BGH, Urt. 26.5.2021 - VIII ZR 42/20
Indexklausel: Muss eine Prozentklausel das Basisjahr benennen?
Autor: RA Dr. Joachim Wichert, aclanz Partnerschaft von Rechtsanwälten, Frankfurt a.M./Berlin, www.aclanz.de
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 09/2021
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 09/2021
Eine Indexklausel, welche die Mietentwicklung an die prozentuale Änderung des Verbraucherpreisindexes knüpft, ist auch dann wirksam, wenn sie kein Basisjahr benennt.
BGB § 557b Abs. 1, § 307 Abs. 1 S. 2
„Ändert sich der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreis-index um mindestens 3 %, kann jeder Vertragspartner durch schriftliche Erklärung und unter Angabe der eingetretenen Indexänderung eine Anpassung der Miete um den entsprechenden Prozentsatz verlangen, sofern der Mietzins jeweils mindestens 1 Jahr unverändert bestand. (...).“
Mit Schreiben v. 19.12.2017 macht der Vermieter erstmals eine Erhöhung der Miete um 120 €/Monat auf 1.020 € ab dem 1.3.2018 geltend. Er begründet dies damit, dass der Verbraucherpreisindex zu Beginn des Mietverhältnisses bei 95,8 Punkten gelegen habe und zum 30.11.2017 bei 109,4 Punkten liege, was einer prozentualen Erhöhung von 13,5 % (121,50 €) entspreche. Der Mieter hält u.a. die vertragliche Indexklausel für unwirksam, weil dort das Basisjahr fehle, und entrichtet weiter die bisherige Miete; der Vermieter erhebt Zahlungsklage.
Der Verbraucherpreisindex für Deutschland werde sowohl monatlich entsprechend der aktuellen Preisentwicklung fortgeschrieben als auch in regelmäßigen Abständen einer grundlegenden Revision unterzogen und auf ein neues Basisjahr umgestellt. Diese Umstellung, durch welche dem Wandel in den Verbrauchs- und Einkaufsgewohnheiten Rechnung getragen und neue Entwicklungen berücksichtigt würden, geschehe in der Regel alle fünf Jahre. Dabei erfolge eine umfassende Neuberechnung, bei welcher auch die Gewichtung der einzelnen Güter und Dienstleistungen neu vorgenommen und methodische Veränderungen in der Datenerhebung und -verarbeitung umgesetzt würden. Die auf ein neues Basisjahr umgestellten und veröffentlichten Lebenshaltungskostenindizes spiegelten damit nicht nur eine reine Preissteigerung, sondern auch die geänderten Verbrauchsgewohnheiten wider.
Mit der Umstellung auf ein neues Basisjahr würden die bisherigen Indexwerte auf dieses Basisjahr umgerechnet. Die zuvor unter Zugrundelegung des alten Basisjahrs berechneten und veröffentlichten Indexreihen verlören rückwirkend ihre Gültigkeit. Die neu berechneten Ergebnisse ersetzten die vorher veröffentlichten Zahlen und könnten, da sie Folge einer grundlegend anderen methodischen Vorgehensweise seien, durch eine rein rechnerische Umbasierung der alten Indexzahlen nicht nachvollzogen werden. Da der auf dem neuen Basisjahr beruhende Verbraucherpreisindex anders zusammengesetzt sei als der vorherige, sei ein unmittelbarer Vergleich der Indizes, die auf unterschiedlichen Basisjahren beruhten, nicht möglich.
Dies zugrunde gelegt, bedürfe jedenfalls eine Indexklausel, bei welcher die Mietentwicklung an die prozentuale Änderung des Verbraucherpreisindexes geknüpft sei, keiner Angabe des Basisjahres. Zum einen verlange der Wortlaut des § 557b Abs. 1 BGB eine solche Festlegung nicht. Zum anderen wäre bei einer Prozentklausel die Festlegung eines Basisjahrs für die (spätere) Berechnung der Mietänderung – anders als bei einer sog. Punkteklausel – unerheblich. Denn eine Prozentklausel nehme nicht den Verbraucherpreisindex nach einem fixen Basisjahr in Bezug, sondern ungeachtet einer Festlegung im Mietvertrag den Index nach dem jeweils gültigen Basisjahr. Damit wäre selbst ein in der Indexklausel genanntes Basisjahr für die Berechnung der Mietänderung unerheblich, wenn der Verbraucherpreisindex für Deutschland im Zeitpunkt der Mietänderungserklärung bereits auf ein neues Basisjahr umgestellt worden sei.
BGB § 557b Abs. 1, § 307 Abs. 1 S. 2
Das Problem
Es geht um eine Wohnung in Ravensburg, die seit dem 1.7.2007 vermietet ist. Der Mietvertrag, ein vom Vermieter gestelltes Formular, enthält folgende Indexklausel:„Ändert sich der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreis-index um mindestens 3 %, kann jeder Vertragspartner durch schriftliche Erklärung und unter Angabe der eingetretenen Indexänderung eine Anpassung der Miete um den entsprechenden Prozentsatz verlangen, sofern der Mietzins jeweils mindestens 1 Jahr unverändert bestand. (...).“
Mit Schreiben v. 19.12.2017 macht der Vermieter erstmals eine Erhöhung der Miete um 120 €/Monat auf 1.020 € ab dem 1.3.2018 geltend. Er begründet dies damit, dass der Verbraucherpreisindex zu Beginn des Mietverhältnisses bei 95,8 Punkten gelegen habe und zum 30.11.2017 bei 109,4 Punkten liege, was einer prozentualen Erhöhung von 13,5 % (121,50 €) entspreche. Der Mieter hält u.a. die vertragliche Indexklausel für unwirksam, weil dort das Basisjahr fehle, und entrichtet weiter die bisherige Miete; der Vermieter erhebt Zahlungsklage.
Die Entscheidung des Gerichts
Der BGH gibt dem Vermieter Recht. Die Indexklausel sei gem. § 557b Abs. 1 BGB wirksam vereinbart und trotz fehlender Angabe des Basisjahrs nicht intransparent i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.Der Verbraucherpreisindex für Deutschland werde sowohl monatlich entsprechend der aktuellen Preisentwicklung fortgeschrieben als auch in regelmäßigen Abständen einer grundlegenden Revision unterzogen und auf ein neues Basisjahr umgestellt. Diese Umstellung, durch welche dem Wandel in den Verbrauchs- und Einkaufsgewohnheiten Rechnung getragen und neue Entwicklungen berücksichtigt würden, geschehe in der Regel alle fünf Jahre. Dabei erfolge eine umfassende Neuberechnung, bei welcher auch die Gewichtung der einzelnen Güter und Dienstleistungen neu vorgenommen und methodische Veränderungen in der Datenerhebung und -verarbeitung umgesetzt würden. Die auf ein neues Basisjahr umgestellten und veröffentlichten Lebenshaltungskostenindizes spiegelten damit nicht nur eine reine Preissteigerung, sondern auch die geänderten Verbrauchsgewohnheiten wider.
Mit der Umstellung auf ein neues Basisjahr würden die bisherigen Indexwerte auf dieses Basisjahr umgerechnet. Die zuvor unter Zugrundelegung des alten Basisjahrs berechneten und veröffentlichten Indexreihen verlören rückwirkend ihre Gültigkeit. Die neu berechneten Ergebnisse ersetzten die vorher veröffentlichten Zahlen und könnten, da sie Folge einer grundlegend anderen methodischen Vorgehensweise seien, durch eine rein rechnerische Umbasierung der alten Indexzahlen nicht nachvollzogen werden. Da der auf dem neuen Basisjahr beruhende Verbraucherpreisindex anders zusammengesetzt sei als der vorherige, sei ein unmittelbarer Vergleich der Indizes, die auf unterschiedlichen Basisjahren beruhten, nicht möglich.
Dies zugrunde gelegt, bedürfe jedenfalls eine Indexklausel, bei welcher die Mietentwicklung an die prozentuale Änderung des Verbraucherpreisindexes geknüpft sei, keiner Angabe des Basisjahres. Zum einen verlange der Wortlaut des § 557b Abs. 1 BGB eine solche Festlegung nicht. Zum anderen wäre bei einer Prozentklausel die Festlegung eines Basisjahrs für die (spätere) Berechnung der Mietänderung – anders als bei einer sog. Punkteklausel – unerheblich. Denn eine Prozentklausel nehme nicht den Verbraucherpreisindex nach einem fixen Basisjahr in Bezug, sondern ungeachtet einer Festlegung im Mietvertrag den Index nach dem jeweils gültigen Basisjahr. Damit wäre selbst ein in der Indexklausel genanntes Basisjahr für die Berechnung der Mietänderung unerheblich, wenn der Verbraucherpreisindex für Deutschland im Zeitpunkt der Mietänderungserklärung bereits auf ein neues Basisjahr umgestellt worden sei.