BGH, Urt. 22.11.2017 - VIII ZR 28/17

Modernisierung: Keine Duldungspflicht bei die Wohnräume umgestaltendem Maßnahmenpaket

Autor: Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 02/2018
Vom Mieter zu duldende Modernisierungsmaßnahmen i.S.v. § 555b Nr. 4 oder Nr. 5 BGB liegen nicht vor, wenn die beabsichtigten Maßnahmen so weitreichend sind, dass ihre Durchführung den Charakter der Mietsache grundlegend verändern würde.

BGH, Urt. v. 22.11.2017 - VIII ZR 28/17

Vorinstanz: LG Berlin - 67 S 276/16

BGB § 555b

Das Problem

Vermietet ist seit 1986 ein altes Reihenhaus. Die nach § 566 BGB in den Mietvertrag eingetretene Vermieterin verlangt die Duldung folgender Maßnahmen: Anbringung einer Wärmedämmung, Austausch der Fenster und Türen, Einbau leistungsfähiger Elektrostränge, Veränderung des Zuschnitts der Wohnräume und des Bads, Einbau einer neuen Gasetagenheizung, Einbau einer neuen Badewanne und einer neuen Dusche, Verfliesung des Bodens und Herstellung von Anschlüssen für eine Spülmaschine, Errichtung eines Wintergartens mit Durchbruch zur neu entstehenden Wohnküche, Ausbau des Spitzbodens, Herstellung einer Terrasse, Herausnahme des Bodens im Hauswirtschaftsraum, Tieferlegung des Bodenniveaus, Bau einer neuen Treppe sowie Instandsetzungsmaßnahmen an den Fenstern, der Klingel- und Schließanlage, den Innentüren, an den Kaltwasserleitungen, der Treppe zum Obergeschoss und an dem Abwasseranschluss. Die Kaltmiete soll sich von 463,62 € auf 2.149,99 € monatlich erhöhen. Die Maßnahmen sollen voraussichtlich 14 Wochen dauern.

Die Entscheidung des Gerichts

Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Soweit das Gesamtkonzept auch zu duldende Instandhaltungsmaßnahmen umfasst, hat die Vermieterin nicht zu erkennen gegeben (etwa durch Stellung eines Hilfsantrags), dass sie deren Duldung losgelöst von ihrem Gesamtbaukonzept, bei dem die einzelnen Gewerke aufeinander abgestimmt sind, verlangt. Die übrigen Maßnahmen sind keine Modernisierung nach § 555b BGB. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Mietsache nicht so verändert, dass etwas Neues entsteht. Das wäre hier aber der Fall. Die Maßnahmen sollen u.a. dazu führen, dass das Reihenhaus unter Veränderung seines Grundrisses weitere Räume (Ausbau des Spitzbodens; Wintergarten) und einen anderen Zuschnitt der Wohnräume und des Bads erhält. Außerdem sollen eine Terrasse angelegt und der Anbau an der Gartenseite des Hauses (Veranda) abgerissen werden. Bei solch weitreichenden Maßnahmen kann nach der Verkehrsanschauung nicht von einer bloßen Verbesserung der Mietsache im Sinne einer nachhaltigen Erhöhung des Wohnwerts der Mietsache (§ 555b Nr. 4 BGB) oder einer dauerhaften Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse (§ 555b Nr. 5 BGB) gesprochen werden. Soweit für einzelne Maßnahmen eine Duldungspflicht nach einer anderen Alternative des § 555b BGB (etwa Nr. 1, Nr. 2 oder Nr. 6) in Betracht käme, hat die Vermieterin nicht dargetan, dass sie für diese Maßnahmen eine isolierte Duldung beansprucht.


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