BGH, Urt. 15.9.2021 - VIII ZR 76/20

Kündigungsausschluss in der Zwangsversteigerung

Autor: Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 12/2021
Der Ausübung des Sonderkündigungsrechts des Erstehers nach § 57a ZVG stehen, wenn die Zuschlagserteilung zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen erfolgt, Kündigungsbeschränkungen – hier: Ausschluss der Eigenbedarfskündigung –, die zwischen dem Mieter und dem vormaligen Vermieter vereinbart worden sind, nicht entgegen.

BGB § 573d, § 573 Abs. 2 Nr. 2; ZVG § 57a

Das Problem

Laut Mietvertrag ist eine Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter ausgeschlossen. Die Wohnung wird zwangsversteigert. Es erfolgte die Versteigerung im Doppelausgebot (§ 59 Abs. 2 ZVG), d.h. mit und ohne Übernahme des Kündigungsausschlusses. Auf das Ausgebot unter Ausschluss des Sonderkündigungsrechts wurde ein Betrag i.H.v. 100.000 € geboten. Es erfolgte der Zuschlag auf das Gebot ohne Übernahme des Kündigungsausschlusses i.H.v. 447.000 €. Der Zuschlag erfolgt am 16.10.2018. Der Ersteher erklärt mit Schreiben vom 20.10.2018 die Kündigung wegen Eigenbedarfs wie folgt: „Unser Haus ist jetzt zu eng für 4 Kinder, mein Sohn ist 20 Jahre alt, er sollte in die Wohnung ziehen, damit meine Tochter in sein Zimmer ziehen kann, die kleine Tochter und wir wohnen derzeit zusammen im Wohnzimmer“. Anschließend klagt er auf Räumung.

Die Entscheidung des Gerichts

Mit Erfolg. Das Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG zählt zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen. Der Ersteher muss die Beschränkung dieses Kündigungsrechts daher nicht gegen sich gelten lassen, da sie nicht Inhalt des Zuschlags war. Die Eigenbedarfskündigung entspricht den formellen Anforderungen. Es ist die Eigenbedarfsperson – „mein Sohn“ – angegeben. Dieser musste nicht namentlich bezeichnet werden, auch Angaben zum Alter der Töchter waren entbehrlich. Die Eigenbedarfssituation ist hinreichend beschrieben. Der Angabe genauer Wohnflächen bedurfte es nicht, denn das Begründungserfordernis dient nicht dazu, dem Mieter durch Angabe von Details eine Überprüfung des geltend gemachten Bedarfs zu ermöglichen oder ihn schon im Vorfeld eines etwaigen späteren Kündigungsprozesses auf rechtliche Verteidigungsmöglichkeiten hinzuweisen.


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