Autor: RA Dr. Rainer Burbulla, Langguth & Burbulla Rechtsanwälte PartG mbB, Düsseldorf
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 01/2024
Es ist nicht erforderlich, dass die Wohnung auch nach der Untervermietung Lebensmittelpunkt des Mieters bleibt. Die hiergegen gerichteten Erwägungen, der Gesetzgeber habe lediglich den Bestand eines einzigen Mietverhältnisses als schützenswert angesehen und einen derartig weiten Anwendungsbereich des § 553 Abs. 1 S. 1 BGB nicht gewollt, finden in der Gesetzgebungsgeschichte keine Stütze und verkennen den Sinn und Zweck der Regelung (im Anschluss an BGH v. 31.1.2018 – VIII ZR 105/17, MDR 2018, 397 = MietRB 2018, 97 [Harsch]; BGH v. 11.6.2014 – VIII ZR 349/13, MietRB 2014, 225 [Harsch]; BGH v. 23.11.2005 – VIII ZR 4/05, MDR 2006, 740 = MietRB 2006, 160 [Eupen]).
BGB § 553 Abs. 1 Das Problem
Der Mieter schloss mit der Vermieterin einen Mietvertrag über eine ca. 72 m² große in Berlin gelegene 3-Zimmerwohnung. Nachdem der Mieter zunächst allein in die Wohnung eingezogen war, bewohnte er diese später zusammen mit seiner Ehefrau und einem gemeinsamen Kind. Nach der Geburt eines weiteren Kindes zog die Familie des Mieters in eine 17 km entfernt liegende Doppelhaushälfte mit Garten. Die Mietwohnung, die direkt neben der Arbeitsstelle des Mieters liegt, wollte der Mieter wegen ungünstiger Arbeitszeiten (häufig bis 2:00 Uhr nachts) behalten und dazu jeweils 1 Zimmer an eine namentlich benannte Person untervermieten. Die Vermieterin lehnte die Zustimmung zur Untervermietung ab. Die auf Zustimmung zur unbefristeten Untervermietung der Mietwohnung gerichtete Klage des Mieters wies das LG Berlin ab. Die Entscheidung des Gerichts
Die hiergegen gerichtete Revision des Mieters hatte beim BGH Erfolg. Nach Auffassung des Senats sei das LG von einem zu engen Verständnis des Begriffs des berechtigten Interesses des Mieters i.S.d. § 553 Abs. 1 S. 1 BGB ausgegangen. Gemäß § 553 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse hieran besteht. Nach Auffassung des BGH setze ein berechtigtes Interesse des Mieters i.S.d. § 553 Abs. 1 S. 1 BGB nicht voraus, dass dieses Interesse im Wesentlichen den fortdauernden Bestand seines Hauptsitzes betreffe, hiermit im Zusammenhang stehe oder diesem im Gewicht gleichkommen müsse (Hinweis auf Bieber in MünchKomm/BGB, 9. Aufl., § 553 Rz. 10). Bezüglich der verbleibenden Nutzung des Wohnraums durch den Mieter stelle § 553 Abs. 1 S. 1 BGB keine qualitativen Anforderungen auf. Vielmehr sei der Anspruch auf Gestattung der Untervermietung lediglich vom Vorliegen eines berechtigten Interesses des Mieters sowie davon abhängig, dass er nur einen Teil des Wohnraums einem Dritten überlässt. Von der „Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte“ sei dabei regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt. Hierfür genüge es jedenfalls, wenn der Mieter ein Zimmer einer größeren Wohnung zurückbehält, um hierin Einrichtungsgegenstände zu lagern und/oder dieses gelegentlich zu Übernachtungszwecken (z.B. Urlaub, kurzzeitiger Aufenthalt) zu nutzen (Hinweis auf BGH v. 13.9.2023 – VIII ZR 109/22, MDR 2023, 1510 = MietRB 2023, 350 [Burbulla]; BGH v. 11.6.2014 – VIII ZR 349/13, MDR 2014, 887 = MietRB 2014, 225 [Harsch]). Daher sei nicht erforderlich, dass die Wohnung auch nach der Untervermietung Lebensmittelpunkt des Mieters bleibe. Das Vorliegen eines berechtigten Interesses des Mieters i.S.d. § 553 Abs. 1 S. 1 BGB erfordere auch nicht, dass es dem Mieter bezogen auf die konkrete Höhe seiner Einkünfte und seines Vermögens nicht möglich ist, das Mietverhältnis auch ohne die Inanspruchnahme von Untermieteinnahmen fortzusetzen (so aber LG Frankfurt/M. v. 6.10.1992 – 2/11 S 3/92, WuM 1993, 345). Aufgrund des mieterschützenden Regelungszwecks der Norm reiche vielmehr jedes nachvollziehbare Interesse an einer finanziellen Ersparnis aus (Hinweis auf BGH v. 31.1.2018 – VIII ZR 105/17, MDR 2018, 397 = MietRB 2018, 97 [Harsch]; BGH v. 11.6.2014 – VIII ZR 349/13, MDR 2014, 887 = MietRB 2014, 225 [Harsch]; BGH v. 23.11.2005 – VIII ZR 4/05, MDR 2006, 740 = MietRB 2006, 160 [Eupen]). Gleiches gelte für die fortdauernde Nutzung der Wohnung als Nebenwohnsitz. Auch in diesem Zusammenhang sei nicht erforderlich, dass der Mieter auf die tatsächlich gelebte und weiterhin beabsichtigte Nutzung der Wohnung als Nebenwohnsitz aus beruflichen Gründen zwingend angewiesen ist.