BGH, Urt. 7.2.2018 - VIII ZR 189/17
Betriebskostenabrechnung: Einsichtsrecht in Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer
Autor: RA Dr. Rainer Burbulla, Langguth & Burbulla Rechtsanwälte PartG mbB, Düsseldorf
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 07/2018
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 07/2018
Ein Mieter kann im Rahmen der bei einer Betriebskostenabrechnung geschuldeten Belegvorlage vom Vermieter auch die Einsichtnahme in die von diesem erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer eines gemeinsam bewohnten Mietobjekts beanspruchen. Der Darlegung eines besonderen Interesses an dieser Belegeinsicht bedarf es nicht.
BGH, Urt. v. 7.2.2018 - VIII ZR 189/17
Vorinstanz: LG Darmstadt - 6 S 213/16
BGB §§ 242, 259, 273, 274, 556, 556a
Weiterhin billigt der BGH den Mietern ein Einsichtsrecht in die vom Vermieter erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer eines gemeinsam versorgten Mietobjekts zu. Dies deshalb, um sich etwa Klarheit zu verschaffen, ob bei einer – wie im Streitfall – verbrauchsabhängigen Abrechnung der Gesamtverbrauchswert mit der Summe der Verbrauchsdaten der anderen Wohnungen übereinstimmt, ob deren Werte zutreffend sind oder ob sonst Bedenken gegen die Richtigkeit der Heizkostenverteilung bestehen (Hinweis auf Staudinger/Artz, BGB, Neubearb. 2018, § 556 Rz. 112; Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 13. Aufl., § 556 BGB Rz. 481). Eines besonderen Interesses an einer Belegeinsicht in die Verbrauchswerte der anderen im Haus befindlichen Mietwohnungen bedürfe es nicht. Zweck einer solchen Belegvorlagepflicht sei es gerade, die Ausführung der abzurechnenden Geschäfte umfassend nachprüfbar zu gestalten und es dem Einsichtsberechtigten etwa zu ermöglichen, sich durch Nachfrage bei den in den Belegen genannten Dritten über die Richtigkeit der daraus hervorgehenden Umstände zu vergewissern oder weitere Aufklärungen einzuholen. Solange der Vermieter dem Mieter keine Überprüfung der Abrechnung ermöglicht, stehe dem Mieter gegenüber einer Nachforderung des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB zu (Hinweis auf BGH v. 8.3.2006 – VIII ZR 78/05, MDR 2006, 802 m. Anm. Walter = MietRB 2006, 156).
BGH, Urt. v. 7.2.2018 - VIII ZR 189/17
Vorinstanz: LG Darmstadt - 6 S 213/16
BGB §§ 242, 259, 273, 274, 556, 556a
Das Problem
Zwischen der Vermieterin und den Mietern bestand ein Mietvertrag über eine 94 m² große Drei-Zimmer-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Der Mietvertrag sieht eine monatliche Vorauszahlung für die Umlage näher bezeichneter Betriebskosten vor, darunter die Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage und der darin verbrauchten Brennstoffe. Die Vermieterin beansprucht eine Nachzahlung für die in den Betriebskosten enthaltenen Heizkosten. Die beiden Jahresabrechnungen weisen Verbrauchswerte aus, die 42,8 % bzw. 47 % der jeweils im Heizkreis gemessenen Verbrauchseinheiten ausmachen. Die Mieter beanstandeten die Abrechnungswerte. Sie forderten die Vermieterin auf, die Ablesebeträge der anderen in dem Haus befindlichen Wohnungen vorzulegen bzw. darzulegen, welche Ableseeinheiten in welchen Wohnungen und Gewerbemieteinheiten entstanden sind. Dem kam die Vermieterin nicht nach.Die Entscheidung des Gerichts
Bei einer Nachforderung von Betriebskosten, die der Mieter bei entsprechender Vereinbarung mit den dafür bestehenden Aufteilungsmaßstäben nach (formell) ordnungsgemäß erteilter Jahresabrechnung zu tragen hat (§ 556 Abs. 1, Abs. 3, § 556a Abs. 1 BGB, §§ 6 ff. HeizKV), liegt die Darlegungs- und Beweislast für die erhobene Forderung, also für die richtige Erfassung, Zusammenstellung und Verteilung der angefallenen Betriebskosten auf die einzelnen Mieter, beim Vermieter (Hinweis u.a. auf BGH v. 20.2.2008 – VIII ZR 27/07, MDR 2008, 737 = MietRB 2008, 199 = NJW 2008, 1801). Nach Auffassung des Senats durfte das Berufungsgericht daher den Mietern nicht die Verpflichtung auferlegen, objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte, wie etwa bestehende Leitungsverluste vorzutragen, aus denen sich eine Unrichtigkeit der ihnen in Rechnung gestellten Verbrauchswerte ergebe.Weiterhin billigt der BGH den Mietern ein Einsichtsrecht in die vom Vermieter erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer eines gemeinsam versorgten Mietobjekts zu. Dies deshalb, um sich etwa Klarheit zu verschaffen, ob bei einer – wie im Streitfall – verbrauchsabhängigen Abrechnung der Gesamtverbrauchswert mit der Summe der Verbrauchsdaten der anderen Wohnungen übereinstimmt, ob deren Werte zutreffend sind oder ob sonst Bedenken gegen die Richtigkeit der Heizkostenverteilung bestehen (Hinweis auf Staudinger/Artz, BGB, Neubearb. 2018, § 556 Rz. 112; Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 13. Aufl., § 556 BGB Rz. 481). Eines besonderen Interesses an einer Belegeinsicht in die Verbrauchswerte der anderen im Haus befindlichen Mietwohnungen bedürfe es nicht. Zweck einer solchen Belegvorlagepflicht sei es gerade, die Ausführung der abzurechnenden Geschäfte umfassend nachprüfbar zu gestalten und es dem Einsichtsberechtigten etwa zu ermöglichen, sich durch Nachfrage bei den in den Belegen genannten Dritten über die Richtigkeit der daraus hervorgehenden Umstände zu vergewissern oder weitere Aufklärungen einzuholen. Solange der Vermieter dem Mieter keine Überprüfung der Abrechnung ermöglicht, stehe dem Mieter gegenüber einer Nachforderung des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB zu (Hinweis auf BGH v. 8.3.2006 – VIII ZR 78/05, MDR 2006, 802 m. Anm. Walter = MietRB 2006, 156).