BGH, Beschl. 19.7.2017 - VIII ZR 284/16
Eigenbedarfskündigung: Keine Pflicht zum „fliegenden Wohnungswechsel”
Autor: RAin Ellen Taufkirch, RA FAMuWR R. Patrick Geiger, STRBA Rechtsanwälte, Frankfurt/M.
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 10/2017
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 10/2017
Der im gleichen Haus wie der Mieter wohnende Vermieter muss dem Mieter bei Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung seine eigene Wohnung nicht zum „fliegenden Wohnungswechsel” anbieten.
BGH, Beschl. v. 19.7.2017 - VIII ZR 284/16
Vorinstanz: LG Frankfurt/M. - 2-11 S 76/16
BGB § 573 Abs. 2 Nr. 2
Das LG bestätigte die amtsgerichtliche Entscheidung und wies die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurück, obwohl die Wohnung im 4. OG vorsorglich noch angeboten worden war. Die Wohnung der Tochter hätte nach Auffassung des LG trotz der Rechtsprechung des BGH, wonach nur solche Wohnungen im gleichen Haus und in der gleichen Wohnanlage anzubieten seien, die bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung stehen, angeboten werden müssen. Der Fall sei anders zu beurteilen, da hier der Vermieter bei der Kündigung bereits sicher wisse, dass eine Alternativwohnung unmittelbar nach dem Auszug der Mieter frei wird.
Die Vermieterin legte Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH ein. Aufgrund des Auszugs der Mieter kam es während des laufenden Verfahrens zur Erledigung, so dass der BGH nur noch über die Kosten zu entscheiden hatte. Im Rahmen dieser Kostenentscheidung stellt der BGH ausdrücklich fest, dass keine Pflicht des Vermieters zum Angebot eines „Wohnungstauschs” besteht.
Dies begründet er zunächst damit, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Anbietpflicht jedenfalls mit Ablauf der Kündigungsfrist und damit der Beendigung des Mietverhältnisses endet und die vom Vermieter bzw. der Bedarfsperson bewohnte Wohnung erst danach frei wird. Die Instanzgerichte hätten einseitig nur die Interessen des Mieters berücksichtigt und den Charakter der Rücksichtnahmepflichten grundlegend verkannt. Weitergehend wirft der BGH sogar die Frage auf, „ob unter bestimmten Voraussetzungen die Initiative nicht eher sogar von dem Mieter ausgehen müsste”, wenngleich der BGH diese Voraussetzungen nicht näher konkretisiert.
Im Übrigen stellt der BGH fest, dass im zu entscheidenden Fall die Wohnungen objektiv nicht vergleichbar sind. Die Kosten des Verfahrens hat der BGH mit Blick auf das Erfordernis einer Beweisaufnahme über den Eigenbedarf gegeneinander aufgehoben.
BGH, Beschl. v. 19.7.2017 - VIII ZR 284/16
Vorinstanz: LG Frankfurt/M. - 2-11 S 76/16
BGB § 573 Abs. 2 Nr. 2
Das Problem
Die Vermieterin kündigte für ihre im 4. OG in einer 4-Zimmer-Wohnung mit ca. 100 qm wohnende Tochter und deren Ehemann die im gleichen Haus befindliche 6-Zimmer-EG-Wohnung mit ca. 170 qm wegen Eigenbedarfs. Sie begründete die Kündigung insb. mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihrer Tochter und ihres Schwiegersohnes sowie mit deren erhöhtem Platzbedarf. Die von ihrer Tochter bewohnte Wohnung im 4. OG bot sie den Mietern in der Kündigung nicht zum „Tausch” an.Die Entscheidung des Gerichts
Das AG hatte die Räumungsklage der Vermieterin abgewiesen. Die Eigenbedarfskündigung sei unwirksam, da die Vermieterin den Mietern nicht die denknotwendig frei werdende Wohnung ihrer Tochter im gleichen Haus als Alternativwohnraum angeboten habe.Das LG bestätigte die amtsgerichtliche Entscheidung und wies die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurück, obwohl die Wohnung im 4. OG vorsorglich noch angeboten worden war. Die Wohnung der Tochter hätte nach Auffassung des LG trotz der Rechtsprechung des BGH, wonach nur solche Wohnungen im gleichen Haus und in der gleichen Wohnanlage anzubieten seien, die bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung stehen, angeboten werden müssen. Der Fall sei anders zu beurteilen, da hier der Vermieter bei der Kündigung bereits sicher wisse, dass eine Alternativwohnung unmittelbar nach dem Auszug der Mieter frei wird.
Die Vermieterin legte Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH ein. Aufgrund des Auszugs der Mieter kam es während des laufenden Verfahrens zur Erledigung, so dass der BGH nur noch über die Kosten zu entscheiden hatte. Im Rahmen dieser Kostenentscheidung stellt der BGH ausdrücklich fest, dass keine Pflicht des Vermieters zum Angebot eines „Wohnungstauschs” besteht.
Dies begründet er zunächst damit, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Anbietpflicht jedenfalls mit Ablauf der Kündigungsfrist und damit der Beendigung des Mietverhältnisses endet und die vom Vermieter bzw. der Bedarfsperson bewohnte Wohnung erst danach frei wird. Die Instanzgerichte hätten einseitig nur die Interessen des Mieters berücksichtigt und den Charakter der Rücksichtnahmepflichten grundlegend verkannt. Weitergehend wirft der BGH sogar die Frage auf, „ob unter bestimmten Voraussetzungen die Initiative nicht eher sogar von dem Mieter ausgehen müsste”, wenngleich der BGH diese Voraussetzungen nicht näher konkretisiert.
Im Übrigen stellt der BGH fest, dass im zu entscheidenden Fall die Wohnungen objektiv nicht vergleichbar sind. Die Kosten des Verfahrens hat der BGH mit Blick auf das Erfordernis einer Beweisaufnahme über den Eigenbedarf gegeneinander aufgehoben.