eigenen Grundrechtsposition, sondern bestehe einzig unter der Voraussetzung der positiven Feststellung der Kindeswohldienlichkeit. Liege diese Voraussetzung nicht vor, bestehe damit kein Umgangsrecht und es bedürfe somit auch keines Ausschlusses.