BGH, Urt. 18.12.2019 - VIII ZR 236/18

Mieterhöhungsbegehren darf mit preisgebundenen Vergleichswohnungen begründet werden

Autor: RA Ulrich C. Mettler, Partner Ladenburger Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Pforzheim
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 03/2020
Begründet ein Vermieter sein Mieterhöhungsverlangen mit drei Vergleichswohnungen, ist dieses nicht alleine deshalb formell unwirksam, weil es sich bei den Vergleichswohnungen um öffentlich geförderten, preisgebundenen Wohnraum handelt.

BGB § 558a Abs. 1, Abs. 2

Das Problem

Eine Mieterin hat von einer Vermieterin im Jahr 2009 eine Wohnung angemietet, die in einem Gebäudekomplex liegt, für dessen Errichtung Fördermittel mit Bescheiden aus den Jahren 1966/1971 bewilligt wurden und die einer Preisbindung unterliegen. Im Februar 2016 beanspruchte die Vermieterin die Zustimmung zu einer Mieterhöhung um € 18,81, was einem Mietzins von € 5,00/qm entspricht. Das Mieterhöhungsverlangen wurde mit fünf Vergleichswohnungen mit Mietzinspreisen zwischen € 5,08/qm und € 5,16/qm begründet. Bei den Vergleichswohnungen handelt es sich ebenfalls um öffentlich geförderten, preisgebundenen Wohnraum. Da die Mieterin die Zustimmung zur Mieterhöhung nicht erklärte, erhob die Vermieterin Klage, die in I. und II. Instanz keinen Erfolg hatte. Die Revision war demgegenüber erfolgreich.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass das Mieterhöhungsverlangen nicht den formellen Voraussetzungen des § 558a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 BGB genügt, weil darin auf Vergleichswohnungen Bezug genommen wird, die einer Preisbindung unterliegen. Die Begründung eines Mieterhöhungsverlangens soll dem Mieter die Möglichkeit geben, dessen sachliche Berechtigung zu überprüfen, um überflüssige Prozesse zu vermeiden (vgl. BGH v. 24.4.2019 – VIII ZR 62/18, MietRB 2019, 194 u. 195 [Schach]= MDR 2019, 795 = NJW 2019, 3142). Hierfür ist es notwendig, dass die Begründung dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens gibt, um während der Überlegungsfrist die Berechtigung der Mieterhöhung überprüfen und sich darüber schlüssig werden zu können, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmt oder nicht, wobei an das Begründungserfordernis im Hinblick auf das Grundrecht des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1 GG keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen. Das Erhöhungsverlangen muss in formeller Hinsicht Angaben über Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet, und zwar in dem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötigt, um der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachgehen und dieses zumindest ansatzweise überprüfen zu können (vgl. BGH v. 16.10.2019 – VIII ZR 340/18, MietRB 2019, 353 [Börstinghaus] = MDR 2019, 1498 = NZM 2019, 852). Der Auffassung des Berufungsgerichts, dass ein Vermieter als Vergleichswohnungen nur preisfreien Wohnraum heranziehen dürfe, erteilt der BGH eine Absage, da sich eine solche Einschränkung bereits aus dem Wortlaut des § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB nicht ergebe. Zwar sei bei der Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 Abs. 2 S. 2 BGB solcher Wohnraum ausgenommen, bei dem die Mietzinshöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt wurde, was hier auf die von der Vermieterin benannten Vergleichswohnungen zutrifft, die Angabe von Vergleichswohnungen im Mieterhöhungsverlangen dient jedoch nicht dazu, bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu führen, sie soll vielmehr den Mieter lediglich in die Lage versetzen, das Erhöhungsverlangen zumindest ansatzweise nachzuvollziehen und gegebenenfalls mittels weiterer Nachforschungen die Vergleichbarkeit der Wohnungen zu überprüfen (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.2018 – VIII ZR 136/17, MietRB 2018, 291 [Kunze] = MDR 2018, 1178 = NJW 2018, 2792). Einem Mieter ist es daher zumutbar, aufgrund der im Erhöhungsverlangen mitgeteilten Tatsachen weitere Informationen einzuholen. Das Erhöhungsverlangen dient – so der BGH – dazu, den Mieter hierzu zu befähigen. Diese Informationen waren im Mieterhöhungsverlangen der Vermieterin enthalten. Der Umstand, dass ein Mieter allein anhand des Erhöhungsverlangens die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete nicht abschließend mittels der Vergleichswohnungen überprüfen kann, steht der formellen Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens – anders als vom Berufungsgericht angenommen – nicht entgegen.


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