Autor: Prof. Dr. Gabriele Janlewing, Koblenz
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 06/2024
Deliktsgläubiger müssen ihre Forderung im Hinblick auf den konkreten Zeitraum, den Umfang und den Rechtsgrund (z.B. Vorsatzdelikt) des geschuldeten Unterhalts genau bezeichnen. Der Widerspruch des Schuldners bezieht sich im Zweifel auf alle angemeldeten Forderungen, auch wenn es sich um verschiedene Verfahrensgegenstände handelt. Die durch eine Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren für die Dauer von sechs Monaten eingetretene Hemmung der Verjährung endet bereits mit rechtskräftigem Abschluss des Insolvenzverfahrens und nicht erst nach der Entscheidung über eine Restschuldbefreiung.
InsO a.F. § 174 Abs. 2, § 301 Nr. 1; BGB § 204 Abs. 1 Nr. 10, § 204 Abs. 2 S. 1 Das Problem
Die Beteiligten waren verheiratete Eheleute. Der Ehemann wurde im Jahr 2013 dazu verurteilt, seit dem Jahr 2008 rückständigen sowie laufenden Trennungsunterhalt zu bezahlen. Diesen Zahlungsverpflichtungen kam der Verpflichtete jedoch nicht nach; über sein Vermögen wurde im Jahr 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Ex-Ehefrau meldete 57.126 € zur Insolvenztabelle an und machte zugleich geltend, dass es sich um eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handele. Der Schuldner widersprach der Forderung nur hinsichtlich des Rechtsgrunds, nicht hinsichtlich der Höhe der Forderung. Mit Beschluss vom 10.10.2018 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 5.1.2021 wurde dem Antragsteller die Restschuldbefreiung erteilt. Im Jahr 2021 hat der Schuldner Vollstreckungsabwehrklage eingereicht mit dem Ziel, die Vollstreckung aus dem ursprünglichen Titel aus dem Jahr 2013 für unzulässig zu erklären und den Titel zu erlangen. Die Ex-Ehefrau hat mit einem Widerantrag die Feststellung beantragt, dass es sich bei den angemeldeten Rückständen um deliktische Forderungen handele. Das AG hat den Anträgen des Antragstellers stattgegeben und den Widerfeststellungsantrag zurückgewiesen. Das OLG ist auf die Beschwerde der Ex-Ehefrau hin zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangt. Die Entscheidung des Gerichts
Auf die Rechtsbeschwerde hin gibt der BGH dem Schuldner recht. Er stellt zunächst klar, dass die wirksame Anmeldung des Rechtsgrunds der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zur Insolvenztabelle Zulässigkeitsvoraussetzung für eine spätere Feststellungsklage nach § 184 InsO sei. Hierzu genüge nicht, als Grund der Forderung neben „Unterhaltsforderung 1.1.2008–22.6.2014“ zugleich lediglich „Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung“ anzukreuzen (ebenso bereits BGH v. 9.1.2014 – IX ZR 103/13, WM 2014, 270). Es bedürfe vielmehr mindestens drei Angaben: Der Gläubiger müsse aufzeigen, für welchen konkreten Zeitraum der Schuldner Unterhalt schulde, in welchem Umfang der Schuldner den geschuldeten Unterhalt nicht bezahlt habe und der Gläubiger müsse mitteilen, dass es sich um einen Anspruch aus einem vorsätzlichen Delikt, z.B. einer Straftat gem. § 170 Abs. 1 StGB handele. Widerspricht der Schuldner der deliktischen Forderungsanmeldung einschränkend, „dass es sich hierbei um Forderungen aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung handele“, mache er deutlich, dass er die Anmeldung nur hinsichtlich der Höhe eines Zahlungsanspruches akzeptiere. Hinsichtlich der Verjährungsproblematik macht der BGH noch einmal deutlich, dass der erwirkte Zahlungstitel nicht dazu führt, dass auch der Anspruch aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung nicht verjährt sei. Der Unterhaltsanspruch und der deliktische Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung sind zwei verschiedene Verfahrensgegenstände, die verschiedenartige Verjährungsfristen in Gang setzen (BGH v. 3.3.2016 – IX ZB 33/14, FamRZ 2016, 972 = NZI 2016, 401; eingehend Janlewing, Insolvenzrecht für die familienrechtliche Praxis, 2. Aufl., Rz. 172 ff.). Die regelmäßige Verjährung des Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 Abs. 1 StGB beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Die Anmeldung der Forderung führt zu einer Hemmung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB. Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB endet die durch eine Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren eingetretene Hemmung der Verjährung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens (§ 204 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dabei kommt es auf den rechtskräftigen Abschluss des Insolvenzverfahrens durch Aufhebung gem. §§ 200, 258 InsO oder Einstellung gem. § 207, §§ 211 ff. InsO an. Dies gelte auch für den Fall, dass sich an das Insolvenzverfahren ein Restschuldbefreiungsverfahren anschließe (a.A. Zenker in BeckOK/InsR, § 174 InsO Rz. 49 m.w.N.). Eine erweiternde Auslegung auf den Zeitraum nach Erteilung oder Ablehnung der Restschuldbefreiung sei nicht angezeigt, da der Gläubiger zwar gem. § 294 InsO an der Vollstreckung, nicht jedoch an einer Klage auf Leistung gehindert sei.