BPatG, Beschl. 23.5.2019 - 25 W (pat) 77/17
Bösgläubige Markenanmeldung auch bei eigenen „verwandten” Marken möglich
Autor: Dr. Anselm Brandi-Dohrn, maître en droit/FA für GewRS, von BOETTICHER Rechtsanwälte, Berlin
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 11/2019
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 11/2019
Die Anmeldung einer Marke kann auch dann bösgläubig sein, wenn der Anmelder selbst schon eine Reihe von Marken in Benutzung hat, die alle denselben Wortbestandteil tragen, der auch in der angemeldeten Marke enthalten ist.Bösgläubigkeit setzt voraus, dass primäres Ziel der Anmeldung entweder die Störung eines Besitzstandes des anderen ist oder sie als zweckwidriges Mittel im Wettbewerbskampf eingesetzt wird.
BPatG, Beschl. v. 23.5.2019 - 25 W (pat) 77/17 „HORSE KICK”
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 10 a.F. (jetzt: Nr. 14); § 50 Abs. 1
Inwieweit der Wortbestandteil „Kick” überhaupt Unterscheidungskraft genießt – oder ledig-lich einen Hinweis darstellt, dass derartige Instrumente mit dem Fuß gespielt werden (können) – ist zwischen den Parteien streitig.
Die Anmeldung sei in der Tat bösgläubig erfolgt. Zwar handelt ein Anmelder nicht allein deshalb unlauter, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen für dieselben Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben (EuGH, Urt. v. 27.6.2013 – C-320/12 – Malaysia Dairy Industries, GRUR-Int. 2013, 792 Rz. 37). Denn es gibt im Markenrecht kein Vorbenutzungsrecht. Bösgläubig ist die Anmeldung aber dann, wenn sie mit dem – vorrangigen, wenngleich nicht alleinigen – Ziel erfolgt, entweder (i) den Besitzstand des Vorbenutzers zu stören oder dessen weiteren Gebrauch der Marke zu sperren (BGH, Urt. v. 10.1.2008 – I ZR 38/05 – AKADEMIKS, GRUR 2008, 621, Rz. 21) oder (ii) die Marke nicht primär zur Förderung des eigenen, sondern zur Beeinträchtigung des Wettbewerbs des Mitbewerbers einzusetzen (BGH, Urt. v. 10.1.2008 – I ZR 38/05 – AKADEMIKS, GRUR 2008, 621 Rz. 21; BGH, Urt. v. 26.6.2008 – I ZR 190/05 – EROS, GRUR 2008, 917 Rz. 23).
Eine derartige Konstellation liege hier vor: Zwar hat der Anmelder seine Marke nach eigener Aussage als „Abwehrmaßnahme” nach dem Scheitern der Vertragsverhandlungen angemeldet, also zum Schutz seiner eigenen geschäftlichen Tätigkeit. Der Anmelder hat aber nicht vorgetragen, dass er die Absicht hatte, diese Marke selbst zu benutzen, insbesondere reicht es nicht aus, die Umbenennung einer von ihm derzeit unter anderem Namen vertriebenen Stomp Box als „alles andere als fernliegend” zu bezeichnen. Primäres Ziel war daher die Beeinträchtigung fremden Wettbewerbs, um so eher als sich der Anmelder trotz Nachfrage geweigert habe, der Gegenseite eine Freilizenz einzuräumen.
Auch das vom Anmelder vorgetragene „Eindringen in seine Markenserie” lasse die Bösgläubigkeit nicht entfallen: Erstens sei der gemeinsame Begriffsbestandteil „Kick” rein beschreibend, auch wenn der Anmelder das Spielen derartiger Instrumente als „tapping”, nicht als „kicking”, bezeichnet. Vor allem aber hätte es in diesem Fall nicht zwingend einer Markenanmeldung bedurft – denn läge ein Eindringen in seine Markenserie vor, hätte er sich hiergegen auch vor den ordentlichen Gerichten zur Wehr setzen können.
Der Einwand, das Produkt „HORSE KICK” der Gegenseite lehne sich technisch und gestalterisch stark an das eigene Produkt „Kick Box” an, rechtfertigt ebenso wenig den zweckfremden Einsatz des Markenrechts: Denn auch insoweit gäbe es andere Schutzrechte bzw. Schutzgesetze, auf die sich der Anmelder hätte stützen können.
BPatG, Beschl. v. 23.5.2019 - 25 W (pat) 77/17 „HORSE KICK”
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 10 a.F. (jetzt: Nr. 14); § 50 Abs. 1
Das Problem
Die Parteien sind Wettbewerber, Sie bieten jeweils spezielle Musikinstrumente an, sog. „Stomp Boxen” – Schlaginstrumente in Form eines Holzstücks mit elektronischer Verstärkung bzw Übertragung der erzeugten Geräusche. Der Markenanmelder vertreibt seine Instrumente u.a. unter den Kennzeichen „Kick Box Mark I”, „Cajo Kick”, „Kick Cajon”, „Air Kick” und „Laserkick”. Zwischen den Parteien gab es Gespräche über einen möglichen Vertrieb der Stomp Boxen Marke „Kick Box” durch die spätere Löschungsantragstellerin, die scheiterten. Spätestens aufgrund dieser Gespräche wusste der Markenanmelder, dass die Gegenseite schon seit geraumer Zeit Stomp Boxen unter der Bezeichnung „HORSE KICK” auf Messen vorgestellt hatte, hierfür jedoch keine Marke eingetragen hatte. Er meldete daraufhin eine Wortmarke „HORSE KICK” u.a. für „Tonübertragungsgeräte, elektronische Musikinstrumente” an.Inwieweit der Wortbestandteil „Kick” überhaupt Unterscheidungskraft genießt – oder ledig-lich einen Hinweis darstellt, dass derartige Instrumente mit dem Fuß gespielt werden (können) – ist zwischen den Parteien streitig.
Die Entscheidung des Gerichts
Das BPatG wies die Beschwerde des Markeninhabers gegen die von der Markenabteilung des DPMA verfügte Löschung der Marke „HORSE KICK” zurück.Die Anmeldung sei in der Tat bösgläubig erfolgt. Zwar handelt ein Anmelder nicht allein deshalb unlauter, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen für dieselben Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben (EuGH, Urt. v. 27.6.2013 – C-320/12 – Malaysia Dairy Industries, GRUR-Int. 2013, 792 Rz. 37). Denn es gibt im Markenrecht kein Vorbenutzungsrecht. Bösgläubig ist die Anmeldung aber dann, wenn sie mit dem – vorrangigen, wenngleich nicht alleinigen – Ziel erfolgt, entweder (i) den Besitzstand des Vorbenutzers zu stören oder dessen weiteren Gebrauch der Marke zu sperren (BGH, Urt. v. 10.1.2008 – I ZR 38/05 – AKADEMIKS, GRUR 2008, 621, Rz. 21) oder (ii) die Marke nicht primär zur Förderung des eigenen, sondern zur Beeinträchtigung des Wettbewerbs des Mitbewerbers einzusetzen (BGH, Urt. v. 10.1.2008 – I ZR 38/05 – AKADEMIKS, GRUR 2008, 621 Rz. 21; BGH, Urt. v. 26.6.2008 – I ZR 190/05 – EROS, GRUR 2008, 917 Rz. 23).
Eine derartige Konstellation liege hier vor: Zwar hat der Anmelder seine Marke nach eigener Aussage als „Abwehrmaßnahme” nach dem Scheitern der Vertragsverhandlungen angemeldet, also zum Schutz seiner eigenen geschäftlichen Tätigkeit. Der Anmelder hat aber nicht vorgetragen, dass er die Absicht hatte, diese Marke selbst zu benutzen, insbesondere reicht es nicht aus, die Umbenennung einer von ihm derzeit unter anderem Namen vertriebenen Stomp Box als „alles andere als fernliegend” zu bezeichnen. Primäres Ziel war daher die Beeinträchtigung fremden Wettbewerbs, um so eher als sich der Anmelder trotz Nachfrage geweigert habe, der Gegenseite eine Freilizenz einzuräumen.
Auch das vom Anmelder vorgetragene „Eindringen in seine Markenserie” lasse die Bösgläubigkeit nicht entfallen: Erstens sei der gemeinsame Begriffsbestandteil „Kick” rein beschreibend, auch wenn der Anmelder das Spielen derartiger Instrumente als „tapping”, nicht als „kicking”, bezeichnet. Vor allem aber hätte es in diesem Fall nicht zwingend einer Markenanmeldung bedurft – denn läge ein Eindringen in seine Markenserie vor, hätte er sich hiergegen auch vor den ordentlichen Gerichten zur Wehr setzen können.
Der Einwand, das Produkt „HORSE KICK” der Gegenseite lehne sich technisch und gestalterisch stark an das eigene Produkt „Kick Box” an, rechtfertigt ebenso wenig den zweckfremden Einsatz des Markenrechts: Denn auch insoweit gäbe es andere Schutzrechte bzw. Schutzgesetze, auf die sich der Anmelder hätte stützen können.