BGH, Urt. 28.5.2020 - I ZR 7/16

Zulässiger Einsatz von Cookies – Cookie-Einwilligung II

Autor: RA, FA IT-Recht Dr. Aegidius Vogt, Herberger Vogt von Schoeler, München – www.hvs-rechtsanwaelte.de
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 09/2020
Diensteanbieter dürfen technisch für das Angebot nicht zwingend erforderliche Cookies nur mit vorheriger aktiver Einwilligung (Opt-in) des Nutzers einsetzen. Dies gilt insb. für Werbe- und Analyse-Cookies.

DSGVO Art. 95; RL 2002/58/EG Art. 5 Abs. 3 Satz 1; BGB § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 1; TMG § 15 Abs. 3 Satz 1

Das Problem

Eine Anbieterin von Online-Gewinnspielen holte bei den Teilnehmern die Einwilligung zum Setzen von Werbe-Cookies per vorangekreuzter Checkbox ein. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen mahnte die Anbieterin erfolglos ab und erhob dann Unterlassungsklage. Auf zwischenzeitliche Vorlage des BGH entschied der EuGH, dass solche Cookies zwingend einer vorherigen Einwilligung des betroffenen Nutzers bedürfen (EuGH v. 1.10.2019 – C-673/17, CR 2020, 25).

Die Entscheidung des Gerichts

Auf dieser Grundlage bestätigte der BGH das Erfordernis einer aktiven Einwilligung vor dem Setzen von Werbe- und Analyse-Cookies.

Beurteilungsmaßstab: Dreh- und Angelpunkt sei § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG, nach dem der Diensteanbieter Nutzungsprofile für Zwecke der Werbung, Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Telemedien nur erstellen dürfe, wenn der Nutzer nach einer Unterrichtung über sein Widerspruchsrecht nicht widerspreche.

Richtlinienkonforme Auslegung: § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG sei mit Blick auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 RL 2002/58/EG richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass für den Einsatz von Werbe- und Analyse-Cookies – wie im Streitfall – die aktive Einwilligung des Nutzers erforderlich sei. Eine voreingestellte Checkbox genüge den Anforderungen nicht. Diese Auslegung sei mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG noch vereinbar. Die Tatsache des fehlenden Umsetzungsakts der RL 2002/58/EG durch den deutschen Gesetzgeber stehe dem nicht entgegen, da anzunehmen sei, dass der Gesetzgeber die bestehende Rechtslage in Deutschland als richtlinienkonform erachte.

Unangemessene Benachteiligung: Die streitgegenständliche Einwilligung sei als AGB einzustufen, die den Nutzer unangemessen benachteilige, da sie mit den wesentlichen Grundgedanken des § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG nach alldem nicht vereinbar sei.

Keine Änderung durch DSGVO: An dieser Rechtslage ändere auch die zwischenzeitliche Geltung der DSGVO nichts. Diese lasse die Fortgeltung des § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG als Art. 5 Abs. 3 Satz 1 RL 2002/58/EG umsetzende nationale Regelung unberührt (Art. 95 DSGVO). Denn die Regelung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 RL 2002/58/EG gehe über den Anwendungsbereich der DSGVO hinaus. Insoweit bestehe ein Anwendungsvorrang der RL 2002/58/EG, der sich auch auf das umsetzende nationale Recht, also § 15 Abs. 3 TMG, beziehe.


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