BGH, Urt. 18.12.2024 - VIII ZR 16/23

Mietpreisbremse: Begrenzung der Wiedervermietungsmiete weiterhin verfassungsgemäß

Autor: Prof. Dr. Ulf P. Börstinghaus, Gelsenkirchen
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 02/2025
1. Die Bestimmungen über die Begrenzung der Wiedervermietungsmiete („Mietpreisbremse“) sind auch nach der durch das „Gesetz zur Verlängerung und Verbesserung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn“ v. 19.3.2020 (BGBl. I, 540) erfolgten wiederholten Verlängerung der Laufzeit der einzelnen Landesverordnungen zum 1.4.2020 weiterhin verfassungsgemäß.2. Vermieter müssen auf dem sozialpolitisch umstrittenen Gebiet des Mietrechts mit häufigen Gesetzesänderungen rechnen. Sie können nicht ohne weiteres auf das unveränderte Fortbestehen einer ihnen derzeit günstigen Rechtslage vertrauen. Das gilt umso mehr dann, wenn die gesetzlichen Regelungen Gegenstand einer kontroversen öffentlichen Diskussion und weitergehender politischer Forderungen sind.

BGB § 556d Abs. 2; GG Art. 14

Das Problem

Die Regelungen über die Begrenzung der Wiedervermietungsmiete stellen einen Eingriff in die Eigentumsposition des Vermieters dar. Deshalb war schon während des Gesetzgebungsverfahrens 2014/2015 strittig, ob die Regelungen verfassungsgemäß sind (Blankenagel/Schröder/Spoerr NZM 2015, 1). Nach Ansicht des BVerfG (BVerfG v. 18.7.2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18, 1 BvR 1595/18, NJW 2019, 3054) verstießen die ursprünglichen Regelungen aus dem Jahr 2015 zur Begrenzung der Wiedervermietungsmiete weder gegen die Eigentumsgarantie noch gegen die Vertragsfreiheit oder den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Regelungen wahrten auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dabei hat das BVerfG auch auf die ursprüngliche Begrenzung der Geltungsdauer auf längstens fünf Jahre abgestellt und deshalb den Eingriff für Vermieter für zumutbar erklärt. Da die Regelungen nach Ansicht des Gesetzgebers nicht den gewünschten Erfolg hatten, hat er durch das Gesetz zur Verlängerung und Verbesserung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn (BGBl. 2020, 450) die ursprüngliche Höchstfrist von 5 Jahren dahingehend modifiziert, dass zwar jede Gemeinde für maximal fünf Jahre in die Verordnung aufgenommen werden darf, dass dies aber jeweils gilt, so dass Kettenverordnungen möglich sind. Daraufhin stellt sich die Frage, ob damit eine der tragenden Säulen der BVerfG-Entscheidung entfallen war und die Begrenzung der Wiedervermietungsmiete insgesamt unwirksam ist. Damit hat sich der BGH in einer sehr ausführlich begründeten Entscheidung befasst.

Die Entscheidung des Gerichts

Der BGH geht auch nach der Gesetzesänderung weiterhin von einer Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen über die „Mietpreisbremse“ aus. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Begrenzung der Wiedervermietungsmiete ist vor allem im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu entscheiden. Dafür muss das Ziel der Regelung betrachtet werden. Zur Erreichung des Ziels muss die Regelung erforderlich, geeignet und angemessen sein (Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der seit 1.1.2020 geltenden Gesetzesfassung deshalb bei LG Berlin, BeckRS 2022, 36798). Nach Ansicht des BGH wahrt die Gesetzesänderung aus dem Jahr 2020 weiterhin den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Mit den Regelungen der Mietpreisbremse verfolge der Gesetzgeber weiterhin ein legitimes Regelungsziel. Es soll dem überdurchschnittlich starken Anstieg der Mieten bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen auf angespannten Wohnungsmärkten entgegengewirkt werden, der zu zunehmend größeren Schwierigkeiten von einkommensschwächeren Haushalten, aber auch von Durchschnittsverdienern, insbesondere Familien mit Kindern, bei der erfolgreichen Suche nach einer noch bezahlbaren Wohnung und in deren Folge zu einer Verdrängung erheblicher Teile der Wohnbevölkerung aus ihren angestammten, stark nachgefragten Wohnquartieren geführt hatte.

Auch die geänderten Regelungen sind zur Erreichung dieses Regelungsziel weiterhin geeignet und erforderlich. [Wird ausgeführt.]

Die Möglichkeit der Verlängerung der regionalen Begrenzung stellt auch eine im Verhältnis zu dem angestrebten Zweck angemessene Maßnahme dar. Die Angemessenheit und damit die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erfordern, dass der mit der Maßnahme verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen. Die Regelung muss die Grenze der Zumutbarkeit wahren und darf die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer nicht übermäßig belasten. Auch bei Schaffung privatrechtlicher Vorschriften muss der Gesetzgeber den betroffenen Interessen der Beteiligten so weit wie möglich Geltung verschaffen. Die Grenzen des zulässigen Gestaltungsspielraums hat der Gesetzgeber mit seiner Entscheidung, die Geltung der Vorschriften zur Miethöhenregulierung bei der Wiedervermietung zur Flankierung wohnungsmarktfördernder Maßnahmen für einen weiteren – überschaubaren – Zeitraum zu verlängern, nicht überschritten.

Soweit es vorliegend um eine Staffelvereinbarung ging und die Gesetzesänderung während deren Laufzeit in Kraft trat, stellt dies nach Ansicht des Senats eine zulässige unechte Rückwirkung dar. Dabei sei dem Vertrauen der Vermieter auf die Beendigung einer gesetzlichen Miethöhenregulierung für künftig fällige Mietstaffeln kein Vorrang einzuräumen. Vermieter von Wohnungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt können nicht davon ausgehen, dass die ursprünglichen Regelungen zur Begrenzung der Wiedervermietungshöhe mit dem Auslaufen der zeitlichen Geltungsdauer der Landesverordnung entfallen und damit künftig fällig werdende Mietstaffeln in bestehenden Mietverträgen einer Miethöhenregulierung nicht mehr unterliegen würden. Vermieter müssen auf dem sozialpolitisch umstrittenen Gebiet des Mietrechts mit häufigen Gesetzesänderungen rechnen und dürfen nicht ohne weiteres auf das unveränderte Fortbestehen einer ihnen derzeit günstigen Rechtslage vertrauen.


Wussten Sie schon?

Werden Sie jetzt Teilnehmer beim Anwalt-Suchservice und Sie greifen jederzeit online auf die Zeitschrift „Miet-Rechtsberater“ des renommierten juristischen Fachverlags Dr. Otto Schmidt, Köln, zu.

Die Zeitschrift ist speziell auf Praktiker zugeschnitten. Sie lesen aktuelle Urteilsbesprechungen inklusive speziellem Beraterhinweis sowie Fachaufsätze und Kurzbeiträge zum Thema Miet- / WEG-Recht und zwar 24/7, also wo und wann immer Sie wollen.

Infos zur Teilnahme