BVerwG, Beschl. 5.3.2020 - 20 F 3.19
Umfang des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen
Autor: RAin Maria-Urania Dovas, LL.M., SSW Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer, München
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 07/2020
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 07/2020
Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen umfasst nicht nur das Verbot des unbefugten Zugriffs auf den Inhalt von Dateien, die das Geschäftsgeheimnis enthalten, sondern auch bereits die Verhinderung des Zugangs zu äußeren Merkmalen von Dateien, wie Dateiname, Dateiendung, Dateityp, Dateigröße, aus denen sich das Geschäftsgeheimnis ableiten lässt.
GeschGehG §§ 2, 4; IFG §§ 1, 6; VwGO §§ 99 Abs. 1, 189
Die Sperrerklärung wurde vom OVG teilweise für rechtswidrig erklärt. Hierüber hatte auf die Beschwerde der Behörde (sowie der Beigeladenen) das BVerwG zu entscheiden.
Geheim zu haltende Vorgänge: Zu den Vorgängen, die ihrem Wesen nach geheim zu halten seien, gehörten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, zu denen nach Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge zählten, die nicht offenkundig seien. Dazu gehörten auch betriebstechnische Informationen. Im vorliegenden Fall seien das für eine Bauartzulassung einzureichende und offenzulegende detaillierte gerätespezifische Unterlagen wie Konstruktionszeichnungen, Schaltpläne, Bauteillisten, Platinenlayouts und Bestückungspläne, Erläuterungen des Messprinzips und die Details seiner Umsetzung sowie der Quellcode der Messgerätesoftware. Diese Informationen würden unter Verschluss gehalten, weil ein Konkurrenzunternehmen hiermit in der Lage sei, das Gerät nachzubauen. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse beträfen auch Zusammenstellungen und Listen von Dateinamen, -typen und -größen, einschließlich der zugehörigen Anmerkungen und Erläuterungen. Die Informationen seien nicht isoliert, sondern in ihrem Gesamtzusammenhang und ihrem gerätespezifischen Bezug zu sehen und deshalb insgesamt vor der Öffentlichkeit zu schützen.
Schutzumfang: Der Schutz des Geschäftsgeheimnisses umfasse nicht nur das Verbot des unbefugten Zugriffs, sondern auch bereits die Verhinderung des Zugangs zu Dateien, aus denen sich das Geschäftsgeheimnis ableiten lasse, also auch äußere Merkmale von Dateien (Dateiname, -endung, -typ, -größe), die Rückschlüsse auf das Geschäftsgeheimnis zuließen. Speziell bei Quellcode-Dateien sei dies der Fall, weil diese für den Endnutzer weder nach Anzahl noch Name noch Größe erkennbar seien und er auch nicht nachvollziehen könne, in welcher Programmiersprache oder Programmierumgebung diese erstellt worden seien. Die Kenntnis der Dateinamen und der Programmbibliotheken erlaube einem Fachmann weitreichende Schlüsse auf in das Gerät investiertes Know-how. Dies gelte erst recht, je mehr Informationen offengelegt und miteinander verknüpft werden könnten. Auch Informationen über die Größe von Dateien seien aussagekräftig, weil sich in Kombination mit den Dateinamen Hinweise darauf ergäben, welchen Aufwand der Hersteller betrieben habe, um die mit dem Dateinamen bezeichnete Funktionalität einzufügen.
Keine Offenkundigkeit: Gem. § 2 Nr. 1 lit. a GeschGehG sei dies eine Information, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgingen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich und daher von wirtschaftlichem Wert sei.
Berechtigtes Interesse an der Nichtverbreitung: Gem. § 2 Nr. 1 lit. c GeschGehG werde ein Interesse an der Nichtverbreitung dann bejaht, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet sei, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Obwohl das Zulassungsverfahren der Messgeräte bereits abgeschlossen sei, sei eine Wettbewerbsrelevanz weiterhin gegeben, denn zwei Produkte dieser Gerätefamilie seien noch in Produktion und die eingesetzte Technik entspreche nach wie vor dem Stand der Technik und übertreffe sogar die anderer am Markt befindlicher Geräte. Daher sei die Offenlegung der Informationen geeignet, exklusives technisches und kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und auf diese Weise die eigene Wettbewerbsposition nachteilig zu beeinflussen.
Schutzzweck: Der Schutzzweck des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses bestehe in der Verteidigung der wirtschaftlichen Stellung des Betroffenen gegenüber den Marktkonkurrenten. Erforderlich sei eine Wettbewerbsrelevanz der offenzulegenden Unterlagen, die darin zum Ausdruck kommen könne, dass die Information Gegenstand angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen durch den rechtmäßigen Inhaber sei (§ 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG).
GeschGehG §§ 2, 4; IFG §§ 1, 6; VwGO §§ 99 Abs. 1, 189
Das Problem
Ein Ingenieurbüro hatte von einer wissenschaftlich-technischen Bundesoberbehörde Zugang zu Unterlagen aus einem dort geführten Verfahren über die Bauartzulassung von Geschwindigkeitsmessgeräten gefordert. Die Behörde wurde in der Vorinstanz aufgefordert, die streitgegenständlichen Unterlagen vorzulegen, übermittelte sie jedoch nur in Teilen und gab i.Ü. eine Sperrerklärung ab, weil die Unterlagen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthielten.Die Sperrerklärung wurde vom OVG teilweise für rechtswidrig erklärt. Hierüber hatte auf die Beschwerde der Behörde (sowie der Beigeladenen) das BVerwG zu entscheiden.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Gericht hat in seinem Beschluss die Rechtmäßigkeit der Sperrerklärung bestätigt. Diese genüge einerseits den formellen Anforderungen und zum anderen bilde der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen einen Grund für die Verweigerung der Aktenvorlage gem. § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 VwGO.Geheim zu haltende Vorgänge: Zu den Vorgängen, die ihrem Wesen nach geheim zu halten seien, gehörten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, zu denen nach Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge zählten, die nicht offenkundig seien. Dazu gehörten auch betriebstechnische Informationen. Im vorliegenden Fall seien das für eine Bauartzulassung einzureichende und offenzulegende detaillierte gerätespezifische Unterlagen wie Konstruktionszeichnungen, Schaltpläne, Bauteillisten, Platinenlayouts und Bestückungspläne, Erläuterungen des Messprinzips und die Details seiner Umsetzung sowie der Quellcode der Messgerätesoftware. Diese Informationen würden unter Verschluss gehalten, weil ein Konkurrenzunternehmen hiermit in der Lage sei, das Gerät nachzubauen. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse beträfen auch Zusammenstellungen und Listen von Dateinamen, -typen und -größen, einschließlich der zugehörigen Anmerkungen und Erläuterungen. Die Informationen seien nicht isoliert, sondern in ihrem Gesamtzusammenhang und ihrem gerätespezifischen Bezug zu sehen und deshalb insgesamt vor der Öffentlichkeit zu schützen.
Schutzumfang: Der Schutz des Geschäftsgeheimnisses umfasse nicht nur das Verbot des unbefugten Zugriffs, sondern auch bereits die Verhinderung des Zugangs zu Dateien, aus denen sich das Geschäftsgeheimnis ableiten lasse, also auch äußere Merkmale von Dateien (Dateiname, -endung, -typ, -größe), die Rückschlüsse auf das Geschäftsgeheimnis zuließen. Speziell bei Quellcode-Dateien sei dies der Fall, weil diese für den Endnutzer weder nach Anzahl noch Name noch Größe erkennbar seien und er auch nicht nachvollziehen könne, in welcher Programmiersprache oder Programmierumgebung diese erstellt worden seien. Die Kenntnis der Dateinamen und der Programmbibliotheken erlaube einem Fachmann weitreichende Schlüsse auf in das Gerät investiertes Know-how. Dies gelte erst recht, je mehr Informationen offengelegt und miteinander verknüpft werden könnten. Auch Informationen über die Größe von Dateien seien aussagekräftig, weil sich in Kombination mit den Dateinamen Hinweise darauf ergäben, welchen Aufwand der Hersteller betrieben habe, um die mit dem Dateinamen bezeichnete Funktionalität einzufügen.
Keine Offenkundigkeit: Gem. § 2 Nr. 1 lit. a GeschGehG sei dies eine Information, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgingen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich und daher von wirtschaftlichem Wert sei.
Berechtigtes Interesse an der Nichtverbreitung: Gem. § 2 Nr. 1 lit. c GeschGehG werde ein Interesse an der Nichtverbreitung dann bejaht, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet sei, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Obwohl das Zulassungsverfahren der Messgeräte bereits abgeschlossen sei, sei eine Wettbewerbsrelevanz weiterhin gegeben, denn zwei Produkte dieser Gerätefamilie seien noch in Produktion und die eingesetzte Technik entspreche nach wie vor dem Stand der Technik und übertreffe sogar die anderer am Markt befindlicher Geräte. Daher sei die Offenlegung der Informationen geeignet, exklusives technisches und kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und auf diese Weise die eigene Wettbewerbsposition nachteilig zu beeinflussen.
Schutzzweck: Der Schutzzweck des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses bestehe in der Verteidigung der wirtschaftlichen Stellung des Betroffenen gegenüber den Marktkonkurrenten. Erforderlich sei eine Wettbewerbsrelevanz der offenzulegenden Unterlagen, die darin zum Ausdruck kommen könne, dass die Information Gegenstand angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen durch den rechtmäßigen Inhaber sei (§ 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG).