BGH, Urt. 13.9.2023 - VIII ZR 109/22
Untervermietung: Zustimmungsanspruch des Mieters einer Ein-Zimmer-Wohnung
Autor: RA Dr. Rainer Burbulla, Langguth & Burbulla Rechtsanwälte PartG mbB, Düsseldorf
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 12/2023
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 12/2023
1. Von einer Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte im Sinne der Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB ist regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt (Bestätigung von BGH v. 11.6.2014 – VIII ZR 349/13, MDR 2014, 887 = MietRB 2014, 225 [Harsch]).2. Danach kann ein Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte grundsätzlich auch bei einer Ein-Zimmer-Wohnung gegeben sein.
BGB § 553 Abs. 1
Dass es sich bei der Mietwohnung um eine Ein-Zimmer-Wohnung handele, stehe dem Anspruch aus § 553 Abs. 1 S. 1 BGB nicht entgegen. Denn § 553 Abs. 1 BGB stelle weder quantitative Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Anteils des Wohnraums noch qualitative Anforderungen bezüglich dessen weiterer Nutzung durch den Mieter auf (Hinweis auf BGH v. 11.6.2014 – VIII ZR 349/13, MDR 2014, 887 = MietRB 2014, 225 [Harsch]). Der Gesetzeswortlaut stehe dem Anspruch auf Untervermietung einer Ein-Zimmer-Wohnung daher nicht entgegen. § 553 Abs. 1 S. 1 BGB mache den Anspruch auf Gestattung der Untervermietung lediglich vom Vorliegen eines berechtigten Interesses des Mieters sowie davon abhängig, dass er einem Dritten nur einen Teil des Wohnraums überlässt. Auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergebe sich nicht, dass der Gesetzgeber einen Anspruch auf Erteilung einer Untervermietungserlaubnis allein bei Mehrzimmerwohnungen gewähren wollte. § 553 BGB entspreche – von geringfügigen redaktionellen Änderungen abgesehen – § 549 Abs. 2 BGB a.F. Letzter wurde in das Mietrecht eingeführt, um einen billigen Ausgleich zwischen den Interessen des Vermieters und denen des Mieters zu schaffen. Dem Mieter, der die gemietete Wohnung einem Dritten zum Gebrauch überlassen will, stand bis zur Einführung des § 549 Abs. 2 BGB a.F. nach § 549 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. lediglich die Möglichkeit einer Kündigung des Mietverhältnisses zu, sofern der Vermieter die erforderliche Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung verweigert. Dieses Kündigungsrecht sollte bei Vorliegen eines nach dem Mietvertragsabschluss entstandenen berechtigten Interesses des Mieters, einen Teil des Wohnraumes einem Dritten zu überlassen, durch einen gesetzlichen Anspruch auf Gestattung der Untervermietung ergänzt werden (vgl. BT-Drucks. IV/806, 9 sowie Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. IV/2195, 3 f.). Insofern sollte die Neuregelung des § 549 Abs. 2 BGB a.F. nur eingreifen, wenn der Mieter einen Teil des Mietraumes, nicht dagegen, wenn er „den ganzen Mietraum“ einem Dritten überlassen will. Dass der Gesetzgeber bei der Ausfüllung des von ihm angenommenen Regelungsbedarfs zwischen Wohnungen mit mehreren Zimmern und solchen mit nur einem Zimmer unterscheiden wollte, lasse sich der Gesetzgebungsgeschichte nicht entnehmen. Gegen den Ausschluss von Ein-Zimmer-Wohnungen aus dem Anwendungsbereich des § 553 Abs. 1 BGB spreche auch der mieterschützende Zweck der Norm. Dieser liege darin, dem Mieter den Wohnraum möglichst zu erhalten. Zudem spreche für die Anwendung der in der heutigen Gesellschaft an Bedeutung zunehmende Aspekt der Mobilität und Flexibilität.
BGB § 553 Abs. 1
Das Problem
Der Mieter bat den Vermieter wegen eines beruflichen Auslandsaufenthalts um die Gestattung einer (zeitweisen) Untervermietung seiner Ein-Zimmer-Wohnung. Dies lehnte der Vermieter ab. Während seines (angekündigten) Auslandsaufenthalts lagerte der Mieter seine in der (untervermieteten) Wohnung verbliebenen persönlichen Gegenstände dort u.a. in einem Schrank und einer Kommode. Ferner blieb er im Besitz eines Wohnungsschlüssels.Die Entscheidung des Gerichts
Der Senat bejaht einen Anspruch des Mieters auf Gestattung der befristeten, teilweisen Gebrauchsüberlassung der Ein-Zimmer-Wohnung an den Untermieter gem. § 553 Abs. 1 BGB. Ein berechtigtes Interesse des Mieters i.S.d. § 553 Abs. 1 S. 1 BGB sei schon dann anzunehmen, wenn ihm vernünftige Gründe zur Seite stehen, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen (Hinweis auf BGH v. 11.6.2014 – VIII ZR 349/13, MDR 2014, 887 = MietRB 2014, 225 (Harsch); BGH v. 3.10.1984 – VIII ARZ 2/84, MDR 1985, 401 = BGHZ 92, 213, 218 [zu § 549 Abs. 2 S. 1 BGB a.F.]). Hierbei sei als berechtigt jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht (Hinweis auf BGH v. 11.6.2014 – VIII ZR 349/13, MDR 2014, 887 = MietRB 2014, 225 (Harsch); BGH v. 23.11.2005 – VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200 = MietRB 2006, 160 [Eupen]). Das berechtigte Interesse an der Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte setze dabei nicht voraus, dass die Wohnung auch nach der Untervermietung Lebensmittelpunkt des Mieters bleibt (Hinweis auf BGH v. 23.11.2005 – VIII ZR 4/05, MDR 2006, 740 = NJW 2006, 1200 = MietRB 2006, 160 [Eupen]). Daher sei der Wunsch des Mieters, der unter Beibehaltung seiner Wohnung eine (befristete) berufliche Tätigkeit im Ausland aufgenommen hat, nach einer Verringerung der von ihm zu tragenden Mietaufwendungen ohne weiteres als berechtigtes Interesse an der Untervermietung eines Teils der Wohnung anzuerkennen.Dass es sich bei der Mietwohnung um eine Ein-Zimmer-Wohnung handele, stehe dem Anspruch aus § 553 Abs. 1 S. 1 BGB nicht entgegen. Denn § 553 Abs. 1 BGB stelle weder quantitative Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Anteils des Wohnraums noch qualitative Anforderungen bezüglich dessen weiterer Nutzung durch den Mieter auf (Hinweis auf BGH v. 11.6.2014 – VIII ZR 349/13, MDR 2014, 887 = MietRB 2014, 225 [Harsch]). Der Gesetzeswortlaut stehe dem Anspruch auf Untervermietung einer Ein-Zimmer-Wohnung daher nicht entgegen. § 553 Abs. 1 S. 1 BGB mache den Anspruch auf Gestattung der Untervermietung lediglich vom Vorliegen eines berechtigten Interesses des Mieters sowie davon abhängig, dass er einem Dritten nur einen Teil des Wohnraums überlässt. Auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergebe sich nicht, dass der Gesetzgeber einen Anspruch auf Erteilung einer Untervermietungserlaubnis allein bei Mehrzimmerwohnungen gewähren wollte. § 553 BGB entspreche – von geringfügigen redaktionellen Änderungen abgesehen – § 549 Abs. 2 BGB a.F. Letzter wurde in das Mietrecht eingeführt, um einen billigen Ausgleich zwischen den Interessen des Vermieters und denen des Mieters zu schaffen. Dem Mieter, der die gemietete Wohnung einem Dritten zum Gebrauch überlassen will, stand bis zur Einführung des § 549 Abs. 2 BGB a.F. nach § 549 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. lediglich die Möglichkeit einer Kündigung des Mietverhältnisses zu, sofern der Vermieter die erforderliche Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung verweigert. Dieses Kündigungsrecht sollte bei Vorliegen eines nach dem Mietvertragsabschluss entstandenen berechtigten Interesses des Mieters, einen Teil des Wohnraumes einem Dritten zu überlassen, durch einen gesetzlichen Anspruch auf Gestattung der Untervermietung ergänzt werden (vgl. BT-Drucks. IV/806, 9 sowie Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. IV/2195, 3 f.). Insofern sollte die Neuregelung des § 549 Abs. 2 BGB a.F. nur eingreifen, wenn der Mieter einen Teil des Mietraumes, nicht dagegen, wenn er „den ganzen Mietraum“ einem Dritten überlassen will. Dass der Gesetzgeber bei der Ausfüllung des von ihm angenommenen Regelungsbedarfs zwischen Wohnungen mit mehreren Zimmern und solchen mit nur einem Zimmer unterscheiden wollte, lasse sich der Gesetzgebungsgeschichte nicht entnehmen. Gegen den Ausschluss von Ein-Zimmer-Wohnungen aus dem Anwendungsbereich des § 553 Abs. 1 BGB spreche auch der mieterschützende Zweck der Norm. Dieser liege darin, dem Mieter den Wohnraum möglichst zu erhalten. Zudem spreche für die Anwendung der in der heutigen Gesellschaft an Bedeutung zunehmende Aspekt der Mobilität und Flexibilität.