BGH, Urt 17.6.2020 - VIII ZR 81/19
Modernisierungsmieterhöhung: Kostenabzug auch bei modernisierender Erneuerung
Autor: RA Frank-Georg Pfeifer, Düsseldorf
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 10/2020
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 10/2020
1. Eine Mieterhöhungserklärung nach §§ 559 ff. BGB, die mehrere trennbare Baumaßnahmen betrifft, ist gem. § 139 BGB nicht insgesamt nichtig, wenn sie nur hinsichtlich einzelner Baumaßnahmen unzureichend und damit unwirksam ist.2. Eine solche Mieterhöhungserklärung hat hinsichtlich des wirksam erklärten Teils Bestand, wenna) sie sich bezüglich einzelner baulicher Maßnahmen in selbständige Rechtsgeschäfte trennen lässt und ‒ wie regelmäßig ‒b) davon auszugehen ist, dass die Gültigkeit des wirksam erklärten Teils dem hypothetischen Willen des Vermieters entspricht.3. Der Kostenabzug gem. § 559 Abs. 2 BGB ist für ersparte „fällige“ Reparaturen auch dann vorzunehmen, wenn eine modernisierende Erneuerung solcher Bauteile/Einrichtungen erfolgt, diea) infolge ihrer erwartbaren Lebensdauer zwar abgenutzt sind, aberb) gleichwohl noch ausreichend und mangelfrei funktionieren (hier u.a.: Eingangstüren, Fenster, Briefkasten, Elektroleitungen).4. Der Vermieter muss beweisen, wie weit Erhöhungskosten nicht infolge einer Reparaturbedürftigkeit der alten, dann ausgetauschten Bauteile angefallen sind. Der Mieter ist insoweit nicht beweisbelastet.
BGB § 139, § 559 Abs. 1, § § 559b Abs. 1 S. 2 BGB
1. Denn sie lasse sich bzgl. der einzelnen Baumaßnahmen in mehrere selbständige Rechtsgeschäfte trennen. Demnach sei gem. § 139 BGB die nur teilweise formelle Wirksamkeit unschädlich. Denn es sei anzunehmen, dass bei Kenntnis des unwirksamen Teils der verbleibende Teil der Mieterhöhung erklärt worden wäre (Verweis auf BGH v. 8.2.2019 ‒ V ZR 176/17, MietRB 2019, 115 [Lehmann-Richter]). Zudem bezögen sich die einzelnen Arbeiten auf verschiedene Gewerke, könnten also Gegenstand einzelner Mieterhöhungen sein.
2. Das LG habe fehlerhaft die Kosten für den Austausch dieser (im Leitsatz 3.b) genannten etwa 60 Jahre alten Bauteile ungekürzt angesetzt, weil für die alten, ausgetauschten, nicht defekten Teile keine Erhaltungsmaßnahmen „fällig“ gewesen wären. Zwar verneine eine verbreitete Meinung die Kürzung nach § 559 Abs. 2 BGB, wenn (a) zum einen die durchschnittliche Lebensdauer der zu erneuernden Bauteile weitgehend abgelaufen sei und (b) zum anderen Reparaturen aber nicht „fällig“ seien, weil die bisherigen Teile noch mangelfrei funktionierten. Das zeige der Wortlaut des § 559 Abs. 2 BGB (Verweis auf Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 14. Aufl., § 559 BGB Rz. 72). Diese Interpretation sei jedoch, so der BGH, nicht zwingend. Für einen Abzug nach § 559 Abs. 2 BGB spreche, dass „Bauteile laufend altern und je nach ihrer (durchschnittlichen) Lebensdauer in bestimmten Zeitabständen vom Vermieter zu erneuern sind“. Dass der Gesetzgeber den Kostenabzug auf bereits „fällige“ Erhaltungsmaßnahmen begrenzen wollte, gehe aus der Gesetzesbegründung nicht hervor. Sonst „wäre zu erwarten gewesen, dass dies im Gesetzestext (durch die dann naheliegende Einfügung des Wortes »fällig«) Niederschlag gefunden hätte.“
Die Höhe des Kostenabzuges sei so zu schätzen, dass er sich an der üblichen Lebensdauer der erneuerten Teile „und dem bereits eingetretenen Abnutzungsgrad“ orientiere.
Die Vermieter hätten die Darlegungs- und Beweislast, dass die Erhöhungskosten nicht infolge einer Reparaturbedürftigkeit der alten, dann ausgetauschten Bauteile angefallen seien. Der Mieter sei insoweit nicht beweisbelastet.
BGB § 139, § 559 Abs. 1, § § 559b Abs. 1 S. 2 BGB
Das Problem
Nach durchgeführten Baumaßnahmen erklärten am 11.10.2016 die beklagten Vermieter die Erhöhung der Nettomiete (zuletzt 306,83 €) zum 1.1.2017 um 189,68 €. Am 19.7.2017 erklärten sie eine weitere Mieterhöhung zum 1.10.2017 um 241,55 €. Die Feststellungsklage der Mieterin auf Unwirksamkeit war vor dem AG erfolgreich. Das LG hat Unwirksamkeit der ersten Erhöhung bestätigt. Die zweite Mieterhöhung, die allein Gegenstand der Revision ist, hielt das LG (nur) teilweise für unberechtigt.Die Entscheidung des Gerichts
Anknüpfend daran, dass die Mieterhöhung von Juli 2017 bzgl. der Heizungsumstellung auf Fernwärme vom AG für unwirksam gehalten wurde, hält der BGH ansonsten die Mieterhöhung von Juli 2017 nicht für insgesamt nichtig.1. Denn sie lasse sich bzgl. der einzelnen Baumaßnahmen in mehrere selbständige Rechtsgeschäfte trennen. Demnach sei gem. § 139 BGB die nur teilweise formelle Wirksamkeit unschädlich. Denn es sei anzunehmen, dass bei Kenntnis des unwirksamen Teils der verbleibende Teil der Mieterhöhung erklärt worden wäre (Verweis auf BGH v. 8.2.2019 ‒ V ZR 176/17, MietRB 2019, 115 [Lehmann-Richter]). Zudem bezögen sich die einzelnen Arbeiten auf verschiedene Gewerke, könnten also Gegenstand einzelner Mieterhöhungen sein.
2. Das LG habe fehlerhaft die Kosten für den Austausch dieser (im Leitsatz 3.b) genannten etwa 60 Jahre alten Bauteile ungekürzt angesetzt, weil für die alten, ausgetauschten, nicht defekten Teile keine Erhaltungsmaßnahmen „fällig“ gewesen wären. Zwar verneine eine verbreitete Meinung die Kürzung nach § 559 Abs. 2 BGB, wenn (a) zum einen die durchschnittliche Lebensdauer der zu erneuernden Bauteile weitgehend abgelaufen sei und (b) zum anderen Reparaturen aber nicht „fällig“ seien, weil die bisherigen Teile noch mangelfrei funktionierten. Das zeige der Wortlaut des § 559 Abs. 2 BGB (Verweis auf Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 14. Aufl., § 559 BGB Rz. 72). Diese Interpretation sei jedoch, so der BGH, nicht zwingend. Für einen Abzug nach § 559 Abs. 2 BGB spreche, dass „Bauteile laufend altern und je nach ihrer (durchschnittlichen) Lebensdauer in bestimmten Zeitabständen vom Vermieter zu erneuern sind“. Dass der Gesetzgeber den Kostenabzug auf bereits „fällige“ Erhaltungsmaßnahmen begrenzen wollte, gehe aus der Gesetzesbegründung nicht hervor. Sonst „wäre zu erwarten gewesen, dass dies im Gesetzestext (durch die dann naheliegende Einfügung des Wortes »fällig«) Niederschlag gefunden hätte.“
Die Höhe des Kostenabzuges sei so zu schätzen, dass er sich an der üblichen Lebensdauer der erneuerten Teile „und dem bereits eingetretenen Abnutzungsgrad“ orientiere.
Die Vermieter hätten die Darlegungs- und Beweislast, dass die Erhöhungskosten nicht infolge einer Reparaturbedürftigkeit der alten, dann ausgetauschten Bauteile angefallen seien. Der Mieter sei insoweit nicht beweisbelastet.