BGH, Beschl. 6.3.2024 - XII ZB 159/23
Voraussetzungen einer Ehegatteninnengesellschaft
Autor: VPräsOLG a.D. Reinhardt Wever, Bremen
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 06/2024
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 06/2024
Haben Eheleute ihre Vermögensbildung deshalb in der Weise gestaltet, dass die Ehefrau ein Unternehmen gründet und führt, in dem der Ehemann im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mitwirkt, damit Gläubiger des Ehemanns keinen Zugriff auf das gemeinsam zu schaffende Vermögen haben, spricht dies gegen das Zustandekommen einer Ehegatteninnengesellschaft.
BGB § 705, § 730, § 734
Das OLG habe mit tragfähiger Begründung angenommen, dass die Eheleute mit Blick auf die wirtschaftliche Situation des Ehemanns bewusst die Eingehung einer gesellschaftsrechtlichen Beziehung sowie die damit verbundene Teilhabe des Ehemanns an dem zu erwirtschaftenden Vermögen vermieden und eine andere rechtliche Gestaltung gewählt hätten: die unternehmerische Betätigung über eine von der Ehefrau als Alleingesellschafterin gegründete GmbH unter Mitwirkung des Ehemanns im Rahmen eines – nicht nur zum Schein geschlossenen – Arbeitsverhältnisses. Diese ausdrücklich gewählte Rechtsgestaltung lasse keinen Raum für eine daneben begründete Ehegatteninnengesellschaft. Das OLG habe rechtsfehlerfrei dem Interesse der Eheleute, das gemeinsam zu schaffende Vermögen dem Zugriff der Gläubiger des Mannes zu entziehen, maßgebliches Gewicht beigemessen und sei auf dieser Grundlage zu der nicht zu beanstandenden Annahme gelangt, dass die Ehegatten eine gesellschaftsrechtliche Verbindung gerade nicht hätten begründen wollen. Denn eine bei einer Innengesellschaft bestehende schuldrechtliche Beteiligung an der mittels der GmbH erzielten Wertschöpfung sei pfändbar gewesen. Nur durch die gewählte Rechtsgestaltung unter Vermeidung einer Ehegatteninnengesellschaft habe das Ziel der Eheleute, das durch beiderseitigen Einsatz gebildete, in der GmbH verkörperte Vermögen vor dem Zugriff der Gläubiger des Mannes zu schützen, verwirklicht werden können.
BGB § 705, § 730, § 734
Das Problem
In der in Gütertrennung geführten Ehe hatte die Ehefrau, kurz bevor der Ehemann im Jahr 2012 Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des von ihm geführten Unternehmens und wenig später über sein eigenes Vermögen stellte, als Alleingesellschafterin eine GmbH gegründet und die Geschäftsführung übernommen. Der Ehemann wurde zu einem monatlichen Bruttolohn von 1.950 €, später erhöht auf 2.500 €, als Verkehrsleiter angestellt. Die Gewinne der Gesellschaft, das Gehalt der Ehefrau und der Lohn des Ehemanns wurden auf ein Girokonto der Ehefrau gezahlt, für das der Mann Kontovollmacht hatte. Nach der 2018 erfolgten Trennung der Eheleute wurde der Bruttolohn des Ehemanns auf 7.300 € erhöht. Zum gleichen Zeitpunkt wurde dem Ehemann Restschuldbefreiung erteilt. Wenig später kündigte die Ehefrau das Arbeitsverhältnis des Mannes fristlos. Sie selbst veräußerte die GmbH, blieb aber als Geschäftsführerin angestellt. Mit Blick auf einen möglichen Auseinandersetzungsanspruch des Ehemanns nach Auflösung einer etwa zwischen den Eheleuten zustande gekommenen Ehegatteninnengesellschaft mit dem Zweck des Betriebs der GmbH ordnete das Insolvenzgericht die Nachtragsverteilung an. Als mit der Nachtragsverteilung beauftragter früherer Insolvenzverwalter macht nun der Antragsteller gegen die Ehefrau als Antragsgegnerin einen Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens nach Auflösung einer etwaigen Ehegatteninnengesellschaft geltend. Ausgehend von einem hälftigen Auseinandersetzungsanspruch des Ehemanns verfolgt er einen Teilanspruch in Höhe der Hälfte des Eigenkapitals der GmbH von rund 826.000 €. AG und OLG haben den Antrag abgewiesen.Die Entscheidung des Gerichts
Der BGH bestätigt die Antragsabweisung. Die Beurteilung des OLG, eine Ehegatteninnengesellschaft sei zwischen der Antragsgegnerin und ihrem Ehemann nicht zustande gekommen, sei rechtsfehlerfrei. Der BGH legt die von ihm in langjähriger Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für das stillschweigende Zustandekommen einer Ehegatteninnengesellschaft und die dabei zu berücksichtigenden Indizien im Einzelnen dar. Maßgeblich sei, welche Zielvorstellungen die Ehegatten mit ihrer Vermögensbildung verfolgen, insbesondere ob sie mit ihrer Tätigkeit einen über die bloße Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck erreichen wollen, und ob ihrem Tun die Vorstellung zugrunde liegt, dass das gemeinsam geschaffene Vermögen wirtschaftlich betrachtet nicht nur dem formal Berechtigten, sondern auch dem anderen Ehegatten zustehen soll. Ein Zusammenschluss zu einer Ehegatteninnengesellschaft durch schlüssiges Verhalten sei nur anzunehmen, wenn aus dem Verhalten der Eheleute deren Wille deutlich werde, neben der ehelichen Gemeinschaft eine rechtliche Bindung gesellschaftsrechtlicher Art einzugehen, wobei sie sich dieser rechtlichen Einordnung nicht bewusst sein müssten. Die Annahme einer durch schlüssiges Verhalten zustande gekommenen Innengesellschaft dürfe aber nicht zu den von den Ehegatten ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen in Widerspruch stehen. Vielmehr gingen ausdrückliche Abreden einem nur konkludent zum Ausdruck gekommenen Willen vor. Gegen einen auf Gründung einer Ehegatteninnengesellschaft gerichteten Rechtsbindungswillen könne sprechen, dass die dingliche Zuordnung des Geschäftsvermögens zu nur einem der Ehegatten dem Zweck diente, gemeinsam aufgebautes oder zu schaffendes Vermögen den Gläubigern des anderen Ehegatten vorzuenthalten (sog. haftungsgünstige Vermögensverteilung).Das OLG habe mit tragfähiger Begründung angenommen, dass die Eheleute mit Blick auf die wirtschaftliche Situation des Ehemanns bewusst die Eingehung einer gesellschaftsrechtlichen Beziehung sowie die damit verbundene Teilhabe des Ehemanns an dem zu erwirtschaftenden Vermögen vermieden und eine andere rechtliche Gestaltung gewählt hätten: die unternehmerische Betätigung über eine von der Ehefrau als Alleingesellschafterin gegründete GmbH unter Mitwirkung des Ehemanns im Rahmen eines – nicht nur zum Schein geschlossenen – Arbeitsverhältnisses. Diese ausdrücklich gewählte Rechtsgestaltung lasse keinen Raum für eine daneben begründete Ehegatteninnengesellschaft. Das OLG habe rechtsfehlerfrei dem Interesse der Eheleute, das gemeinsam zu schaffende Vermögen dem Zugriff der Gläubiger des Mannes zu entziehen, maßgebliches Gewicht beigemessen und sei auf dieser Grundlage zu der nicht zu beanstandenden Annahme gelangt, dass die Ehegatten eine gesellschaftsrechtliche Verbindung gerade nicht hätten begründen wollen. Denn eine bei einer Innengesellschaft bestehende schuldrechtliche Beteiligung an der mittels der GmbH erzielten Wertschöpfung sei pfändbar gewesen. Nur durch die gewählte Rechtsgestaltung unter Vermeidung einer Ehegatteninnengesellschaft habe das Ziel der Eheleute, das durch beiderseitigen Einsatz gebildete, in der GmbH verkörperte Vermögen vor dem Zugriff der Gläubiger des Mannes zu schützen, verwirklicht werden können.