BGH, Urt. 6.3.2024 - VIII ZR 79/22

Vereinbarung einer Quotenabgeltungsklausel als Individualabrede

Autor: RA FAMuWR Philipp M. Bettenhausen, Kanzlei sjs Schneehain John Suchfort PartmbB, Göttingen
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 05/2024
Die formularmäßig vereinbarte Quotenabgeltungsklausel ist unwirksam. Dies gilt jedoch nicht für eine individualvertraglich vereinbarte Klausel, sofern sie denn tatsächlich individualvertraglich vereinbart wurde.

BGB § 535 Abs. 1 Satz 2, § 307 Abs. 1 Satz 1

Das Problem

Der Vermieter vereinbarte mit seinem Mieter u.a. eine Klausel folgenden Wortlauts:

„Zwischen dem Mieter [dem Vormieter] und dem Vermieter wurde bei Vertragsabschluss des Mietvertrages vom 29. Mai 2015 individuell vereinbart, dass der Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen und auch anteilige Schönheitsreparaturkosten trägt, wenn bei Beendigung des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen noch nicht fällig sind. Der Nachmieter übernimmt auch diese Verpflichtung. Zwischen den Parteien wurde dies ausdrücklich verhandelt. [...] Die Miete wurde im Hinblick auf die Vereinbarung zwischen dem Vermieter und dem Mieter zur Tragung der Schönheitsreparaturen bzw. anteiligen Schönheitsreparaturkosten um diesen Betrag (gemeint sind 80 €, Anm. d. d. Unterzeichner) im Mietvertrag vom 29. Mai 2015 herabgesetzt. [...] Wird die Wohnung zurückgegeben, bevor Schönheitsreparaturen fällig sind, verpflichtet sich der Nachmieter [...] auch anteilige Kosten für die Schönheitsreparaturen [...] entsprechende dem Kostenvoranschlag [...] zu zahlen.“

Das Berufungsgericht ließ die Frage offen, ob es sich hierbei um eine Individualabrede oder um AGB handelte, da beides unzulässig sei. Im Falle einer formularmäßigen Umlage folge dies aus § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Sei hingegen eine individuelle Abrede getroffen worden, so ergebe sich die Unwirksamkeit aus § 556 Abs. 1, Abs. 4 BGB. Diese Norm beschränke auf den Mieter umlagefähige Kosten auf die Grundmiete sowie die Betriebskosten, zu denen die quotale Abgeltung von Schönheitsreparaturen nicht zähle.

Die Entscheidung des Gerichts

Der Senat erteilte der Ansicht des Berufungsgerichts eine Absage. Zutreffend habe es noch erkannt, dass – und dies bekräftigte der Senat nochmals – eine formularvertragliche Umlage einer Quotenabgeltungsklausel den Mieter unangemessen nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteilige und daher unwirksam sei. Die Herleitung einer unzulässigen Umlage solcher Quotenabgeltungsklauseln im Rahmen einer Individualabrede aufgrund von § 556 Abs. 1, 4 BGB sei jedoch rechtsfehlerhaft. Zwar treffe zu, dass nach § 556 Abs. 1 BGB nur die enumerativ aufgezählten Betriebskosten umgelegt werden könnten. Dies stünde jedoch der Auferlegung von Kosten für noch nicht fällige Schönheitsreparaturen nicht entgegen, da sich die Pflicht zur Tragung derartiger Kosten vielmehr aus § 535 Abs. 1 S. 1 BGB ergebe. Die Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen könne deshalb sowohl im Wege der AGB als auch durch Individualabrede auf den Mieter übertragen werden. Eine Quotenabgeltungsklausel könne hiervon ausgehend zwar nicht im Wege der AGB, sehr wohl jedoch individualvertraglich wirksam zwischen den Mietparteien vereinbart werden. Ob dies hier wirksam geschehen sei, entschied der Senat nicht, sondern verwies den Rechtsstreit zur Klärung der Frage zurück. Er wies jedoch abschließend darauf hin, dass nicht per se von einer Individualabrede ausgegangen werden dürfe, nur weil dem Mieter eine Wahlmöglichkeit mehrerer vorformulierter Vertragsbedingungen eingeräumt worden sei. Notwendig sei vielmehr, dass der Verwender die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stelle und sich ernsthaft zur gewünschten Änderung der Klausel bereit erkläre.


Wussten Sie schon?

Werden Sie jetzt Teilnehmer beim Anwalt-Suchservice und Sie greifen jederzeit online auf die Zeitschrift „Miet-Rechtsberater“ des renommierten juristischen Fachverlags Dr. Otto Schmidt, Köln, zu.

Die Zeitschrift ist speziell auf Praktiker zugeschnitten. Sie lesen aktuelle Urteilsbesprechungen inklusive speziellem Beraterhinweis sowie Fachaufsätze und Kurzbeiträge zum Thema Miet- / WEG-Recht und zwar 24/7, also wo und wann immer Sie wollen.

Infos zur Teilnahme