BGH, Urt. 28.01.2021 - III ZR 25/20
Keine Amtshaftung wegen Unwirksamkeit der Hess. MietenbegrenzungsVO (2015)
Autor: Dr. Olaf Riecke, Hamburg
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 04/2021
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 04/2021
Mietern, die infolge der Unwirksamkeit der Hessischen MietenbegrenzungsVO v. 17.11.2015 (vgl. hierzu BGH v. 17.7.2019 – VIII ZR 130/18, BGHZ 223, 30 = MietRB 2019, 257 [Monschau] = MDR 2019, 1051) eine höhere Miete zu entrichten haben, steht gegen das Land Hessen kein Amtshaftungsanspruch zu.
BGB § 839; GG Art. 34 S. 1
1. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten „Dritten“ bestehen. Ansonsten gilt: Amtspflichten der öffentlichen Amtsträger dienen in erster Linie dem Interesse der Allgemeinheit an einem geordneten Gemeinwesen. Soweit sich die Pflichten darin erschöpfen, diesem Allgemeininteresse zu dienen, und noch keine besonderen Beziehungen zwischen diesen Amtspflichten und bestimmten Personen oder Personengruppen bestehen, kommen sonach bei Verletzung dieser Pflichten Schadensersatzansprüche für Außenstehende nicht in Betracht. Die Mietenbegrenzungsverordnung 2015 ist kein Maßnahme- oder Einzelfallgesetz.
2. Selbst wenn die hessische Landesregierung verpflichtet war, eine (wirksame) Mietenbegrenzungsverordnung zu erlassen und durch den Erlass einer nichtigen Verordnung eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition der Zedenten betroffen wurde, folgt hieraus kein Amtshaftungsanspruch der Zedenten gegen das beklagte Land gem. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn auch in diesem Fall sind die von der – nichtigen – Mietenbegrenzungsverordnung betroffenen Mieter keine „Dritten“ im Sinne der Vorschrift.
3. Selbst ein enttäuschtes Vertrauen in die Wirksamkeit der Mietenbegrenzungsverordnung 2015 könnte keinen Amtshaftungsanspruch gegen das beklagte Land für den Fall begründen, dass sich – wie hier – später herausstellt, dass die Verordnung von Anfang an nichtig war. Ein allgemeiner Anspruch auf angemessene Entschädigung für Aufwendungen, die im enttäuschten Vertrauen auf die Wirksamkeit einer Rechtsnorm gemacht worden sind, wird nicht anerkannt (BGH v. 24.6.1982 – III ZR 169/80, BGHZ 84, 292, 297 = MDR 1982, 911).
BGB § 839; GG Art. 34 S. 1
Das Problem
Das LG Frankfurt/M. hatte im Parallelverfahren (LG Frankfurt/M. v. 27.3.2018 – 2-11 S 183/17, MietRB 2018, 130 [Börstinghaus] = WuM 2018, 276) entschieden, dass die MietenbegrenzungsVO 2015 unwirksam sei (so inzwischen auch BGH v. 17.7.2019 – VIII ZR 130/18, BGHZ 223, 30 Rz. 14 ff. = MietRB 2019, 257[Monschau] = MDR 2019, 1051). Daraufhin verkündete die Klägerin als Zessionar (hier: ein Inkassounternehmen) dem jetzt beklagten Land Hessen den Streit. Das AG F. wies die Rückzahlungsklage im Vorprozess wegen Nichtigkeit der Mietenbegrenzungsverordnung ab. Den Zedenten/Mietern stünden kein Rückzahlungsanspruch gegen die Vermieterin zu. Die Klägerin argumentiert: Die Mietenbegrenzungsverordnung 2015 sei unwirksam, weil die vorgeschriebene Begründung fehle, jedenfalls nicht mitveröffentlicht worden sei. Der Erlass dieser fehlerhaften Verordnung verletze eine dem beklagten Land gegenüber den Zedenten obliegende Amtspflicht.Die Entscheidung des Gerichts
Den Zedenten stehen keine Amtshaftungsansprüche (§ 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG) gegen das beklagte Land wegen des Erlasses der – nichtigen – Hessischen MietenbegrenzungsVO v. 17.11.2015 zu (zur Nichtigkeit dieser Verordnung siehe BGH v. 17.7.2019, a.a.O.). Solche Ansprüche bestehen weder unter dem Gesichtspunkt einer Amtspflichtwidrigkeit beim Erlass eines Maßnahme- oder Einzelfallgesetzes noch wegen Eingriffs in eine geschützte Grundrechtsposition der Zedenten. Sie ergeben sich auch nicht aus etwaig enttäuschtem Vertrauen der Zedenten in die Wirksamkeit der MietenbegrenzungsVO 2015.1. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten „Dritten“ bestehen. Ansonsten gilt: Amtspflichten der öffentlichen Amtsträger dienen in erster Linie dem Interesse der Allgemeinheit an einem geordneten Gemeinwesen. Soweit sich die Pflichten darin erschöpfen, diesem Allgemeininteresse zu dienen, und noch keine besonderen Beziehungen zwischen diesen Amtspflichten und bestimmten Personen oder Personengruppen bestehen, kommen sonach bei Verletzung dieser Pflichten Schadensersatzansprüche für Außenstehende nicht in Betracht. Die Mietenbegrenzungsverordnung 2015 ist kein Maßnahme- oder Einzelfallgesetz.
2. Selbst wenn die hessische Landesregierung verpflichtet war, eine (wirksame) Mietenbegrenzungsverordnung zu erlassen und durch den Erlass einer nichtigen Verordnung eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition der Zedenten betroffen wurde, folgt hieraus kein Amtshaftungsanspruch der Zedenten gegen das beklagte Land gem. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn auch in diesem Fall sind die von der – nichtigen – Mietenbegrenzungsverordnung betroffenen Mieter keine „Dritten“ im Sinne der Vorschrift.
3. Selbst ein enttäuschtes Vertrauen in die Wirksamkeit der Mietenbegrenzungsverordnung 2015 könnte keinen Amtshaftungsanspruch gegen das beklagte Land für den Fall begründen, dass sich – wie hier – später herausstellt, dass die Verordnung von Anfang an nichtig war. Ein allgemeiner Anspruch auf angemessene Entschädigung für Aufwendungen, die im enttäuschten Vertrauen auf die Wirksamkeit einer Rechtsnorm gemacht worden sind, wird nicht anerkannt (BGH v. 24.6.1982 – III ZR 169/80, BGHZ 84, 292, 297 = MDR 1982, 911).