BGH, Urt. 13.1.2022 - I ZR 9/21
Werbekennzeichnungspflicht für Influencerbeiträge auf Instagram bei kostenloser Zurverfügungstellung von Waren und Dienstleistungen
Autor: RA Dr. Geert Johann Seelig, Fachanwalt für gewerblichen RechtsschutzLuther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hamburg
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 05/2022
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 05/2022
Fördert eine Influencerin durch einen Beitrag über Waren oder Dienstleistungen auf Instagram den Absatz eines fremden Unternehmens, so handelt es sich um kommerzielle Kommunikation im Sinne der medienrechtlichen Vorschriften, wenn ihr die Waren oder Dienstleistungen von dem durch den Beitrag begünstigten Unternehmen kostenlos zur Verfügung gestellt wurden.
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 u. 4, § 5a Abs. 6, § 8 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 3 Nr. 2; TMG § 1 Abs. 1 S. 1, § 2 S. 1 Nr. 1 u. 5., § 6 Abs. 1 Nr. 1; RStV § 58 Abs. 1; MStV § 22 Abs. 1 S. 1
Auf diesem Bild befanden sich ebenfalls „Tap Tags“.
Eine finanzielle Gegenleistung erhielt die Beklagte zwar nicht; der Friseurbesuch war jedoch für sie kostenlos.
Das LG Koblenz hat der Klage auf Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe stattgegeben; das OLG Koblenz hat die Berufung zurückgewiesen.
Kostenlose Dienstleistung stellt Gegenleistung dar: Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe aus § 8 Abs. 3 UWG zu. Das Handeln der Beklagten stelle sowohl eine geschäftliche Handlung zugunsten ihres eigenen Unternehmens als auch zugunsten des Friseursalons dar. Denn sie steigere durch den Post ihre Bekanntheit und ihren Werbewert. Zudem enthalte der Beitrag durch die Verlinkung auf die Website des Friseursalons einen werblichen Überschuss.
Der Beitrag sei zwar im Fließtext mit „Werbung“ gekennzeichnet, dies reiche jedoch für eine klare und deutliche Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks nicht aus.
Der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung zugunsten des Friseurs ergebe sich auch nicht aus den Umständen; anders jedoch der Zweck der geschäftlichen Handlung zugunsten des eigenen Unternehmens: Das Berufungsgericht habe zwar festgestellt, dass es einer analysierenden Betrachtung bedürfe, um die Beklagte als Influencerin zu identifizieren. Dies würde für eine Kennzeichnungspflicht sprechen. Jedoch fehle es an konkreten Feststellungen, warum die Beklagte nicht auf den ersten Blick als Influencerin erkennbar sei.
Der streitgegenständliche Beitrag genüge auch nicht den medienrechtlichen Regelungen. Ein kostenloser Friseurbesuch stelle ebenfalls eine entgeltliche Gegenleistung dar, so dass die geschäftliche Handlung der Beklagten auch nach den Vorschriften des TMG, des RStV und des MStV unzulässig und damit nach § 5a Abs. 6 UWG unlauter sei.
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 u. 4, § 5a Abs. 6, § 8 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 3 Nr. 2; TMG § 1 Abs. 1 S. 1, § 2 S. 1 Nr. 1 u. 5., § 6 Abs. 1 Nr. 1; RStV § 58 Abs. 1; MStV § 22 Abs. 1 S. 1
Das Problem
Auch in diesem Verfahren trat der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. als Klägerin auf. Die Beklagte ist Influencerin und präsentiert in sozialen Medien in privater Aufmachung zu erwerbende Waren mit Bildern und Beschreibungen. Nachdem sie von der Klägerin abgemahnt wurde und sie sich einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung unterwarf, veröffentlichte sie folgendes Bild auf Instagram:Auf diesem Bild befanden sich ebenfalls „Tap Tags“.
Eine finanzielle Gegenleistung erhielt die Beklagte zwar nicht; der Friseurbesuch war jedoch für sie kostenlos.
Das LG Koblenz hat der Klage auf Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe stattgegeben; das OLG Koblenz hat die Berufung zurückgewiesen.
Die Entscheidung des Gerichts
Die Revision wird zurückgewiesen.Kostenlose Dienstleistung stellt Gegenleistung dar: Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe aus § 8 Abs. 3 UWG zu. Das Handeln der Beklagten stelle sowohl eine geschäftliche Handlung zugunsten ihres eigenen Unternehmens als auch zugunsten des Friseursalons dar. Denn sie steigere durch den Post ihre Bekanntheit und ihren Werbewert. Zudem enthalte der Beitrag durch die Verlinkung auf die Website des Friseursalons einen werblichen Überschuss.
Der Beitrag sei zwar im Fließtext mit „Werbung“ gekennzeichnet, dies reiche jedoch für eine klare und deutliche Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks nicht aus.
Der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung zugunsten des Friseurs ergebe sich auch nicht aus den Umständen; anders jedoch der Zweck der geschäftlichen Handlung zugunsten des eigenen Unternehmens: Das Berufungsgericht habe zwar festgestellt, dass es einer analysierenden Betrachtung bedürfe, um die Beklagte als Influencerin zu identifizieren. Dies würde für eine Kennzeichnungspflicht sprechen. Jedoch fehle es an konkreten Feststellungen, warum die Beklagte nicht auf den ersten Blick als Influencerin erkennbar sei.
Der streitgegenständliche Beitrag genüge auch nicht den medienrechtlichen Regelungen. Ein kostenloser Friseurbesuch stelle ebenfalls eine entgeltliche Gegenleistung dar, so dass die geschäftliche Handlung der Beklagten auch nach den Vorschriften des TMG, des RStV und des MStV unzulässig und damit nach § 5a Abs. 6 UWG unlauter sei.