Autor: RiAG Dr. jur. Dr. phil. Andrik Abramenko, Idstein
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 01/2021
Die Mietvertragsparteien können nach Zugang einer Betriebskostenabrechnung verbindliche Abreden über die Höhe des geschuldeten Saldos treffen, auch wenn die Abrechnung nicht den Anforderungen der Rechtsprechung genügt.
BGB §§ 551, 556 Abs. 3 u. 4 Das Problem
Die Mietvertragsparteien streiten um die Rückzahlung einer Kaution und die Nachzahlung von Betriebskosten. In einem Vorprozess, in dem die Beklagten die Herausgabe der vom Kläger angemieteten Ein-Zimmer-Wohnung begehrten, verpflichtete sich dieser zur Räumung bis zum 30.4.2017. Kurz vor diesem Termin bat der Kläger um Räumungsaufschub, den die Beklagten bis zum 1.7.2017 gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung von jeweils 190 € für die Monate Mai und Juni und Nachzahlung ausstehender Strom- und Wasserrechnungen i.H.v. 1.588,46 € zu gewähren bereit waren. Der Kläger erklärte sich hiermit einverstanden. Nach seinem Auszug Anfang Juli 2017 beglich er die ausstehenden Strom- und Wasserrechnungen i.H.v. 1.588,46 € nicht, verlangte aber die Rückzahlung der Kaution samt Zinsen i.H.v. 378,91 €. Auf seine diesbezügliche Klage rechneten die Beklagten mit den Strom- und Wasserkosten in Höhe der Klageforderung auf und begehrten im Wege der Widerklage u. a. den Restbetrag. Die Klage blieb in den Tatsacheninstanzen erfolglos, auf die Widerklage wurde der Kläger in Höhe der ausstehenden Strom- und Wasserkosten verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers. Die Entscheidung des Gerichts
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht ist zu Recht vom Zustandekommen eines wirksamen Vergleichs zwischen den Parteien ausgegangen, wonach der Kläger die Begleichung rückständiger Strom- und Wasserrechnungen i.H.v. 1.588,46 € schuldet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Abrechnungen den formellen Anforderungen des § 556 Abs. 3 BGB genügen. Zwar darf von diesen Regelungen gemäß § 556 Abs. 4 BGB nicht abgewichen werden. Von diesem Verbot wird aber eine Einigung der Mietvertragsparteien über die Verbindlichkeit des Saldos einer konkreten, bereits vorliegenden Betriebskostenabrechnung nicht erfasst. Denn § 556 Abs. 3 u. 4 BGB hindert die Mietvertragsparteien nicht, nach Zugang der Betriebskostenabrechnung eine verbindliche Vereinbarung über deren Saldo zu schließen. Hierbei handelt es sich nämlich nicht um eine Abrede, die Einwendungen des Mieters gegen die Abrechnung von vorneherein ausschließt oder beschränkt, sondern um die Anerkennung einer konkreten Schuld. Auch die Abrechnungsfristen des § 556 Abs. 3 BGB stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn sie wollen es den Mietvertragsparteien nicht versagen, einvernehmlich Klarheit über die wechselseitigen Pflichten aus einem Abrechnungszeitraum zu schaffen. Der mit § 556 Abs. 4 BGB bezweckte Mieterschutz wird hierdurch nicht unterlaufen, da eine solche Einigung nur zustande kommt, wenn sich ein materielles Interesse auch des Mieters an ihrem Zustandekommen feststellen lässt. Dies steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BGH. So wurde etwa trotz § 556 Abs. 4 BGB die einmalige Verlängerung der Abrechnungsfrist zwecks Umstellung auf eine kalenderjährliche Abrechnung für zulässig befunden, da dies im beiderseitigen Interesse liegt (BGH v. 27.7.2011 – VIII ZR 316/10, MietRB 2011, 337 [Harsch] = MDR 2011, 1091). Auch die Entscheidung, wonach eine vorbehaltlose Zahlung oder Gutschrift noch kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis darstellt (BGH v. 12.1.2011 – VIII ZR 296/09, MietRB 2011, 70 [Elzer] = MDR 2011, 214), soll nicht generell eine Einigung der Mietvertragsparteien vor Ablauf der Einwendungsfrist ausschließen. Dass sich der Vermieter aus einer Barkaution auch durch Aufrechnung mit streitigen Forderungen befriedigen kann, hat der BGH bereits entschieden (BGH v. 24.7.2019 – VIII ZR 141/17, MietRB 2019, 258 [Harsch] = MDR 2019, 1180).