BGH, Beschl. 27.2.2019 - XII ZB 183/16
Realisierung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente im Wege der Abtretung bei Pfändung
Autor: RiOLG Dr. Johannes Norpoth, Hamm/Westf.
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 05/2019
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 05/2019
Im Wertausgleich nach der Scheidung kann sich die ausgleichspflichtige Person der Verpflichtung, ihre Rentenansprüche nach § 21 Abs. 3 VersAusglG an die ausgleichsberechtigte Person abzutreten, nicht durch Verweis auf Pfändungsfreigrenzen entziehen.
BGH, Beschl. v. 27.2.2019 - XII ZB 183/16
Vorinstanz: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.3.2016 - 16 UF 61/15
VersAusglG § 20, § 21 Abs. 3; FamFG § 70
Sie sei vom OLG nur beschränkt auf den Ausspruch zur Abtretung zugelassen worden. Das ergebe sich zwar nicht aus der Beschlussformel, aber mit hinreichender Deutlichkeit aus den Entscheidungsgründen. Das OLG habe Rechtsfortbildungsbedarf nur hinsichtlich der höchstrichterlich nicht entschiedenen Frage gesehen, ob § 21 Abs. 3 VersAusglG auch dann gelte, wenn der nach § 850c ZPO pfändbare Teil des Einkommens der ausgleichspflichtigen Person bereits durch andere Gläubiger gepfändet sei. Darauf habe die Zulassung der Rechtsbeschwerde wirksam beschränkt werden können, weil der Abtretungsanspruch auch selbständiger Teil des Verfahrensstoffs sei, der sogar in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden und auf den auch eine Rechtsbeschwerde beschränkt werden könne.
Bezogen auf die Abtretung sei die Rechtsbeschwerde unbegründet. Im alten Recht habe es eine inhaltsgleiche Vorgängervorschrift (§ 1587i Abs. 2 BGB a.F.) gegeben, die der Senat so ausgelegt habe, dass der Anspruch auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich den Schuldnerschutzvorschriften der ZPO vorgehe. Nur so könne der Anspruch der ausgleichsberechtigten Person auf gleiche Teilhabe an dem in der Ehe Erwirtschafteten verwirklicht werden. Schutz erfahre die ausgleichspflichtige Person nur über § 27 VersAusglG, für dessen Anwendung das OLG aber keinen Anlass gesehen habe.
BGH, Beschl. v. 27.2.2019 - XII ZB 183/16
Vorinstanz: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.3.2016 - 16 UF 61/15
VersAusglG § 20, § 21 Abs. 3; FamFG § 70
Das Problem
M und F haben im Juni 1986 im Alter von 46/38 Jahren geheiratet. Der Scheidungsantrag ist im Januar 2001 zugestellt und die Ehe am 23.5.2005 geschieden worden. Im Versorgungsausgleich (VA) sind zwei gesetzliche Rentenanrechte sowie ein betriebliches Anrecht des M bei der Pensionskasse H berücksichtigt worden; letzteres war nach Dynamisierung mithilfe der BarwertVO teilweise, nämlich i.H.v. monatlich 45,81 €, durch erweitertes Splitting (§ 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG a.F.) ausgeglichen und im Übrigen dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten worden. Als F im Dezember 2013 Rentnerin wird, beantragt sie die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausleichs. M, der erneut verheiratet ist, sieht sich Pfändungen seiner gesetzlichen Altersrente (867,58 €: in vollem Umfang) und seiner Betriebsrente (4.317,75 €: teilweise bis auf einen pfändungsfreien Betrag von 2.386,11 €) ausgesetzt. Das AG hat F ab Februar 2015 eine monatliche Ausgleichsrente i.H.v. 830,53 € und einen Rückstand für die Zeit seit Dezember 2013 bis Januar 2015 i.H.v. 11.612,93 € zugesprochen. Zu der begehrten Abtretung des Anspruchs auf die Betriebsrente gegen die Pensionskasse H hat es den M verpflichtet, sobald „... die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamts ... und der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Landesjustizkasse ... aufgehoben wurden”. Auf die Beschwerde des M hat das OLG die Verpflichtung zur Zahlung einer Rente unter Berücksichtigung des Teilausgleichs und von Krankenversicherungsbeiträgen auf 748 € ab April 2016 abgesenkt und einen bis März 2016 aufgelaufenen Rückstand von 20.930 € tituliert. Grob unbillig sei das nicht; M habe seine Behauptung, F habe Vermögenswerte im Millionenbereich verschleiert, weder konkret dargelegt, noch bewiesen. Zu Unterhaltspflichten gegenüber seiner jetzigen Ehefrau habe er nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Dazu hat das OLG M verpflichtet, ab Rechtskraft des Beschlusses seine Ansprüche gegen die Pensionskasse an F abzutreten. Hiergegen richtet sich die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde des M, der weiterhin den Ausschluss des schuldrechtlichen VA wegen grober Unbilligkeit (§ 27 VersAusglG) anstrebt.Die Entscheidung des Gerichts
Der BGH verwirft die Rechtsbeschwerde des M, soweit sie die Höhe der Ausgleichsrente betrifft, als unzulässig, im Übrigen weist er sie als unbegründet zurück.Sie sei vom OLG nur beschränkt auf den Ausspruch zur Abtretung zugelassen worden. Das ergebe sich zwar nicht aus der Beschlussformel, aber mit hinreichender Deutlichkeit aus den Entscheidungsgründen. Das OLG habe Rechtsfortbildungsbedarf nur hinsichtlich der höchstrichterlich nicht entschiedenen Frage gesehen, ob § 21 Abs. 3 VersAusglG auch dann gelte, wenn der nach § 850c ZPO pfändbare Teil des Einkommens der ausgleichspflichtigen Person bereits durch andere Gläubiger gepfändet sei. Darauf habe die Zulassung der Rechtsbeschwerde wirksam beschränkt werden können, weil der Abtretungsanspruch auch selbständiger Teil des Verfahrensstoffs sei, der sogar in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden und auf den auch eine Rechtsbeschwerde beschränkt werden könne.
Bezogen auf die Abtretung sei die Rechtsbeschwerde unbegründet. Im alten Recht habe es eine inhaltsgleiche Vorgängervorschrift (§ 1587i Abs. 2 BGB a.F.) gegeben, die der Senat so ausgelegt habe, dass der Anspruch auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich den Schuldnerschutzvorschriften der ZPO vorgehe. Nur so könne der Anspruch der ausgleichsberechtigten Person auf gleiche Teilhabe an dem in der Ehe Erwirtschafteten verwirklicht werden. Schutz erfahre die ausgleichspflichtige Person nur über § 27 VersAusglG, für dessen Anwendung das OLG aber keinen Anlass gesehen habe.