BGH, Urt. 15.6.2023 - I ZR 179/22

Einschränkung des Rechts auf Urheberbenennung durch AGB

Autor: RA Daniel Elgert, Fachanwalt für IT-Recht, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, MICHELS WILMES Rechtsanwälte, Münster, Paderborn
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 11/2023
Das Recht des Urhebers auf Anbringung der Urheberbezeichnung gem. § 13 Satz 2 UrhG ist in seinem Kern unverzichtbar.Außerhalb dieses unverzichtbaren Kerns steht es dem Urheber frei, selbst über das Recht auf Namensnennung zu verfügen und auf dieses Recht durch entsprechende Vereinbarungen zu verzichten oder Einschränkungen hinzunehmen. Durch eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann das Recht auf Urheberbenennung wirksam eingeschränkt oder darauf verzichtet werden. Solche Vereinbarungen unterliegen allerdings Grenzen, deren Überschreitung gem. § 138 Abs. 1 BGB und – soweit Allgemeine Geschäftsbedingungen in Rede stehen – gem. § 307 Abs. 1 und 2 BGB zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führt. Im Rahmen der bei der Prüfung dieser Bestimmungen vorzunehmenden Gesamtabwägung sind sowohl die Interessen von Urheber und Vertragspartner als auch die jeweiligen vertragsrelevanten Umstände wie die Art des Werks sowie der Zweck und die Dauer der Vereinbarung in den Blick zu nehmen. Zu berücksichtigen sind der sachliche und zeitliche Umfang der in Rede stehenden Einschränkung des Namensnennungsrechts. Dabei kommt es etwa darauf an, ob die Einschränkung nur bestimmte Werke oder bestimmte Nutzungen betrifft und nur für eine bestimmte Zeit gelten oder widerruflich sein soll oder aber der Urheber sich pauschal und dauerhaft zum Verzicht auf die Ausübung seines Namensnennungsrechts verpflichtet hat. Im Rahmen der Abwägung können zudem Verkehrsgewohnheiten und Branchenübungen berücksichtigt werden.

UrhG §§ 13 S. 1 u. 2, 11, 13, 97, 97a Abs. 3, Abs: 4 S. 1; BGB §§ 138 Abs. 1, 305 Abs. 1 S. 1, 307 Abs. 1 S. 1 u. 2, Abs. 2 Nr. 1

Das Problem

Die Parteien streiten über die Verletzung des Rechtes auf Urheberbenennung des Klägers. Dieser ist Berufsfotograf und vermarktet und lizenziert seine Fotografien ausschließlich über sog. Microstock-Portale, die für den Kunden den Vorteil haben, Fotografien zu günstigen Lizenzgebühren nutzen zu können. Für den Fotografen bieten sie den Vorteil eines geringen Aufwands in zeitlicher und finanzieller Hinsicht bei der Vermarktung und einer hohen Reichweite, so dass in Summe ein angemessenes Lizenzhonorar erzielt werden kann. Der Kläger ist sehr erfolgreich. Er erzielt bei der Vermarktung eine große Reichweite und kann fast 900.000 Lizenzierungen verzeichnen.

Der Kläger schloss mit einem Microstock-Portal einen vom Portal vorformulierten Upload-Vertrag, mit dem der Kläger dem Portal eine nicht ausschließliche Lizenz zur Nutzung der Fotografien des Klägers sowie das Recht zur Unterlizenzierung an Portal-Kunden einräumte.

Der Upload-Vertrag sieht u.a. vor, dass der Kunde, der eine nicht-exklusive Lizenz erhält, zur Urheberbenennung berechtigt, jedoch nicht verpflichtet ist.

Die Bedingungen des Upload-Portals sehen ebenfalls vor, dass eine Vertragsbeendigung durch Entfernung eines Werkes möglich ist.

Der Beklagte hat bei dem Portal eine Fotografie des Klägers heruntergeladen und für seine Internetseite verwendet, ohne den Kläger als Urheber zu benennen. Dieser sieht hierdurch sein Recht auf Urheberbenennung verletzt und nimmt den Beklagten auf Unterlassung, Schadensersatz und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.

Die Entscheidung des Gerichts

Der BGH hat die Revision des bereits in den Vorinstanzen (LG Kassel, Urt. v. 5.7.2021 – 10 O 2109/20 und OLG Frankfurt, Urt. v. 29.9.2022 – 11 U 95/21) unterlegenen Klägers zurückgewiesen.

Grundsätzlich kann nach den Ausführungen des BGH eine Verletzung des Rechts des Urhebers auf Namensnennung nach § 13 UrhG Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz nach § 97 UrhG auslösen. Denn das in § 13 S. 2 UrhG geregelte Namensbenennungsrecht sei Ausfluss und besondere Erscheinungsform des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft i.S.d. § 13 S. 1 UrhG.

Nach Ansicht des BGH hält die Bewertung des Berufungsgerichts, dass durch den Abschluss des Upload-Vertrages mit dem Microstock-Portal ein wirksamer Verzicht des Klägers auf sein Recht zu Urheberbenennung vorliegt, einer rechtlichen Überprüfung stand. Auch wenn dieses Recht in seinem Kern unverzichtbar sei, so sei es außerhalb dieses unverzichtbaren Kerns vertraglichen Einschränkungen zugänglich. Nach den Ausführungen des BGH steht dem Urheber, welcher entscheiden kann, ob sein Werk mit einer Urheberbenennung zu bezeichnen ist und mit welcher, ebenso frei, auf eine solche zu verzichten oder in Nutzungen einzuwilligen, die dieses Recht beeinträchtigen. Dies könne dann grundsätzlich auch durch eine ausdrücklich oder stillschweigend getroffene vertragliche Vereinbarung zwischen Urheber und Werkverwerter erfolgen.

Allerdings sind solchen vertraglichen Vereinbarungen nach dem BGH auch Grenzen gesetzt, deren Überschreitung zur Unwirksamkeit einer entsprechen getroffenen Vereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB und bei Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen gem. § 307 Abs. 1 und 2 BGB führt. Bei der Bewertung der Unwirksamkeit sei eine Gesamtabwägung vorzunehmen, welche sowohl die Interessen von Urheber und Vertragspartner als auch die jeweiligen vertragsrelevanten Umstände zu berücksichtigen hat. Wesentliche vom BGH genannte Aspekte sind der sachlich und zeitliche Umfang der Einschränkung des Rechts auf Namensnennung, der Umstand, ob die Einschränkung lediglich bestimmte Werke oder bestimmte Nutzungsarten betrifft oder nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ob die Einschränkung unwiderruflich sein soll oder aber, ob eine Verpflichtung des Urhebers vorliegt, welcher einen pauschalen und dauerhaften Verzicht auf die Ausübung seines Namensnennungsrechts zum Gegenstand hat. Zudem sollen auch Verkehrsgewohnheiten und Branchenübungen Einfluss in die Bewertung nehmen.

All diese Kriterien wurden für den BGH durch das Berufungsgericht zutreffend angewandt und berücksichtigt. So kam das Berufungsgericht nach Ansicht des BGH zutreffend zu der Annahme, dass hier Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen, deren Auslegung ergibt, dass der Urheber, der den Upload-Vertrag mit dem Microstock-Portal abschließt, auf eine Urhebernennung verzichtet. Der BGH stimmt mit dem Berufungsgericht auch überein, dass keine unangemessene Benachteiligung des Klägers gegeben sei. Der BGH führt aus, dass die relevanten Bestimmungen des Upload-Vertrages zwar von der gesetzlichen Regelung des § 13 S. 2 UrhG abweichen und diese Abweichung auch mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 13 S. 2 UrhG nicht zu vereinbaren ist. Nach den Ausführungen des BGH reduziert sich der wesentliche Grundgedanke der vorgenannten Regelung nämlich nicht auf die Freiheit des Urhebers, über die Ausübung seines Namensnennungsrechts zu entscheiden und hierauf auch verzichten zu können. Vielmehr liege nach den Ausführungen des BGH die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers darin, dem Urheber eines im Kern unverzichtbares Recht auf Anerkennung seiner geistigen und persönlichen Beziehungen zu seinem Werk durch die namentliche Benennung zu gewähren und nicht lediglich in einem Selbstbestimmungsrecht des Urhebers was die Ausübung dieses Rechts oder eine Einwilligung in einen Eingriff darin angeht. Nach Ansicht des BGH ist das Recht des Urhebers, über die Ausübung seines Rechts aus § 13 S. 2 UrhG zu disponieren, ein Ausfluss allgemeiner Rechtsprinzipien und sei damit für die auf die spezifische gesetzliche Regelung abstellende Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht entscheidend.

Obwohl der Upload-Vertrag mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 13 S. 2 UrhG nicht vereinbar sei, sieht der BGH keine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, da die gesetzliche Vermutung der Unwirksamkeit hier widerlegt sei.

Der BGH ist der Meinung, dass das Berufungsgericht bei der Bewertung, ob der Verzicht des Klägers auf Nennung als Urheber eine unangemessene Benachteiligung darstellt, zutreffend bewertet habe und obwohl ein Verstoß gegen das gesetzliche Leitbild des § 13 S. 2 UrhG vorliege, sei darin keine unangemessene Benachteiligung zu sehen. Denn der Urheber und so auch der Kläger habe sich mit Vertragsabschluss aus freien Stücken dafür entschieden, seine Werke über das Microstock-Portal zu vermarkten mit dem Zweck der Erzielung einer hinreichenden Vergütung sowie der Vorteile des Geschäftsmodells eines Microstock-Portals, welches auf einer hohen Reichweite beruht und der Vermeidung eines mit einer eigenständigen Vermarktung verbundenen zeitlichen und finanziellen Aufwands. Die hohe Attraktivität durch die Möglichkeit einer hohen Anzahl von Unterlizenzierungen wäre nach den Ausführungen des Berufungsgerichts, denen sich der BGH anschließt, nicht gegeben, wenn ein Nutzer den Aufwand hätte, für jede Nutzung eines auf dem Portal zur Verfügung gestellten Werkes den Urheber zu benennen oder einen entsprechenden Verzicht einzuholen. Somit ermögliche der Verzicht des Urhebers auf sein Urheberbenennungsrecht die für das Geschäftsmodell unabdingbare große Reichweite des Microsoft-Portals und die Erteilung einer großen Anzahl von Unterlizenzen, was für den Urheber von Vorteil sei und die im jeweiligen Einzelfall für die Unterlizenzen zu entrichtende geringe Lizenzgebühr kompensiere.

Der BGH sieht keine unangemessene Benachteiligung durch den fehlenden Marketingeffekt, welcher grundsätzlich mit einer Urheberbenennung verbunden ist, da ein solcher Marketingeffekt gerade bei Urhebern, die keine eigenständige individuelle Lizenzierung vornehmen, sondern ihre Werke ausschließlich über Microstock-Agenturen lizenzieren, nicht die entsprechende wirtschaftliche Bedeutung habe. Auch stehe es dem Urheber frei, den Vertrag mit dem Microstock-Portal zu beenden und sich damit wieder das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft für künftige Nutzungen zu verschaffen.

Der BGH erkennt keinen Nachteil darin, dass hier sowohl ein Verzicht des Urhebers auf Namensnennung als auch geringe Lizenzgebühren und eine fehlende gegenseitige Kompensation dieser beiden Faktoren im Raum stehen. Vielmehr besteht hier für den Urheber der Vorteil des Geschäftsmodell des Microstock-Portals, nämlich die Erzielung von für den Urheber im Ergebnis auskömmlicher Lizenzerlöse und die damit verbundene Ausrichtung auf ein „Massengeschäft“ und entsprechend „massentaugliche“ Lizenzbedingungen für die Kunden des Portals.

Letztlich ist es nach den Ausführungen des Gerichts eine freie Entscheidung des Klägers, welcher Agentur und der damit verbundenen Form der Vermarktung er sich bedient. Im konkreten Fall sticht für den BGH der Profit im Vergleich zu dem Verzicht auf Namensnennung bei der Vermarktung über das streitgegenständliche Microstock-Portal klar heraus, unabhängig davon, ob der jeweilige Urheber eine ausschließliche Lizenzierung über solche Agenturen vornimmt oder nicht.

Das Gericht stellte zudem heraus, dass hier kein genereller Verzicht des Klägers auf eine Urheberbenennung vorliegt. Denn diesem ist es nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen einfach möglich, eine Vertragsbeendigung durch Entfernung des Werkes von dem Portal herbeizuführen und sich damit wieder das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft zu verschaffen. Zudem liegt ein Verzicht auf das Urheberbenennungsrecht auch lediglich gegenüber den Kunden des Portals vor.

Und dies betrifft nach der Auffassung des BGH auch nur bestimmte Werke, da zwar grundsätzlich während der Vertragslaufzeit mit dem Microstock-Portal sämtliche Werke von einem Verzicht auf Urheberbenennung betroffen sind, es jedoch der Kläger in der Hand hat, zu entscheiden, für welche Werke dies gelten soll, indem er sie auf dem Portal hochlädt.

Nach Ansicht des BGH liegt letztlich die Ausgestaltung des Upload-Vertrages auch am nachvollziehbaren Geschäftsmodell des Microstock-Portals, hier einheitliche Regelungen für eine Vielzahl hochgeladener Fotografien im Verhältnis zu einer unbestimmten Anzahl möglicher Kunden zu schaffen.


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