BGH, Urt. 23.3.2022 - VIII ZR 133/20

Rechtsschutzbedürfnis: Klagen auf Erteilung von Auskünften im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse

Autor: RiAG Dr. jur. Dr. phil. Andrik Abramenko, Idstein
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 09/2022
1. Ob der Mieter bestimmte Auskünfte zur Durchsetzung von Ansprüchen im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse benötigt, ist keine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses, sondern der materiell-rechtlichen Begründetheit seiner Auskunftsklage.2. Der Mieter kann auch Auskünfte über Umstände verlangen, die zwar vom Auskunftsanspruch nach § 556g Abs. 3 BGB erfasst werden, aber für die Begründung der Miethöhe durch den Vermieter ohne Bedeutung sind.

BGB § 556 Abs. 3

Das Problem

Eine Vermieterin von Wohnraum streitet mit einem eingetragenen Rechtsdienstleister im Zusammenhang mit einem angeblichen Verstoß gegen die Regelungen der sog. Mietpreisbremse (§§ 556d ff. BGB) u.a. um Auskünfte. Die klagende Rechtsdienstleisterin bietet auf ihrer Internetseite gegen eine „Provision“ von einem Drittel der ersparten Miete für vier Monate Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Rückforderung überzahlter Mieten an. Zu diesem Zweck lässt sie sich vom Mieter dessen Ansprüche auf Erteilung von Auskunft, auf Rückzahlung überzahlter Miete u.a. abtreten. Die Klägerin begehrt u.a. Auskunft über die Höhe der vom Vormieter gezahlten Miete, über im letzten Jahr vereinbarte Mieterhöhungen, über die in den letzten drei Jahren durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen und darüber, ob es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung gehandelt habe. Die Klage blieb in den Tatsacheninstanzen hinsichtlich der begehrten Auskünfte erfolglos. Das Berufungsgericht verneinte bereits das Rechtsschutzbedürfnis für die Auskunftsklage, da sich der Vermieter zur Begründung der Miethöhe überhaupt nicht auf die §§ 556e, 556f BGB berufe. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage auf Erteilung von Auskunft verneint. Dieses fehlt nur dann, wenn die Gerichte unnütz oder unlauter oder gar zur Verfolgung zweckwidriger und nicht schutzwürdiger Ziele bemüht werden. Bei Leistungsklagen ergibt sich das Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten Anspruchs, da dieser dann ohne gerichtliche Hilfe nicht durchgesetzt werden kann. Wenn es nach Auffassung des Berufungsgerichtes für die Rückforderung von Miete nicht auf die begehrten Auskünfte ankommt, betrifft dies nicht das Rechtsschutzinteresse, sondern materiell-rechtliche Gesichtspunkte. Bei der weiteren Behandlung der Sache kann der Auskunftsanspruch aus § 556g Abs. 3 S. 1 BGB nicht davon abhängig gemacht werden, auf welchen Tatbestand der §§ 556d ff. BGB der Vermieter die vereinbarte Miethöhe stützt. Denn das Gesetz schränkt den Auskunftsanspruch aus § 556g Abs. 3 S. 1 BGB weder zeitlich ein noch macht es ihn davon abhängig, dass der Vermieter dem Mieter Anlass zur weiteren Prüfung von Umständen gegeben hat, auf die sich die begehrten Auskünfte beziehen. Im Streitfall kann dahinstehen, ob anderes gilt, wenn die verlangten Informationen die Rückzahlungsansprüche des Mieters im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse in keiner Weise beeinflussen können. Denn der Mieter hat schon dann ein fortbestehendes Interesse an den begehrten Auskünften, wenn sie für die Verfolgung weiterer Ansprüche von Bedeutung sein können. Das ist schon dann der Fall, wenn die Möglichkeit besteht, dass sich der Vermieter auf bislang nicht geltend gemachte Ausnahmetatbestände beruft, was ihm aus Rechtsgründen nicht verwehrt ist.


Wussten Sie schon?

Werden Sie jetzt Teilnehmer beim Anwalt-Suchservice und Sie greifen jederzeit online auf die Zeitschrift „Miet-Rechtsberater“ des renommierten juristischen Fachverlags Dr. Otto Schmidt, Köln, zu.

Die Zeitschrift ist speziell auf Praktiker zugeschnitten. Sie lesen aktuelle Urteilsbesprechungen inklusive speziellem Beraterhinweis sowie Fachaufsätze und Kurzbeiträge zum Thema Miet- / WEG-Recht und zwar 24/7, also wo und wann immer Sie wollen.

Infos zur Teilnahme