BGH, Urt. 12.7.2023 - VIII ZR 60/22

Mietpreisbremse: Verjährung des Auskunftsanspruchs

Autor: Prof. Dr. Ulf Börstinghaus, Gelsenkirchen
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 09/2023
1. Der Anspruch auf Erteilung einer Auskunft gem. § 556g Abs. 3 BGB über Tatsachen, die zur Ermittlung der maximalen Wiedervermietungsmiete bekannt sein müssen, verjährt selbständig und unabhängig von einem eventuellen Anspruch auf Rückzahlung vermeintlich überzahlter Miete.2. Die Verjährungsfrist für diesen Auskunftsanspruch des Mieters beginnt abweichend von § 199 Abs. 1 BGB nicht bereits mit dessen Entstehung im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses, sondern erst mit dem entsprechenden Auskunftsverlangen des Mieters.

BGB § 556g Abs. 3; BGB § 199; BGB § 195; BGB § 557a; BGB § 557b

Das Problem

Aufgrund der Vorschriften über die Begrenzung der Wiedervermietungsmiete stehen dem Mieter gegenüber dem Vermieter verschiedene Ansprüche gem. § 556g BGB zu. Neben dem Anspruch auf Rückzahlung der vermeintlich überhöhten Miete für die Vergangenheit und Feststellung der maximal zulässigen Miete für die Zukunft, ist dies vor allem auch der Auskunftsanspruch hinsichtlich der für die Bemessung der maximalen Miethöhe relevanten Tatsachen. Fraglich war, ob dieser Anspruch überhaupt unabhängig von Zahlungsansprüchen verjähren kann und wann die entsprechende Verjährungsfrist ggf. beginnt.

Der BGH hat sich in vier Urteilen vom 12.7.2023 von verschiedenen Berufungskammern des LG Berlin die unterschiedliche Fallkonstellationen betrafen, aber auch unterschiedliche Auffassungen zu der Rechtsfrage vertraten, zu dieser Problematik beschäftigt.

Die Entscheidung des Gerichts

Der BGH hat in allen Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass der Auskunftsanspruch des Mieters gem. § 556g Abs. 3 BGB in der regelmäßigen – dreijährigen – Verjährungsfrist nach § 195 BGB verjährt. Dabei beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem entsprechenden Auskunftsverlangen des Mieters.

Anders als teilweise angenommen läuft die Verjährungsfrist unabhängig vom Rückzahlungsanspruch des Mieters gem. § 556g Abs. 1 BGB. Der Auskunftsanspruch kann somit sogar zeitlich vor dem Rückzahlungsanspruch verjähren. Es handelt sich zwar um einen Hilfsanspruch, jedoch unterscheidet er sich in einem Punkt vom ebenfalls als Hilfsanspruch ausgestalteten Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB, der grundsätzlich nicht vor dem jeweiligen Hauptanspruch verjährt. Der Mieter ist nämlich auf die Auskunft nicht zwingend angewiesen, um seinen Rückzahlungsanspruch überhaupt geltend machen zu können. Der Mieter benötigt die Antwort des Vermieters zu den preisbildenden Faktoren regelmäßig nicht, um einen Rückzahlungsanspruch gem. § 556g Abs. 1 BGB schlüssig darlegen und ggf. beweisen zu können. Das folgt aus der für die Mietpreisbremse geltenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Der Mieter muss nur den Grundtatbestand des § 556d Abs. 1 BGB beweisen, also die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete, sowie die Tatsache der erfolgten Rüge. Demgegenüber muss der Vermieter die Voraussetzungen für das Vorliegen der Ausnahmetatbestände der §§ 556e Abs. 1 und 2 sowie 556f S. 1 und 2 BGB darlegen und ggf. beweisen. Der Gesetzgeber geht dabei selbst davon aus, dass es dem Mieter zuzumuten ist, sich über die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete aus allgemein zugänglichen Quellen – insbesondere dem örtlichen Mietspiegel – zu informieren.

Grundsätzlich entsteht der Auskunftsanspruch mit dem Abschluss des Mietvertrages. Das bedeutet aber nicht, dass zu diesem Zeitpunkt auch die Verjährungsfrist zu laufen beginnt. Da es sich bei dem Auskunftsanspruch um einen verhaltenen Anspruch handelt, beginnt die Verjährungsfrist erst mit der Geltendmachung durch den Mieter. Verhaltene Ansprüche zeichnen sich dadurch aus, dass der Gläubiger die Leistung jederzeit verlangen kann, der Schuldner die Leistung jedoch nicht von sich aus erbringen muss. Genauso ist die Situation beim Auskunftsanspruch des Mieters gem. § 556g Abs. 3 BGB. Das Gesetz hat die Verpflichtung des Vermieters zur Auskunftserteilung von einem vorherigen Auskunftsverlangen des Mieters abhängig gemacht. Der Wortlaut der Norm – „auf Verlangen des Mieters“ – ist insofern eindeutig. Das entspricht auch dem Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs. Die Erteilung der Auskunft dient den Interessen des Mieters. Er soll die erforderlichen Informationen zur Überprüfung der Miethöhe erhalten, wenn er das möchte.

Bei solchen verhaltenen Ansprüchen kommt es für den Beginn der Verjährungsfrist auf den Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs an. Aus einer historischen Auslegung leitet der BGH ab, den Beginn der Verjährungsfrist verallgemeinernd anknüpfend an das Erfüllungsverlangen des Gläubigers zu verlegen. Daraus folgt dann für den Auskunftsanspruch nach § 556g Abs. 3 BGB, dass seine Verjährungsfrist in dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Mieter ihn gegenüber dem Vermieter geltend macht.


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