BGH, Urt. 27.10.2021 - VIII ZR 264/19
Heizkostenschätzung: Welche Vergleichswohnungen bei Geräteausfall?
Autor: RA Frank-Georg Pfeifer, Düsseldorf
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 03/2022
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 03/2022
2. Da es nicht Zweck des § 9a HeizkostenV ist, eine exakte Ermittlung des Verbrauchs sicherzustellen, sind die mit der Schätzung nach 9a Abs. 1 S. 1 HeizkostenV einhergehenden Ungenauigkeiten hinzunehmen.3. Das Ersatzverfahren nach § 9a Abs. 1 S. 1 HeizkostenV darf auch in mehreren aufeinander folgenden Abrechnungsperioden angewandt werden. Die dafür notwendigen Voraussetzungen, namentlich der genannte Geräteausfall bzw. zwingende Grund, müssen dann für jeden solcher mehrfach hintereinander liegenden Abrechnungszeiträume vorliegen.4. Für die formelle Ordnungsgemäßheit der Betriebskostenabrechnung ist es ohne Bedeutung, ob die dort für den jeweiligen Mieter angesetzten Kosten auf abgelesenen Messwerten oder einer Schätzung beruhen und ob eine vom Vermieter vorgenommene Schätzung den Anforderungen des§ 9a Abs. 1 S. 1 HeizkostenV entspricht.
HeizkostenV § 9a Abs. 1
Der BGH betont alsdann unter Rz. 20, dass auch in mehreren aufeinander folgenden Abrechnungsperioden das Verfahren nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV statthaft sei. Freilich müssten die Voraussetzungen, namentlich der in § 9a Abs. 1 S. 1 HeizkostenV genannte zwingende Grund, für jeden solcher mehrfach gestaffelten Abrechnungszeiträume vorliegen. Dies schließe aus, dass der Vermieter aus Bequemlichkeit auf die Verbrauchserfassung verzichte und auf das Schätzverfahren ausweiche.
Sodann hält der BGH fest, für die Vergleichbarkeit von Räumen komme es nicht zwingend darauf an, dass sich diese in demselben Gebäude wie diejenigen befänden, für die eine Schätzung des Wärmeverbrauchs zu erfolgen habe. Die Auffassung, § 9a Abs. 1 S. 1 Alt. 2 HeizkostenV verlange, nur Vergleichsräume aus demselben Gebäude heranzuziehen, finde im Wortlaut des § 9a Abs. 1 S. 1 HeizkostenV keine Stütze. Dort sei nur von „vergleichbaren anderen Räumen“ die Rede, und zwar ohne Beschränkung hinsichtlich der Örtlichkeit. Auch sei der Mieter im Prozess nicht schutzlos: Er könne die Vergleichbarkeit der herangezogenen (anderen) Räume gem. § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestreiten. Und die Darlegungs- und Beweislast für die Korrektheit der Abrechnung trage der Vermieter. Zudem werde die formelle Ordnungsgemäßheit der Abrechnung von einer Schätzung nach § 9a HeizkostenV nicht tangiert. Bedeutungslos sei insoweit, ob die Kosten auf abgelesenen Messwerten oder einer Schätzung beruhten.
HeizkostenV § 9a Abs. 1
Das Problem
Die Heizkosten für die Dachgeschosswohnung wurden per Wärmezähler erfasst. Weil dieser fehlerhaft arbeitete, wurde er 2016 und nochmals 2017 ausgetauscht. Nach Beanstandung der Heizkostenabrechnungen für 2013 bis 2015 wurden diese vom klagenden Vermieter korrigiert. Er schätzte den Wärmeverbrauch der Bekl. anhand des Verbrauchs anderer, teilweise in demselben Haus, teilweise in anderen Häusern eines Wohnkomplexes gelegener Dachgeschosswohnungen. Ebenso verfuhr er für das Jahr 2016. Die im Wesentlichen auf Nachzahlung von rund 1.000 € gerichtete Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Das LG folgte der h.M., bei Geräteausfall kämen nur Räume in demselben Gebäude als „vergleichbare Räume“ i.S.d. § 9a Ab. 1 S. 1 HeizkostenV in Betracht.Die Entscheidung des Gerichts
Die Revision des Kl. führte zur Zurückverweisung, wobei dem LG anempfohlen wird, die Anforderungen an eine Vergleichbarkeit nicht zu überspannen. Der BGH referiert die in § 9a Abs. 1 zur Fehlerkompensation vorgesehenen ranggleichen Ersatzverfahren durch eine Vergleichsberechnung (a) mit einem früheren Abrechnungszeitraum, (b) mit vergleichbaren anderen Räumen im jeweiligen Abrechnungszeitraum oder (c) mit dem Durchschnittsverbrauch des Gebäudes. Die Auswahl des konkreten Ersatzverfahrenes habe der Gebäudeeigentümer gem. § 315 BGB nach billigem Ermessen zu treffen. Dabei sei es nicht Zweck des § 9a HeizkostenV, „eine exakte Ermittlung des Verbrauchs sicherzustellen.“ Folglich seien die mit der Schätzung nach 9a Abs. 1 S. 1 HeizkostenV einhergehenden Ungenauigkeiten „hinzunehmen“ (s. Rz. 18 und 29).Der BGH betont alsdann unter Rz. 20, dass auch in mehreren aufeinander folgenden Abrechnungsperioden das Verfahren nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV statthaft sei. Freilich müssten die Voraussetzungen, namentlich der in § 9a Abs. 1 S. 1 HeizkostenV genannte zwingende Grund, für jeden solcher mehrfach gestaffelten Abrechnungszeiträume vorliegen. Dies schließe aus, dass der Vermieter aus Bequemlichkeit auf die Verbrauchserfassung verzichte und auf das Schätzverfahren ausweiche.
Sodann hält der BGH fest, für die Vergleichbarkeit von Räumen komme es nicht zwingend darauf an, dass sich diese in demselben Gebäude wie diejenigen befänden, für die eine Schätzung des Wärmeverbrauchs zu erfolgen habe. Die Auffassung, § 9a Abs. 1 S. 1 Alt. 2 HeizkostenV verlange, nur Vergleichsräume aus demselben Gebäude heranzuziehen, finde im Wortlaut des § 9a Abs. 1 S. 1 HeizkostenV keine Stütze. Dort sei nur von „vergleichbaren anderen Räumen“ die Rede, und zwar ohne Beschränkung hinsichtlich der Örtlichkeit. Auch sei der Mieter im Prozess nicht schutzlos: Er könne die Vergleichbarkeit der herangezogenen (anderen) Räume gem. § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestreiten. Und die Darlegungs- und Beweislast für die Korrektheit der Abrechnung trage der Vermieter. Zudem werde die formelle Ordnungsgemäßheit der Abrechnung von einer Schätzung nach § 9a HeizkostenV nicht tangiert. Bedeutungslos sei insoweit, ob die Kosten auf abgelesenen Messwerten oder einer Schätzung beruhten.