BGH, Beschl. 20.9.2017 - XII ZB 382/16

Auskunftsanspruch über Anfangsvermögen in Altfällen

Autor: RA Dr. Walter Kogel, FAFamR, Dr. Kogel & Mast Familienanwälte, Aachen
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 02/2018
1. Ein Auskunftsanspruch zum Anfangsvermögen gem. § 1379 Abs. 1 Nr. 2 n.F. BGB besteht nicht, sofern die Ehe bereits vor dem 1.9.2009 rechtskräftig geschieden wurde. In Fortführung der Entscheidung BGH v. 5.4.2017 – XII ZB 259/16, FamRZ 2017, 1039 = FamRB 2017, 242 gilt dies auch dann, wenn das Auskunftsverlangen in einem (isolierten) güterrechtlichen Verfahren nach dem 1.9.2009 nachträglich geltend gemacht worden ist.2. In diesen Fällen kommt ebenso wenig ein aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) hergeleiteter Anspruch auf Auskunft über das Anfangsvermögen in Betracht.

BGH, Beschl. v. 20.9.2017 - XII ZB 382/16

Vorinstanz: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 24.6.2016 - 16 UF 55/16

BGB §§ 242, 1374 Abs. 1 Halbs. 2 a.F., 1374 Abs. 3 n.F., 1379 Abs. 1 Nr. 2; EGBGB Art. 229 § 20 Abs. 2

Das Problem

Die rechtskräftige Ehescheidung erfolgte bereits im Jahre 2008. Im Juni 2011 reichte die Ehefrau einen Zugewinnausgleichsantrag i.H.v. 45.000 € ein. Dabei legte sie ihrer Berechnung ein eigenes positives Anfangsvermögen von 25.000 € zugrunde. Der Ehemann behauptete demgegenüber, dass erhebliche Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt der Eheschließung bestanden hätten. In Wahrheit sei das Anfangsvermögen negativ gewesen. Er erhob einen Stufenwiderantrag über das Anfangsvermögen der Ehefrau. Zu Recht?

Die Entscheidung des Gerichts

Im Einklang mit der Vorinstanz weist der Senat den Auskunftsanspruch und die Beschwerde zurück. Durch die Güterrechtsnovelle sei 2009 erstmals die Möglichkeit eines negativen Anfangsvermögens gesetzlich eröffnet worden. Der Auskunftsanspruch habe nur eine dienende Funktion gegenüber dieser geänderten materiell-rechtlichen Lage. Bereits in der Entscheidung vom 5.4.2014 (BGH v. 5.4.2017 – XII ZB 259/16, FamRZ 2017, 1039 = FamRB 2017, 242) sei entschieden worden, dass dann, wenn der Güterstand schon vor dem 1.9.2009 beendet worden sei, altes Recht Anwendung finden müsse. Alles andere liefe auf eine unzulässige echte Rückwirkung hinaus. In dem dort entschiedenen Fall war die Folgesache Zugewinn aus dem Verbund abgetrennt worden. Gleiches müsse für die Fälle eines selbständigen Güterrechtsantrags gelten, der nach einem abgeschlossenen Scheidungsverfahren erhoben werde.

Ebenso wenig könne aus § 242 BGB ein Auskunftsanspruch hergeleitet werden. Zwar bestehe ein Anspruch auf Auskunftserteilung über illoyale Vermögensminderungen dann, wenn ein Ehegatte entschuldbar über den Wert und den Verbleib von Vermögensgegenständen im Unklaren sei (so z.B. BGH v. 2.5.2005 – XII ZR 93/02, FamRZ 2005, 690 = FamRB 2005, 161 m.w.N). Diese Rechtsprechung zum Endvermögen träfe aber nicht auf das Anfangsvermögen nach altem Recht zu. § 1377 Abs. 1 BGB ermögliche es, eine Inventarisierung bei Beginn des Güterstands zu verlangen. Werde diese nicht vorgenommen, gelte nach § 1377 Abs. 3 BGB die Vermutung, dass kein positives Anfangsvermögen vorhanden sei. Dabei müsse der Betreffende zur Widerlegung der Vermutung aus § 1377 Abs. 3 BGB nicht nur den Bestand und Wert seines Aktivvermögens, sondern bis zur Höhe des aktiven Vermögens auch das Fehlen abziehbarer Verbindlichkeiten beweisen. Der Gesetzgeber habe damit ein in sich abgeschlossenes System zur Behandlung von ungeklärtem Anfangsvermögen nach altem Recht geschaffen. Rechtspolitisch sei dies allerdings diskussionswürdig, da in der Praxis von der Inventarisierung kein Gebrauch gemacht werde. Weitergehende Auskunftsansprüche habe der Gesetzgeber aber nicht schaffen wollen.


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