BGH, Beschl. 7.12.2016 - XII ZB 422/15
Beweislast des volljährigen Kindes im Abänderungsverfahren
Autor: RiOLG Dr. Dagny Liceni-Kierstein, Brandenburg/Havel
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 04/2017
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 04/2017
Das volljährig gewordene Kind trägt im Abänderungsverfahren die Darlegungs- und Beweislast für alle Umstände, die den Fortbestand seines titulierten Unterhaltsanspruchs rechtfertigen; hierzu gehören die Haftungsanteile beider Eltern gem. § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB. Diese Beweislastverteilung gilt auch dann, wenn der Unterhaltstitel aus der Zeit der Minderjährigkeit stammt und der früher allein barunterhaltspflichtige Elternteil seinen Herabsetzungsantrag auf eine Mithaftung des vormals betreuenden Elternteils stützt.
BGH, Beschl. v. 7.12.2016 - XII ZB 422/15
Vorinstanz: OLG Karlsruhe - 5 UF 238/13
BGB §§ 1601, 1606 Abs. 3 S. 1; FamFG § 113 Abs. 1, 238, 239; ZPO § 138 Abs. 2
Verlangt das volljährige Kind erstmalig Ausbildungsunterhalt von einem Elternteil, so hat es nach den allgemeinen Regeln der Beweislast grundsätzlich auch die Haftungsanteile beider Eltern gem. § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB – und damit das beiderseitige Elterneinkommen – darzulegen und ggf. zu beweisen. In Rechtsprechung und Literatur besteht Streit, ob diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast auch im Rahmen eines Abänderungsverfahrens gilt, das – wie im Streitfall im Hinblick auf den Widerantrag des Vaters – von dem früher allein barunterhaltspflichtigen Elternteil geführt wird und das die Herabsetzung eines Titels über Kindesunterhalt aus der Zeit der Minderjährigkeit des inzwischen volljährigen Kindes zum Gegenstand hat.
BGH, Beschl. v. 7.12.2016 - XII ZB 422/15
Vorinstanz: OLG Karlsruhe - 5 UF 238/13
BGB §§ 1601, 1606 Abs. 3 S. 1; FamFG § 113 Abs. 1, 238, 239; ZPO § 138 Abs. 2
Das Problem
Anders als der Ehegattenunterhalt, dem für die Zeit vor und nach der Scheidung jeweils andere Anspruchsgrundlagen zugrunde liegen, beruht der Unterhalt minderjähriger und volljähriger Kinder auf derselben Anspruchsgrundlage. Minderjährigen- und Volljährigenunterhalt sind daher identisch. Dementsprechend dauert die Unterhaltsverpflichtung des während der Minderjährigkeit allein barunterhaltspflichtigen Elternteils gem. § 1601 BGB über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus fort. Wegen der Identität der Unterhaltsansprüche gilt auch ein während der Minderjährigkeit geschaffener Unterhaltstitel – bis zu seiner Abänderung – unverändert weiter. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist es erforderlich, mit einem Abänderungsantrag gegen den während der Zeit der Minderjährigkeit titulierten Kindesunterhalt vorzugehen, wenn der zuvor allein barunterhaltspflichtige Elternteil nach Eintritt der Volljährigkeit unter Hinweis auf die Mithaftung des früheren Betreuungselternteils eine Herabsetzung seiner festgelegten Unterhaltsverpflichtung begehrt.Verlangt das volljährige Kind erstmalig Ausbildungsunterhalt von einem Elternteil, so hat es nach den allgemeinen Regeln der Beweislast grundsätzlich auch die Haftungsanteile beider Eltern gem. § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB – und damit das beiderseitige Elterneinkommen – darzulegen und ggf. zu beweisen. In Rechtsprechung und Literatur besteht Streit, ob diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast auch im Rahmen eines Abänderungsverfahrens gilt, das – wie im Streitfall im Hinblick auf den Widerantrag des Vaters – von dem früher allein barunterhaltspflichtigen Elternteil geführt wird und das die Herabsetzung eines Titels über Kindesunterhalt aus der Zeit der Minderjährigkeit des inzwischen volljährigen Kindes zum Gegenstand hat.