BGH, Beschl. 22.9.2021 - XII ZB 544/20

Wahlfreiheit der Anlageform und Zielversorgung beim Altersvorsorgeunterhalt

Autor: RA Jörn Hauß, FAFamR, Duisburg
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 12/2021
a) Dem Empfänger von Altersvorsorgeunterhalt obliegt es, die erhaltenen Unterhaltsbeträge in einer für die spätere Erzielung von Alterseinkünften geeigneten Form anzulegen. Statt freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, kann er auch eine private Rentenversicherung abschließen (im Anschluss an BGH v. 25.10.2006 – XII ZR 141/04, FamRZ 2007, 117 = FamRB 2007, 33). Dass diese ein Kapitalwahlrecht vorsieht, steht nicht entgegen.b) Aufgrund des Unterhaltsrechtsverhältnisses obliegt es zwar grundsätzlich beiden (geschiedenen) Ehegatten, ihre (Gesamt-)Einkommensteuerbelastung möglichst gering zu halten. Der Unterhaltsberechtigte ist aber, insbesondere im Rahmen des steuerlichen Realsplittings, nicht gehalten, den Altersvorsorgeunterhalt in einer zum Sonderausgabenabzug berechtigenden zertifizierten Rentenversicherung (hier sog. Rürup-Rente) anzulegen.

BGB § 242, § 1578 Abs. 3; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1a Nr. 1

Das Problem

Thema der Entscheidung ist die Frage, ob ein zu zahlender Altersvorsorgeunterhalt vom Berechtigten steuergünstig in einer zertifizierten Altersversorgung (Rürup- oder Riester-Rente) anzulegen ist, damit die Beiträge bei ihm steuermindernde Wirkung zeitigen, wodurch der aus Nutzung der Anlage U entstehende und vom unterhaltspflichtigen geschiedenen Gatten zu leistende steuerliche Nachteilsausgleich vermindert würde. Im konkreten Fall hatte die Ehefrau den Altersvorsorgeunterhalt über 155 Monate i.H.v. 500 € in eine nicht zertifizierte Altersversorgung eingezahlt, aus der ihr bei Fälligkeit eine Rente von 303,14 € monatlich oder eine Einmalkapitalzahlung i.H.v. 82.514 € zustand.

Die Entscheidung des Gerichts

Der BGH bejaht die Freiheit der Anlageform des Altersvorsorgeunterhalts durch den berechtigten Ehegatten (Rz. 29). Zwar treffe geschiedene Ehegatten die Obliegenheit, die (Gesamt-)Einkommensteuerbelastung möglichst gering zu halten (Rz. 17), dies bedeute jedoch nicht, dass der Berechtigte gehalten sei, nur zertifizierte Altersversorgungsverträge mit dem Altersvorsorgeunterhalt zu bedienen. Wähle er eine Altersversorgung mit einem Kapitalwahlrecht und übe das Kapitalwahlrecht aus, sei bei fortbestehender Unterhaltsverpflichtung der (fiktive) Rentenbetrag unterhaltsmindernd zu berücksichtigen (Rz. 26). Allerdings könne auch die Obliegenheit zu steuervermeidender Anlage des Altersvorsorgeunterhalts bestehen, wenn eine steuerlich nachteilige Anlageform nicht durch andere Vorteile kompensiert würde. Dies sei im zu entscheidenden Fall jedoch nicht gegeben. Die Berechtigte hatte angegeben, an einer schweren Erkrankung zu leiden, weshalb sie auf Vererblichkeit des Anspruchs und „ferner auf die Notwendigkeit, gegebenenfalls kurzfristig über einen höheren Kapitalbetrag verfügen zu können“ (Rz. 10) angewiesen sei.


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