BGH, Urt. 23.11.2022 - VIII ZR 59/21
Mieterhöhung: Keine besonders strengen formellen Anforderungen an eine Modernisierungsmieterhöhung
Autor: Prof. Dr. Ulf Börstinghaus, RiAG a.D., Gelsenkirchen
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 02/2023
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 02/2023
1. Bei der Beurteilung der formellen Anforderungen an eine Mieterhöhungserklärung ist zu beachten, dass das Formerfordernis nach § 559b Abs. 1 S. 2 BGB kein Selbstzweck ist. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, ob für den Mieter mit der Information ein maßgeblicher Erkenntniswert verbunden ist. Die Aufteilung der Kosten auf einzelne Gewerke zählt nicht dazu.2. Aus der Mieterhöhungserklärung muss hervorgehen, in welchem Umfang durch die durchgeführten Arbeiten Instandsetzungskosten erspart wurden.3. Baunebenkosten können zusammengefasst werden und müssen nicht einzelnen Modernisierungsmaßnahmen zugeordnet werden.
BGB § 559b
Im vorliegenden Verfahren ging es für ein Berliner Bauvorhaben um die gleiche Problematik und weitere Einzelfragen.
Hier hat der Senat aber eine Ausnahme zugelassen, nämlich für die Baunebenkosten. Es begegnet danach keinen Bedenken, die Baunebenkosten nicht für jede Modernisierungsmaßnahme einzeln, sondern zusammengefasst für alle Maßnahmen auszuweisen. Diese Verfahrensweise ist mit Blick auf die Nachvollziehbarkeit der Kostenzusammenstellung zweckmäßig, da die Höhe der Baunebenkosten typischerweise – zumindest überwiegend – von dem Gesamtvolumen der für sämtliche Maßnahmen zur Modernisierung und Erhaltung eines Gebäudes angefallenen Kosten abhängt. Auch wäre die Aufteilung der Baunebenkosten auf die Baumaßnahmen nicht mit einem bedeutsamen Erkenntnisgewinn für den Mieter verbunden.
Die Vermieterin hatte auch ausreichende Angaben zu den Instandhaltungskosten gemacht. Erfüllt eine bauliche Veränderung die Kriterien sowohl einer Modernisierungsmaßnahme als auch einer Erhaltungsmaßnahme i.S.v. § 555a Abs. 1 BGB, hat der Vermieter bei der Ermittlung der umlagefähigen Kosten nach Maßgabe des § 559 Abs. 2 BGB eine entsprechende Kürzung vorzunehmen. Aus der Mieterhöhungserklärung muss deshalb hervorgehen, in welchem Umfang durch die durchgeführten Arbeiten Instandsetzungskosten erspart wurden. Da aber auch insoweit keine überhöhten Anforderungen an das Begründungserfordernis zu stellen sind, bedarf es hierfür keiner umfassenden Vergleichsrechnung zu den hypothetischen Kosten einer bloßen Instandsetzung. Vielmehr ist es ausreichend, wenn der Vermieter den ersparten Instandsetzungsaufwand zumindest durch die Angabe einer Quote von den aufgewendeten Gesamtkosten nachvollziehbar darlegt.
Nach Ansicht des Senats hatte der Vermieter die Erhöhung nicht nur ausreichend berechnet, sondern auch erläutert. In der Erhöhungserklärung darf explizit auf die Angaben in der Modernisierungsankündigung gem. § 555c BGB Bezug genommen werden. Diese Angaben sind bei der Auslegung der Erhöhungserklärung zu berücksichtigen.
BGB § 559b
Das Problem
Eine Mieterhöhungserklärung gem. § 559b BGB nach einer Modernisierungsmaßnahme ist eine einseitige Gestaltungserklärung, mittels derer der Vermieter die Miete erhöhen kann. Voraussetzung ist, dass es sich zum einen materiell um eine Modernisierungsmaßnahme nach § 555b BGB gehandelt hat und dass die Erklärung den formellen Anforderungen des § 559b BGB genügt. Hierfür schreibt das Gesetz vor, dass der Vermieter die Erhöhung „berechnen und erläutern“ muss. Was hierfür im Einzelnen erforderlich ist, ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen, insbesondere bei umfassenden baulichen Veränderungen, bei denen mehrere Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Der BGH hat sich im letzten Jahr bereits in elf Entscheidungen (BGH v. 20.7.2022 – VIII ZR 361/21, MDR 2022, 1145; VIII ZR 337/21; VIII ZR 339/21, MietRB 2022, 249 [Börstinghaus]; v. 28.9.2022 – VIII ZR 336/21, MietRB 2022, 344 [Börstinghaus]; VIII ZR 340/21; VIII ZR 344/21; VIII ZR 338/21; v. 9.11.2022 – VIII ZR 316/21; VIII ZR 333/21; VIII ZR 331/21; VIII ZR 335/21; VIII ZR 345/21), die alle aus Bremen kamen, mit diesen Fragen beschäftigt und darin klargestellt, dass der Vermieter die Modernisierungskosten nur auf die verschiedenen Modernisierungsmaßnahmen verteilen muss. Eine weitergehende Aufschlüsselung nach Gewerken ist nicht erforderlich, da damit kein weiterer Erkenntnisgewinn für den Mieter verbunden sei.Im vorliegenden Verfahren ging es für ein Berliner Bauvorhaben um die gleiche Problematik und weitere Einzelfragen.
Die Entscheidung des Gerichts
Der Senat hat zunächst seine Argumentation aus den bereits vorliegenden elf Entscheidungen – im Wesentlichen durch Bezugnahmen – wiederholt. Es bleibt also dabei, dass der Vermieter, wenn er mehrere Modernisierungsarbeiten gleichzeitig ausführen lässt, die entstandenen Kosten auf die verschiedenen Maßnahmen verteilen muss. Eine darüberhinausgehende Unterteilung der Kosten nach Gewerken ist nicht erforderlich. Zurückgewiesen hat der Senat einen Vergleich mit den formellen Anforderungen an eine Betriebskostenabrechnung nach § 556 Abs. 3 BGB einerseits und an eine Mieterhöhungserklärung nach § 559b BGB. Zwar darf in der Betriebskostenabrechnung eine Zusammenfassung der in verschiedenen Ziffern des Betriebskostenkatalogs genannten Kostenpositionen nur ganz ausnahmsweise erfolgen, der Begründungszweck des § 559b BGB ist aber ein ganz anderer. Er ist kein reiner Selbstzweck. Es kommt vielmehr entscheidend darauf an, ob für den Mieter mit der geforderten Information – ebenso wie im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens nach §§ 558 ff. BGB oder auch einer Betriebskostenabrechnung nach § 556 Abs. 3 BGB – ein maßgeblicher Erkenntniswert verbunden ist. Dies ist im Hinblick auf die Kosten für die einzelnen zu einer bestimmten Modernisierungsmaßnahme beitragenden Gewerke nicht der Fall.Hier hat der Senat aber eine Ausnahme zugelassen, nämlich für die Baunebenkosten. Es begegnet danach keinen Bedenken, die Baunebenkosten nicht für jede Modernisierungsmaßnahme einzeln, sondern zusammengefasst für alle Maßnahmen auszuweisen. Diese Verfahrensweise ist mit Blick auf die Nachvollziehbarkeit der Kostenzusammenstellung zweckmäßig, da die Höhe der Baunebenkosten typischerweise – zumindest überwiegend – von dem Gesamtvolumen der für sämtliche Maßnahmen zur Modernisierung und Erhaltung eines Gebäudes angefallenen Kosten abhängt. Auch wäre die Aufteilung der Baunebenkosten auf die Baumaßnahmen nicht mit einem bedeutsamen Erkenntnisgewinn für den Mieter verbunden.
Die Vermieterin hatte auch ausreichende Angaben zu den Instandhaltungskosten gemacht. Erfüllt eine bauliche Veränderung die Kriterien sowohl einer Modernisierungsmaßnahme als auch einer Erhaltungsmaßnahme i.S.v. § 555a Abs. 1 BGB, hat der Vermieter bei der Ermittlung der umlagefähigen Kosten nach Maßgabe des § 559 Abs. 2 BGB eine entsprechende Kürzung vorzunehmen. Aus der Mieterhöhungserklärung muss deshalb hervorgehen, in welchem Umfang durch die durchgeführten Arbeiten Instandsetzungskosten erspart wurden. Da aber auch insoweit keine überhöhten Anforderungen an das Begründungserfordernis zu stellen sind, bedarf es hierfür keiner umfassenden Vergleichsrechnung zu den hypothetischen Kosten einer bloßen Instandsetzung. Vielmehr ist es ausreichend, wenn der Vermieter den ersparten Instandsetzungsaufwand zumindest durch die Angabe einer Quote von den aufgewendeten Gesamtkosten nachvollziehbar darlegt.
Nach Ansicht des Senats hatte der Vermieter die Erhöhung nicht nur ausreichend berechnet, sondern auch erläutert. In der Erhöhungserklärung darf explizit auf die Angaben in der Modernisierungsankündigung gem. § 555c BGB Bezug genommen werden. Diese Angaben sind bei der Auslegung der Erhöhungserklärung zu berücksichtigen.