BPatG, Beschl. 22.1.2021 - 29 W (pat) 524/18
Keine Verwechslungsgefahr zwischen „COPY-TOP“ und „COPYSTOP“
Autor: RA Dr. Geert Johann Seelig, Fachanwalt für gewerblichen RechtsschutzLuther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hamburg
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 07/2021
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 07/2021
Eine pauschale Anführung der Umsätze ohne Aufschlüsselung nach Waren/Dienstleistungen reicht für den Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung nicht aus. Sowohl „COPY“ als auch „TOP“ und die Kombination „COPY-TOP“ sind aufgrund ihrer deutlich beschreibenden Anklänge kennzeichnungsschwach. Daher fehlt es trotz Warenidentität an einer Verwechslungsgefahr wegen fehlender Zeichenähnlichkeit in begrifflicher und schriftbildlicher Hinsicht. Die deutlichen Bedeutungsunterschiede von „STOP“ und „TOP“ können eine geringe Ähnlichkeit in klanglicher Hinsicht neutralisieren und so einer klanglichen Verwechslungsgefahr entgegenwirken.
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2
mit Schutz für Waren der Klasse 16 (Papier; Druckereierzeugnisse) legte die Beschwerdeführerin Widerspruch aus ihrer älteren, dem Benutzungszwang unterliegenden Unionsmarke „COPY-TOP“ (Widerspruchsmarke 1) und ihrer Unionsmarke
(Widerspruchsmarke 2) mit Schutz für u.a. Waren der Klasse 16 (Druckereierzeugnisse; Papier) bei der Markenstelle des DPMA ein. Im Januar 2017 erhob die Beschwerdegegnerin die Einrede der Nichtbenutzung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG) gegen die Widerspruchsmarke 1.
Das DPMA wies den Widerspruch zurück. Hinsichtlich der Widerspruchsmarke 1 habe die Beschwerdeführerin auf die zulässig erhobene Einrede der Nichtbenutzung nicht zur rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marke vorgetragen. Der zulässige Widerspruch aus der Widerspruchsmarke 2 sei mangels Verwechslungsgefahr ebenfalls zurückzuweisen.
Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin. Zur rechtserhaltenden Benutzung trägt sie unter Verweis auf eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers vor, dass sie und ihre Lizenznehmer in den Jahren 2013 bis 2018 unter der Marke „COPY-TOP“ hohe Umsätze erzielt hätten. Zudem bestehe Verwechslungsgefahr zwischen den Marken aufgrund von Waren-/Dienstleistungsidentität sowie hoher Ähnlichkeit der Vergleichszeichen.
Rechtserhaltende Benutzung nicht hinreichend nachgewiesen:
Eine Marke werde ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – der Herkunftsfunktion – verwendet werde, um für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern. Dabei seien symbolische Verwendungen, die nur zum Zwecke des Erhalts der Marke um ihrer selbst willen dienten, außer Betracht zu lassen. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung richte sich vor allem nach Dauer und Intensität der Benutzung sowie der Art der Waren und Dienstleistungen. Diese Umstände konkret vorzutragen und glaubhaft zu machen, falle in die Sphäre der Widersprechenden (Beschwerdeführerin). Vorliegend fehle es bereits an jeglichen Angaben zu den mit konkreten Waren und Dienstleistungen erzielten Umsätzen oder zu Verkaufszahlen hinsichtlich konkreter Produkte. Denn es ermangele an einer Aufschlüsselung der in der eidesstattlichen Versicherung genannten Umsatzzahlen nach einzelnen Waren und Dienstleistungen. Auch aus den Lizenzverträgen ergebe sich nichts anderes: Diese stammten aus den Jahren 1976 und 1978, so dass die im Jahr 2000 angemeldete Marke „COPY-TOP“ nicht Gegenstand der Lizenzverträge gewesen sein könnte.
Widerspruchsmarke 1 kennzeichnungsschwach:
Selbst bei unterstellter rechtserhaltender Benutzung sei eine Verwechslungsgefahr zwischen der Widerspruchsmarke 1 und der angegriffenen Marke gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG abzulehnen. Zwar bestehe dann Warenidentität. Jedoch verfüge die „COPY-TOP“ über eine nur unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die originäre Kennzeichnungskraft werde bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Falls keine konkreten Anhaltspunkte für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft vorlägen, sei von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen. Zudem sei bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft auf den Gesamteindruck des Zeichens abzustellen, da der Verkehr in der Regel nicht zu einer zergliedernden und analysierenden Betrachtung eines Zeichens neige. Dies schließe aber nicht aus, die einzelnen Elemente einer Marke zunächst nacheinander zu prüfen, um in einem nächsten Schritt den durch sie hervorgerufenen Gesamteindruck zu beurteilen.
Das englische Wort „COPY“ sei mit „kopieren“ bzw. „Kopie“ zu übersetzen, so dass diese Worte für die in Rede stehenden Waren deutlich beschreibend wirkten. Dem englischen Adjektiv „TOP“ werden zudem vielfach die Unterscheidungskraft abgesprochen. Die Kombination „COPY-TOP“ werde daher lediglich als „Spitzen-Kopie“ verstanden und sei demnach aufgrund der deutlich beschreibenden Anklänge als kennzeichnungsschwach zu bewerten.
Keine Verwechslungsgefahr:
Zudem halte die jüngere Marke bei Vorliegen einer geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke 1 den gebotenen Abstand ein, so dass keine Verwechslungsgefahr vorliege. Markenähnlichkeit könne in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen. Es fehle vorliegend zunächst an einer begrifflichen Ähnlichkeit. „COPYSTOP“ könne als Hinweis auf einen Kopierschutz oder – in Anlehnung an den Begriff „Copy-Shop“ – auf einen Copy-Shop hinweisen, wohingegen „COPY-TOP“ für „Spitzen-Kopie“ stehe. In schriftbildlicher Hinsicht bestehe aufgrund des Bindestrichs der Widerspruchsmarke 1, der kursiven Schrift des Bestandteils „STOP“ der angegriffenen Marke sowie dem vorangestellten Bildelement der angegriffenen Marke hinreichend Abstand zwischen den Zeichen.
Zuletzt liege keine klangliche Ähnlichkeit vor. Zwar stimmten die Wortbestandteile bis auf den Buchstaben „S“ in der Wortmitte überein. Als Frikativ sei dieser jedoch deutlich hörbar. Dazu komme, dass die deutlichen Bedeutungsunterschiede von „STOP“ einerseits und „TOP“ andererseits einer klanglichen Verwechslungsgefahr entgegenwirkten. Die jeweils letzte Silbe sei bei beiden Vergleichszeichen optisch gut wahrnehmbar von dem Bestandteil „COPY“ abgesetzt. Dies führe dazu, dass die jeweils letzte Silbe – und somit auch ihr jeweiliger Anfangsbuchstabe – deutlich ausgesprochen und betont werde.
Es bestehe außerdem keine Verwechslungsgefahr zwischen der Widerspruchsmarke 2 und dem angegriffenen Zeichen. Da die Vergleichszeichen in ihrer bildlichen Ausgestaltung keine Ähnlichkeiten auswiesen, könne offenbleiben, ob der Widerspruchsmarke 2 aufgrund ihrer graphischen Ausgestaltung auch eine durchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft beigemessen werden könnte. Für die Beurteilung einer Ähnlichkeit in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht könne auf die Ausführungen zur Widerspruchsmarke 1 verwiesen werden mit dem Hinweis, dass die Widerspruchsmarke 2 sogar über den Zusatz „EXPRESS“ verfüge.
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2
Das Problem:
Gegen die am 31.5.2016 eingetragene Wort-/Bildmarkemit Schutz für Waren der Klasse 16 (Papier; Druckereierzeugnisse) legte die Beschwerdeführerin Widerspruch aus ihrer älteren, dem Benutzungszwang unterliegenden Unionsmarke „COPY-TOP“ (Widerspruchsmarke 1) und ihrer Unionsmarke
(Widerspruchsmarke 2) mit Schutz für u.a. Waren der Klasse 16 (Druckereierzeugnisse; Papier) bei der Markenstelle des DPMA ein. Im Januar 2017 erhob die Beschwerdegegnerin die Einrede der Nichtbenutzung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG) gegen die Widerspruchsmarke 1.
Das DPMA wies den Widerspruch zurück. Hinsichtlich der Widerspruchsmarke 1 habe die Beschwerdeführerin auf die zulässig erhobene Einrede der Nichtbenutzung nicht zur rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marke vorgetragen. Der zulässige Widerspruch aus der Widerspruchsmarke 2 sei mangels Verwechslungsgefahr ebenfalls zurückzuweisen.
Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin. Zur rechtserhaltenden Benutzung trägt sie unter Verweis auf eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers vor, dass sie und ihre Lizenznehmer in den Jahren 2013 bis 2018 unter der Marke „COPY-TOP“ hohe Umsätze erzielt hätten. Zudem bestehe Verwechslungsgefahr zwischen den Marken aufgrund von Waren-/Dienstleistungsidentität sowie hoher Ähnlichkeit der Vergleichszeichen.
Die Entscheidung des Gerichts
Das BPatG wies die Beschwerde der Beschwerdeführerin zurück.Rechtserhaltende Benutzung nicht hinreichend nachgewiesen:
Eine Marke werde ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – der Herkunftsfunktion – verwendet werde, um für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern. Dabei seien symbolische Verwendungen, die nur zum Zwecke des Erhalts der Marke um ihrer selbst willen dienten, außer Betracht zu lassen. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung richte sich vor allem nach Dauer und Intensität der Benutzung sowie der Art der Waren und Dienstleistungen. Diese Umstände konkret vorzutragen und glaubhaft zu machen, falle in die Sphäre der Widersprechenden (Beschwerdeführerin). Vorliegend fehle es bereits an jeglichen Angaben zu den mit konkreten Waren und Dienstleistungen erzielten Umsätzen oder zu Verkaufszahlen hinsichtlich konkreter Produkte. Denn es ermangele an einer Aufschlüsselung der in der eidesstattlichen Versicherung genannten Umsatzzahlen nach einzelnen Waren und Dienstleistungen. Auch aus den Lizenzverträgen ergebe sich nichts anderes: Diese stammten aus den Jahren 1976 und 1978, so dass die im Jahr 2000 angemeldete Marke „COPY-TOP“ nicht Gegenstand der Lizenzverträge gewesen sein könnte.
Widerspruchsmarke 1 kennzeichnungsschwach:
Selbst bei unterstellter rechtserhaltender Benutzung sei eine Verwechslungsgefahr zwischen der Widerspruchsmarke 1 und der angegriffenen Marke gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG abzulehnen. Zwar bestehe dann Warenidentität. Jedoch verfüge die „COPY-TOP“ über eine nur unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die originäre Kennzeichnungskraft werde bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Falls keine konkreten Anhaltspunkte für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft vorlägen, sei von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen. Zudem sei bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft auf den Gesamteindruck des Zeichens abzustellen, da der Verkehr in der Regel nicht zu einer zergliedernden und analysierenden Betrachtung eines Zeichens neige. Dies schließe aber nicht aus, die einzelnen Elemente einer Marke zunächst nacheinander zu prüfen, um in einem nächsten Schritt den durch sie hervorgerufenen Gesamteindruck zu beurteilen.
Das englische Wort „COPY“ sei mit „kopieren“ bzw. „Kopie“ zu übersetzen, so dass diese Worte für die in Rede stehenden Waren deutlich beschreibend wirkten. Dem englischen Adjektiv „TOP“ werden zudem vielfach die Unterscheidungskraft abgesprochen. Die Kombination „COPY-TOP“ werde daher lediglich als „Spitzen-Kopie“ verstanden und sei demnach aufgrund der deutlich beschreibenden Anklänge als kennzeichnungsschwach zu bewerten.
Keine Verwechslungsgefahr:
Zudem halte die jüngere Marke bei Vorliegen einer geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke 1 den gebotenen Abstand ein, so dass keine Verwechslungsgefahr vorliege. Markenähnlichkeit könne in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen. Es fehle vorliegend zunächst an einer begrifflichen Ähnlichkeit. „COPYSTOP“ könne als Hinweis auf einen Kopierschutz oder – in Anlehnung an den Begriff „Copy-Shop“ – auf einen Copy-Shop hinweisen, wohingegen „COPY-TOP“ für „Spitzen-Kopie“ stehe. In schriftbildlicher Hinsicht bestehe aufgrund des Bindestrichs der Widerspruchsmarke 1, der kursiven Schrift des Bestandteils „STOP“ der angegriffenen Marke sowie dem vorangestellten Bildelement der angegriffenen Marke hinreichend Abstand zwischen den Zeichen.
Zuletzt liege keine klangliche Ähnlichkeit vor. Zwar stimmten die Wortbestandteile bis auf den Buchstaben „S“ in der Wortmitte überein. Als Frikativ sei dieser jedoch deutlich hörbar. Dazu komme, dass die deutlichen Bedeutungsunterschiede von „STOP“ einerseits und „TOP“ andererseits einer klanglichen Verwechslungsgefahr entgegenwirkten. Die jeweils letzte Silbe sei bei beiden Vergleichszeichen optisch gut wahrnehmbar von dem Bestandteil „COPY“ abgesetzt. Dies führe dazu, dass die jeweils letzte Silbe – und somit auch ihr jeweiliger Anfangsbuchstabe – deutlich ausgesprochen und betont werde.
Es bestehe außerdem keine Verwechslungsgefahr zwischen der Widerspruchsmarke 2 und dem angegriffenen Zeichen. Da die Vergleichszeichen in ihrer bildlichen Ausgestaltung keine Ähnlichkeiten auswiesen, könne offenbleiben, ob der Widerspruchsmarke 2 aufgrund ihrer graphischen Ausgestaltung auch eine durchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft beigemessen werden könnte. Für die Beurteilung einer Ähnlichkeit in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht könne auf die Ausführungen zur Widerspruchsmarke 1 verwiesen werden mit dem Hinweis, dass die Widerspruchsmarke 2 sogar über den Zusatz „EXPRESS“ verfüge.