BGH, Urt. 6.6.2018 - VIII ZR 38/17
Betriebskostenabrechnung: Mietausfallschaden in der Gebäudeversicherung
Autor: RA VorsRiLG a.D. Klaus Schach, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 09/2018
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 09/2018
Die Kosten eines in der Gebäudeversicherung mitversicherten Mietausfalls infolge eines Gebäudeschadens sind umlagefähig, wenn die Mietvertragsparteien die Umlage der Kosten der Gebäudeversicherung nach § 2 Nr. 13 BetrKV auf den Mieter vereinbart haben.
BGH, Urt. v. 6.6.2018 - VIII ZR 38/17
Vorinstanz: LG Düsseldorf - 21 S 42/16
BGB § 556 Abs. 1; BetrKV § 2 Nr. 13
„Als Nebenkosten werden anteilig folgende Betriebskosten im Sinne der Anlage 3 des § 27 Abs. 1 II. BV erhoben: ... verbundene Gebäudeversicherung.”
Der von dem Vermieter abgeschlossene Gebäudeversicherungsvertrag schließt – zeitlich begrenzt auf 24 Monate – das Risiko eines „Mietverlustes” infolge des versicherten Gebäudeschadens ein.
Der Mieter meint, im Hinblick auf das Risiko des Mietausfalls seien die Kosten der Gebäudeversicherung nicht umlagefähig; den insoweit heraus zu rechnenden Prämienanteil habe der Vermieter jedoch nicht ausreichend konkretisiert. Er beglich die mit der Betriebskostenabrechnung für 2012 geltend gemachte Nachforderung von 86,85 € sowie den für das Jahr 2013 auf die Position „Versicherungen” entfallenden anteiligen Betrag von 181,30 € nicht.
Die Zahlungsklage des Vermieters hatte in der Instanz keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Vermieter das Zahlungsbegehren weiter.
Betriebskosten seien nach § 2 Nr. 13 BetrKV die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung; hierzu gehörten namentlich die Kosten der Versicherung des Gebäudes gegen Feuer-, Sturm-, Wasser- und sonstige Elementarschäden sowie die Kosten weiterer in der Vorschrift aufgeführte Versicherungen. Darunter fielen grundsätzlich alle Sach- (und Haftpflicht-) Versicherungen, die dem Schutz des Gebäudes, seiner Bewohner und Besucher dienten (BGH v. 13.10.2010 – XII ZR 129/09, MDR 2010, 1372 = MietRB 2010, 354). Nach dieser Maßgabe seien die Kosten einer Gebäudeversicherung auch dann Kosten einer von § 2 Nr. 13 BetrKV erfassten, dem Schutz des Gebäudes, seine Bewohner und Besucher dienenden Sachversicherung, wenn sie einen etwaigen Mietausfall infolge eines versicherten Gebäudeschadens einschließe. Bedingungsgemäßer Versicherungsfall sei nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein Sachschaden des Gebäudes. Dies decke die Schadensbeseitigungskosten ab und diene der Wiederbeschaffung und Wiederherstellung der versicherten (Miet-) Sache. Ein infolge eines versicherten Gebäudeschadens entstehender Mietausfall sei – anders als bei einer separaten Mietausfallversicherung, die vorrangig die finanziellen Interessen des Vermieters abdecke und deshalb nicht auf den Mieter einer Wohnung umgelegt werden dürfe – kein eigenständiger Versicherungsfall, sondern Bestandteil des Versicherungsfalls der Gebäudeversicherung.
Der Verordnungsgeber der BetrKV habe nicht beabsichtigt, die Umlage eines durch die Gebäudeversicherung gedeckten Mietausfalls infolge eines versicherten Gebäudeschadens zu unterbinden. Die Mitversicherung eines Mietausfalls als Folge eines Gebäudeschadens sei fester Bestandteil marktüblicher Gebäudeversicherungen.
Der Mieter, der die Versicherungsprämie der Gebäudeversicherung (mit-) finanziere, dürfe im Verhältnis zum Vermieter die berechtigte Erwartung haben, dass ihm seine Aufwendungen im Schadensfall in irgendeiner Weise zugute kommen (BGH v. 19.11.2014 – VIII ZR 191/13, MietRB 2015, 36 = MDR 2015, 76). Diesen Anforderungen trage die im Streit befindliche Gebäudeversicherung hinreichend Rechnung. Die Gegenleistung bestehe darin, dass der Mieter in gewisser Weise geschützt sei, wenn er leicht fahrlässig einen Schaden der Mietsache verursacht. Er sei im Verhältnis zum Vermieter nicht nur der Verpflichtung enthoben, einen solcherart verursachten Schaden auf eigene Kosten beseitigen zu müssen. Vielmehr sei der Mieter, der fahrlässig einen im Gebäudeversicherungsvertrag abgedeckten Versicherungsfall verursacht habe, nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH regelmäßig auch vor einem Rückgriff des Gebäudeversicherers in der Weise geschützt, dass eine durch die Interessen der Vertragsparteien gerechtfertigte ergänzende Auslegung des Versicherungsvertrages einen konkludenten Regressverzicht des Versicherers für die Fälle ergebe, in denen der Wohnungsmieter den versicherten Schaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht habe. Dies komme dem Mieter einer Wohnung auch im Hinblick auf einen als Schadensfolge mitversicherten Mietausfall zugute, denn der Regressverzicht des Versicherers erstrecke sich auch auf den durch die Gebäudeversicherung gedeckten Mietausfall.
BGH, Urt. v. 6.6.2018 - VIII ZR 38/17
Vorinstanz: LG Düsseldorf - 21 S 42/16
BGB § 556 Abs. 1; BetrKV § 2 Nr. 13
Das Problem
Die Mietvertragsparteien streiten um die Umlage der Kosten der Gebäudeversicherung. Der abgeschlossene Formularmietvertrag enthält folgende Regelung:„Als Nebenkosten werden anteilig folgende Betriebskosten im Sinne der Anlage 3 des § 27 Abs. 1 II. BV erhoben: ... verbundene Gebäudeversicherung.”
Der von dem Vermieter abgeschlossene Gebäudeversicherungsvertrag schließt – zeitlich begrenzt auf 24 Monate – das Risiko eines „Mietverlustes” infolge des versicherten Gebäudeschadens ein.
Der Mieter meint, im Hinblick auf das Risiko des Mietausfalls seien die Kosten der Gebäudeversicherung nicht umlagefähig; den insoweit heraus zu rechnenden Prämienanteil habe der Vermieter jedoch nicht ausreichend konkretisiert. Er beglich die mit der Betriebskostenabrechnung für 2012 geltend gemachte Nachforderung von 86,85 € sowie den für das Jahr 2013 auf die Position „Versicherungen” entfallenden anteiligen Betrag von 181,30 € nicht.
Die Zahlungsklage des Vermieters hatte in der Instanz keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Vermieter das Zahlungsbegehren weiter.
Die Entscheidung des Gerichts
Der VIII. Senat des BGH kassierte die Instanzurteile und verurteilte den Mieter antragsgemäß. Die geltend gemachte Betriebskostennachforderung stehe dem Vermieter zu. Der (anteiligen) Umlage auf den Mieter stehe nicht entgegen, dass die Versicherung einen etwaigen Mietausfall infolge eines Gebäudeschadens einschließe. Da die Kosten der Gebäudeversicherung auch insoweit umlagefähig seien, komme es nicht darauf an, ob der Vermieter den auf den Mietausfall entfallenden Prämienanteil hinreichend dargelegt habe. Der Umlage der Kosten der Gebäudeversicherung stehe auch nicht entgegen, dass der Vermieter diese innerhalb der allgemein als „Versicherung” bezeichneten Kostenposition abgerechnet habe (u.a. BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 340/08, MietRB 2009, 313 = MDR 2009, 1098).Betriebskosten seien nach § 2 Nr. 13 BetrKV die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung; hierzu gehörten namentlich die Kosten der Versicherung des Gebäudes gegen Feuer-, Sturm-, Wasser- und sonstige Elementarschäden sowie die Kosten weiterer in der Vorschrift aufgeführte Versicherungen. Darunter fielen grundsätzlich alle Sach- (und Haftpflicht-) Versicherungen, die dem Schutz des Gebäudes, seiner Bewohner und Besucher dienten (BGH v. 13.10.2010 – XII ZR 129/09, MDR 2010, 1372 = MietRB 2010, 354). Nach dieser Maßgabe seien die Kosten einer Gebäudeversicherung auch dann Kosten einer von § 2 Nr. 13 BetrKV erfassten, dem Schutz des Gebäudes, seine Bewohner und Besucher dienenden Sachversicherung, wenn sie einen etwaigen Mietausfall infolge eines versicherten Gebäudeschadens einschließe. Bedingungsgemäßer Versicherungsfall sei nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein Sachschaden des Gebäudes. Dies decke die Schadensbeseitigungskosten ab und diene der Wiederbeschaffung und Wiederherstellung der versicherten (Miet-) Sache. Ein infolge eines versicherten Gebäudeschadens entstehender Mietausfall sei – anders als bei einer separaten Mietausfallversicherung, die vorrangig die finanziellen Interessen des Vermieters abdecke und deshalb nicht auf den Mieter einer Wohnung umgelegt werden dürfe – kein eigenständiger Versicherungsfall, sondern Bestandteil des Versicherungsfalls der Gebäudeversicherung.
Der Verordnungsgeber der BetrKV habe nicht beabsichtigt, die Umlage eines durch die Gebäudeversicherung gedeckten Mietausfalls infolge eines versicherten Gebäudeschadens zu unterbinden. Die Mitversicherung eines Mietausfalls als Folge eines Gebäudeschadens sei fester Bestandteil marktüblicher Gebäudeversicherungen.
Der Mieter, der die Versicherungsprämie der Gebäudeversicherung (mit-) finanziere, dürfe im Verhältnis zum Vermieter die berechtigte Erwartung haben, dass ihm seine Aufwendungen im Schadensfall in irgendeiner Weise zugute kommen (BGH v. 19.11.2014 – VIII ZR 191/13, MietRB 2015, 36 = MDR 2015, 76). Diesen Anforderungen trage die im Streit befindliche Gebäudeversicherung hinreichend Rechnung. Die Gegenleistung bestehe darin, dass der Mieter in gewisser Weise geschützt sei, wenn er leicht fahrlässig einen Schaden der Mietsache verursacht. Er sei im Verhältnis zum Vermieter nicht nur der Verpflichtung enthoben, einen solcherart verursachten Schaden auf eigene Kosten beseitigen zu müssen. Vielmehr sei der Mieter, der fahrlässig einen im Gebäudeversicherungsvertrag abgedeckten Versicherungsfall verursacht habe, nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH regelmäßig auch vor einem Rückgriff des Gebäudeversicherers in der Weise geschützt, dass eine durch die Interessen der Vertragsparteien gerechtfertigte ergänzende Auslegung des Versicherungsvertrages einen konkludenten Regressverzicht des Versicherers für die Fälle ergebe, in denen der Wohnungsmieter den versicherten Schaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht habe. Dies komme dem Mieter einer Wohnung auch im Hinblick auf einen als Schadensfolge mitversicherten Mietausfall zugute, denn der Regressverzicht des Versicherers erstrecke sich auch auf den durch die Gebäudeversicherung gedeckten Mietausfall.