Corona-Impfung: Wann haften Staat, Hersteller und Impfärzte für Impfschäden?
08.10.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Im Juni 2022 gab Gesundheitsminister Lauterbach per Twitter und in einem Video seines Ministeriums grundsätzlich zu, dass die Corona-Impfung auch zu ernsthaften Impfschäden und Nebenwirkungen führen könne. Dies stand in deutlichem Widerspruch zu seinen bisherigen Aussagen. Berichte auch öffentlich-rechtlicher Medien haben sich inzwischen immer wieder mit Fällen von Impfschäden bzw. schweren Nebenwirkungen beschäftigt. Es gibt zahlreiche Fälle, bei denen sich Impfnebenwirkungen nicht nur auf ein paar Tage Fieber oder einen juckenden Oberarm beschränkt haben, sondern zu ernsthaften Autoimmunerkrankungen, Thrombosen, Allergien, dem Guillain-Barre-Syndrom oder Herzerkrankungen führten. Für die Betroffenen ist ein normales Leben oft nicht mehr möglich. Und leider gab es auch aufgrund der Corona-Impfung Verstorbene.
Ärzte sind verpflichtet, dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) Impfnebenwirkungen zu melden. Allerdings zeigen Berichte von Betroffenen, dass dies mitunter nur zögerlich erfolgt. Dies beruht auf mehreren Problemen: Impfschäden führen oft zu neuartigen Krankheitsbildern, die nur durch aufwändige Untersuchungen als Folge einer Impfung identifiziert werden können. Und: Eine einzige Meldung an das Paul-Ehrlich-Institut nimmt etwa 45 Minuten in Anspruch - Zeit, die ein niedergelassener Arzt im Praxisalltag kaum hat. Möglicherweise hat auch die Befürchtung, als Querdenker und Impfgegner angesehen zu werden, manchmal die Bereitschaft gedämpft, sich näher mit diesem Thema zu befassen. So berichteten einige Betroffene in Interviews von einem langwierigen Arztmarathon ohne klare Diagnose.
Das PEI geht bisher davon aus, dass bei 0,02 Prozent der Fälle schwere Nebenwirkungen auftreten, also in zwei von 10.000 Fällen. Diese Zahl bezieht sich jedoch nicht auf geimpfte Personen (mit zwei oder drei Impfungen), sondern auf die einzelnen Impfdosen (Quelle: Website des PEI). Bei 10.000 Personen, die jeweils drei Mal geimpft wurden, gibt es also nicht zwei Fälle schwerer Nebenwirkungen, sondern sechs.
Manche Studien und auch Schätzwerte aus der Versicherungsbranche gehen von höheren Zahlen aus, sind jedoch von der Methodik her umstritten. Ob das Zahlenmaterial in diesem Bereich seriös ist, ist schwer einzuschätzen. Ohne ein Impfregister, das wirklich alle Fälle erfasst, ist kaum eine exakte Feststellung der Fallzahlen möglich.
Den Betroffenen ist damit nicht geholfen: Sie erleben teilweise einen langen Spießrutenlauf, bis überhaupt ein Arzt bereit ist, sich ihrer Problematik anzunehmen. In der Presse wird aber auch über mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Staat berichtet und über Anwälte, die sich auf derartige Fälle spezialisiert haben.
Hier ist zunächst einmal zu unterscheiden: Es gibt einerseits besonders gesetzlich geregelte Ansprüche bei Impfschäden und andererseits allgemeine Amtshaftungsansprüche.
Das während der Corona-Pandemie vielfach geänderte Infektionsschutzgesetz enthielt einen § 60, der Impfgeschädigten unter bestimmten Voraussetzungen gegen den Staat einen Anspruch auf eine verschuldensunabhängige Entschädigung in Form von Versorgungsleistungen gewährte. Allerdings wurde diese Regelung Anfang 2024 gestrichen. Nunmehr gilt wie vor der Corona-Pandemie eine allgemeinere Entschädigungsregelung im 14. Sozialgesetzbuch.
§ 24 des 14. Sozialgesetzbuches beschäftigt sich speziell mit den Folgen von Impfungen, also Impfschäden. Ein Anspruch aus Amtshaftung besteht hingegen immer dann, wenn eine Person bei ihrem Handeln in staatlichem Auftrag einen Fehler gemacht hat, durch den jemand geschädigt wurde.
Bei von Behörden öffentlich empfohlenen oder vom Gesundheitsamt kostenlos durchgeführten Impfungen haben Betroffene Anspruch auf eine sogenannte Soziale Entschädigung nach § 2 SGB XIV. Diese kann unter anderem die Kosten einer Krankenbehandlung umfassen, aber auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder bei Pflegebedürftigkeit, Entschädigungszahlungen und einen Berufsschadensausgleich.
Allerdings muss dafür nachgewiesen werden, dass es sich tatsächlich um einen durch die Impfung verursachten Schaden handelt. Dies ist eine strengere Fassung als bei der gestrichenen Regelung: Nach dieser mussten nur mehr Umstände für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen.
Nach dem XIV. Sozialgesetzbuch sind auch Entschädigungszahlungen in Geld möglich. Hier kann es sich um monatliche Zahlungen handeln, deren Höhe vom Grad der Schädigung abhängt. Die Beträge liegen zwischen 418 und 2.091 Euro. Auch eine einmalige Abfindung für einen Zeitraum von fünf Jahren ist möglich. Ebenso kann Anspruch auf einen Berufsschadensausgleich bestehen, der Einkommensausfälle ersetzt.
Den Antrag können Betroffene bei den jeweils zuständigen Behörden ihres Bundeslandes stellen, meist den Sozialbehörden. Oft informieren diese auch auf ihren Internetseiten über die Voraussetzungen für eine Impfschaden-Entschädigung.
Weitere Details finden Sie hier:
Impfschaden: Haben Geimpfte Anspruch auf Entschädigung?
Ein Schadensersatzanspruch bei Impfschäden kann sich auch aus der sogenannten Amtshaftung ergeben. Diese beruht auf § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Verbindung mit Art. 34 Grundgesetz. Amtshaftung bedeutet: Wenn jemand in hoheitlichem, staatlichem Auftrag tätig wird und dabei eine Amtspflicht verletzt, haftet dafür seine Anstellungskörperschaft, zum Beispiel das jeweilige Bundesland. Dabei ist es egal, ob die Pflichtverletzung von einem Arbeiter, Angestellten oder Beamten begangen wird.
Die Voraussetzungen für eine solche Amtshaftung sind:
- Es muss eine Amtspflicht verletzt worden sein.
- Diese muss den Zweck gehabt haben, Dritte vor Schäden zu schützen.
- Bei Ausübung der Amtspflicht muss es ein schuldhaftes Fehlverhalten gegeben haben.
- Dieses muss für den entstandenen Schaden ursächlich geworden sein.
Ein interessantes Urteil fällte 2024 das Oberlandesgericht Hamm. Danach haftet eine niedergelassene Ärztin in einer Gemeinschaftspraxis nicht für einen Impfschaden durch mögliche Fehler einer Mitarbeiterin, weil sie die falsche Beklagte ist: Die Corona-Impfung sei komplett vom Staat organisiert und finanziert worden. Daher handle es sich hier, anders als bei einer bloß empfohlenen Impfung, um Handeln in staatlichem Auftrag. Der Kläger müsse also einen Amtshaftungsanspruch gegen den Staat geltend machen und nicht gegen die behandelnde Ärztin (Urteil vom 19.6.2024, Az. 3 U 119/23). Eine Revision des Urteils beim Bundesgerichtshof ist möglich.
Ähnlich hat auch das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden: Es wies eine Schadensersatzklage gegen eine Impfärztin ab. Da die Impfärzte im Rahmen der Corona-Impfkampagne auf Anweisung des Staates und somit hoheitlich gehandelt hätten, käme nur eine Haftung des Staates in Frage. Dem Rechtsstreit lag der Fall einer Auszubildenden in einer Pflegeeinrichtung zugrunde, der nach zwei Corona-Impfungen eine "geringgradige halbseitige Lähmung links mit geringer Gangunsicherheit" diagnostiziert wurde und die behauptete, nun arbeitsunfähig zu sein. Wegen des behaupteten Impfschadens forderte sie mindestens 50.000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz von der Impfärztin (Urteil vom 25.06.2024, Az. 1 U 34/23).
Das Landgericht Itzehoe hat eine Klage gegen das Land Schleswig-Holstein aus Amtshaftung abgewiesen. In diesem Fall sah das Gericht es nicht als erwiesen an, dass die steife Schulter des Klägers tatsächlich von der Impfung in einem Impfzentrum herrührte und nicht im Zusammenhang mit einer seiner Vorerkrankungen, darunter Diabetes, stand. Auch einen Aufklärungsmangel sah das Gericht hier nicht, da eine solche Folge so selten auftrete, dass man über dieses Risiko nicht aufklären müsse (Urteil vom 1.2.2024, Az. 4 O 44/23).
Es gibt verschiedene Fälle, in denen durchaus gute Chancen auf eine Entschädigung für einen Corona-Impfschaden bestehen: Wenn nämlich der Impfarzt eindeutig einen Fehler gemacht hat.
Solche Fehler können zum Beispiel sein:
- Mangelnde Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen und Impfreaktionen,
- vergessene Nachfrage zu Allergien oder Medikamenten-Unverträglichkeiten,
- fehlende Überwachung des Patienten nach der Impfung wegen möglicher Komplikationen,
- Impfstoffqualität zu schlecht, Kühlkette gestört.
- Arbeitsschritt vergessen, etwa Desinfektion der Impfstelle.
Kommt es zu einer nachweisbaren gesundheitlichen Schädigung des Patienten wegen solcher Fehler des Impfpersonals, ist ein Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld im Wege der Amtshaftung denkbar. Insbesondere bei den Massenimpfungen in Impfzentren muss man sich fragen, ob die Impflinge tatsächlich sachgerecht über die Risiken der Impfstoffe aufgeklärt wurden.
Bei der Diskussion über Impfschäden geht es zum Teil auch um die Frage, ob die Corona-Impfung an sich als Amtspflichtverletzung des Impfpersonals angesehen werden kann, wenn - auch bei korrekter Durchführung und bei kerngesunden Personen - generell schwere Nebenwirkungen möglich sind.
Das Problem dabei ist, dass für eine Amtshaftung zunächst eine schuldhafte Pflichtverletzung des Impfpersonals nötig ist, die für den jeweiligen Schaden ursächlich war. Das Impfpersonal hat die Amtspflicht, die Impfung inklusive Aufklärung und Anamnesegespräch korrekt durchzuführen, so dass sich die zu impfende Person des Impfrisikos hinreichend bewusst ist. Erleidet jemand aufgrund eines generellen Risikos der Impfung einen Schaden, liegt jedoch grundsätzlich kein Fehlverhalten des Impfpersonals vor. Anders ist die Lage, wenn der Impfarzt konkrete Anhaltspunkte dafür hatte, dass die Impfung ein erhöhtes Risiko schwerer Nebenwirkungen und Imfschäden mit sich bringt.
Fazit: Ist eine schwere Impfnebenwirkung auf einen Fehler des Impfpersonals zurückzuführen, kann ein Amtshaftungsanspruch Aussicht auf Erfolg haben. Verwirklicht sich ohne konkretes Fehlverhalten lediglich ein allgemeines Impfrisiko, hat eine Klage keine Chancen vor Gericht.
Für die Impfstoffhersteller besteht eine Produkthaftung laut Arzneimittelgesetz. Wichtig zu wissen ist dabei, dass die Kaufverträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Herstellern zwar Gewährleistungsansprüche ausschließen. Dies betrifft jedoch nicht Ansprüche von geimpften Personen wegen Impfnebenwirkungen.
Die Hersteller von Impfstoffen sind laut Arzneimittelgesetz zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ein Impfstoff schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
Das Düsseldorfer Landgericht hat im November 2023 über drei Klagen wegen behaupteter Schäden durch Corona-Impfungen entschieden. Verklagt wurden die Impfstoffhersteller Biontech und Moderna. Alle drei Klagen wurden abgewiesen. Die Kläger behaupteten, die Corona-Impfungen hätten bei ihnen zu Atemnot, Seh- und Bewusstseinsstörungen, Bluthochdruck, Gürtelrose, Herzmuskelentzündung, Erschöpfung, Schlafstörungen und Panikattacken geführt. Neben Schadensersatzansprüchen forderten sie Schmerzensgeld von bis zu von 250.000 Euro. Aus Sicht des Gerichts konnten die Kläger jedoch nicht nachweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen den gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Covid-Impfung gibt. Zudem seien sie ausreichend über den Impfstoff aufgeklärt worden (Urteile vom 16.11.2023, Az. 3 O 141/22, 3 O 151/22, 3 O 60/23 und 3 O 164/22)
Es gab weitere Klagen auf Schadensersatz wegen der Corona-Impfung gegen verschiedene Impfstoffhersteller, die bisher allesamt gescheitert sind, weil die Kläger die Ursächlichkeit der Impfung für die behaupteten Schäden und Nebenwirkungen nicht nachweisen konnten. Erst im Juli 2024 wurde eine weitere Klage gegen Biontech abgewiesen. Allerdings ist hier noch eine Revision beim Bundesgerichtshof möglich (OLG Koblenz, Urteil vom 10.7.2024, Az. 5 U 1375/23).
Sowohl das Verwaltungsgericht Mainz (Urteil vom 12.05.2023, Az. 4 K 573/22MZ), als auch das Verwaltungsgericht Hannover (Urteil vom 24.11.2022, Az. 2 A 460/22) haben entsprechende Klagen abgewiesen. In beiden Fällen wurden die Impfungen jeweils in den Räumen des Dienstherrn durchgeführt, die dem jeweiligen Impfzentrum zur Verfügung gestellt wurden. Nach Ansicht der Richter reichte dies nicht aus, um den notwendigen engen Zusammenhang der Impfung mit dem Dienst der Klägerinnen in der Schule herzustellen. Die Impfzentren der beiden Städte, welche die Impfung durchgeführt hätten, stünden weder organisatorisch noch materiell in der Verantwortung der Dienstherren. Auch der Besitz einer Bescheinigung über die Zugehörigkeit zu einer Priorisierungsgruppe habe nicht dazu geführt, dass die Impfung im Verantwortungsbereich des Dienstherrn erfolgt sei. Das Interesse der Klägerinnen an der Impfung sei zudem überwiegend privat gewesen.
Sind Sie selbst von schweren Impfnebenwirkungen durch die Corona-Impfung oder einem Impfschaden betroffen und möchten prüfen lassen, welche Ansprüche Ihnen zustehen? Dann ist ein Fachanwalt für Medizinrecht der beste Ansprechpartner.
Das Wichtigste in Kürze
1. Amtshaftung: Wird ein Impfarzt in hoheitlichem, also staatlichen Auftrag tätig und verletzt er dabei eine Amtspflicht, haftet seine Anstellungskörperschaft für dieses Fehlverhalten. Das kann z.B. bei mangelnder Aufklärung über eine Impfung der Fall sein.
2. Produkthaftung: Laut Arzneimittelgesetz sind Imfstoffhersteller zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ein Impfstoff schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
3. Arzthaftung: In Sachen Corona-Impfung sind Entschädigungsansprüche gegen Impfärzte ausgeschlossen, soweit diese im Rahmen der Impfkampagne auf Anweisung des Staates und somit hoheitlich gehandelt haben.
1. Amtshaftung: Wird ein Impfarzt in hoheitlichem, also staatlichen Auftrag tätig und verletzt er dabei eine Amtspflicht, haftet seine Anstellungskörperschaft für dieses Fehlverhalten. Das kann z.B. bei mangelnder Aufklärung über eine Impfung der Fall sein.
2. Produkthaftung: Laut Arzneimittelgesetz sind Imfstoffhersteller zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ein Impfstoff schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
3. Arzthaftung: In Sachen Corona-Impfung sind Entschädigungsansprüche gegen Impfärzte ausgeschlossen, soweit diese im Rahmen der Impfkampagne auf Anweisung des Staates und somit hoheitlich gehandelt haben.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Corona-Impfung: Wie viele Impfschäden gibt es? Welche Ansprüche gibt es bei schweren Impfnebenwirkungen? Welche Entschädigungsansprüche habe ich aus dem Sozialrecht? Wie kann ich Schadensersatz vom Staat bekommen? Haftet der Staat für Fehler des Arztes? Welche ärztlichen Fehler können zu einem Schadensersatzanspruch führen? Ist die Corona-Impfung generell eine Pflichtverletzung des Impfpersonals? Gibt es Schadensersatz vom Corona-Impfstoffhersteller? Gilt der Impfschaden einer Lehrerin als Dienstunfall? Praxistipp zur Haftung des Staates für Corona-Impfschäden Corona-Impfung: Wie viele Impfschäden gibt es?
Ärzte sind verpflichtet, dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) Impfnebenwirkungen zu melden. Allerdings zeigen Berichte von Betroffenen, dass dies mitunter nur zögerlich erfolgt. Dies beruht auf mehreren Problemen: Impfschäden führen oft zu neuartigen Krankheitsbildern, die nur durch aufwändige Untersuchungen als Folge einer Impfung identifiziert werden können. Und: Eine einzige Meldung an das Paul-Ehrlich-Institut nimmt etwa 45 Minuten in Anspruch - Zeit, die ein niedergelassener Arzt im Praxisalltag kaum hat. Möglicherweise hat auch die Befürchtung, als Querdenker und Impfgegner angesehen zu werden, manchmal die Bereitschaft gedämpft, sich näher mit diesem Thema zu befassen. So berichteten einige Betroffene in Interviews von einem langwierigen Arztmarathon ohne klare Diagnose.
Das PEI geht bisher davon aus, dass bei 0,02 Prozent der Fälle schwere Nebenwirkungen auftreten, also in zwei von 10.000 Fällen. Diese Zahl bezieht sich jedoch nicht auf geimpfte Personen (mit zwei oder drei Impfungen), sondern auf die einzelnen Impfdosen (Quelle: Website des PEI). Bei 10.000 Personen, die jeweils drei Mal geimpft wurden, gibt es also nicht zwei Fälle schwerer Nebenwirkungen, sondern sechs.
Manche Studien und auch Schätzwerte aus der Versicherungsbranche gehen von höheren Zahlen aus, sind jedoch von der Methodik her umstritten. Ob das Zahlenmaterial in diesem Bereich seriös ist, ist schwer einzuschätzen. Ohne ein Impfregister, das wirklich alle Fälle erfasst, ist kaum eine exakte Feststellung der Fallzahlen möglich.
Den Betroffenen ist damit nicht geholfen: Sie erleben teilweise einen langen Spießrutenlauf, bis überhaupt ein Arzt bereit ist, sich ihrer Problematik anzunehmen. In der Presse wird aber auch über mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Staat berichtet und über Anwälte, die sich auf derartige Fälle spezialisiert haben.
Welche Ansprüche gibt es bei schweren Impfnebenwirkungen?
Hier ist zunächst einmal zu unterscheiden: Es gibt einerseits besonders gesetzlich geregelte Ansprüche bei Impfschäden und andererseits allgemeine Amtshaftungsansprüche.
Das während der Corona-Pandemie vielfach geänderte Infektionsschutzgesetz enthielt einen § 60, der Impfgeschädigten unter bestimmten Voraussetzungen gegen den Staat einen Anspruch auf eine verschuldensunabhängige Entschädigung in Form von Versorgungsleistungen gewährte. Allerdings wurde diese Regelung Anfang 2024 gestrichen. Nunmehr gilt wie vor der Corona-Pandemie eine allgemeinere Entschädigungsregelung im 14. Sozialgesetzbuch.
§ 24 des 14. Sozialgesetzbuches beschäftigt sich speziell mit den Folgen von Impfungen, also Impfschäden. Ein Anspruch aus Amtshaftung besteht hingegen immer dann, wenn eine Person bei ihrem Handeln in staatlichem Auftrag einen Fehler gemacht hat, durch den jemand geschädigt wurde.
Welche Entschädigungsansprüche habe ich aus dem Sozialrecht?
Bei von Behörden öffentlich empfohlenen oder vom Gesundheitsamt kostenlos durchgeführten Impfungen haben Betroffene Anspruch auf eine sogenannte Soziale Entschädigung nach § 2 SGB XIV. Diese kann unter anderem die Kosten einer Krankenbehandlung umfassen, aber auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder bei Pflegebedürftigkeit, Entschädigungszahlungen und einen Berufsschadensausgleich.
Allerdings muss dafür nachgewiesen werden, dass es sich tatsächlich um einen durch die Impfung verursachten Schaden handelt. Dies ist eine strengere Fassung als bei der gestrichenen Regelung: Nach dieser mussten nur mehr Umstände für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen.
Nach dem XIV. Sozialgesetzbuch sind auch Entschädigungszahlungen in Geld möglich. Hier kann es sich um monatliche Zahlungen handeln, deren Höhe vom Grad der Schädigung abhängt. Die Beträge liegen zwischen 418 und 2.091 Euro. Auch eine einmalige Abfindung für einen Zeitraum von fünf Jahren ist möglich. Ebenso kann Anspruch auf einen Berufsschadensausgleich bestehen, der Einkommensausfälle ersetzt.
Den Antrag können Betroffene bei den jeweils zuständigen Behörden ihres Bundeslandes stellen, meist den Sozialbehörden. Oft informieren diese auch auf ihren Internetseiten über die Voraussetzungen für eine Impfschaden-Entschädigung.
Weitere Details finden Sie hier:
Impfschaden: Haben Geimpfte Anspruch auf Entschädigung?
Wie kann ich Schadensersatz vom Staat bekommen?
Ein Schadensersatzanspruch bei Impfschäden kann sich auch aus der sogenannten Amtshaftung ergeben. Diese beruht auf § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Verbindung mit Art. 34 Grundgesetz. Amtshaftung bedeutet: Wenn jemand in hoheitlichem, staatlichem Auftrag tätig wird und dabei eine Amtspflicht verletzt, haftet dafür seine Anstellungskörperschaft, zum Beispiel das jeweilige Bundesland. Dabei ist es egal, ob die Pflichtverletzung von einem Arbeiter, Angestellten oder Beamten begangen wird.
Die Voraussetzungen für eine solche Amtshaftung sind:
- Es muss eine Amtspflicht verletzt worden sein.
- Diese muss den Zweck gehabt haben, Dritte vor Schäden zu schützen.
- Bei Ausübung der Amtspflicht muss es ein schuldhaftes Fehlverhalten gegeben haben.
- Dieses muss für den entstandenen Schaden ursächlich geworden sein.
Haftet der Staat für Fehler des Arztes?
Ein interessantes Urteil fällte 2024 das Oberlandesgericht Hamm. Danach haftet eine niedergelassene Ärztin in einer Gemeinschaftspraxis nicht für einen Impfschaden durch mögliche Fehler einer Mitarbeiterin, weil sie die falsche Beklagte ist: Die Corona-Impfung sei komplett vom Staat organisiert und finanziert worden. Daher handle es sich hier, anders als bei einer bloß empfohlenen Impfung, um Handeln in staatlichem Auftrag. Der Kläger müsse also einen Amtshaftungsanspruch gegen den Staat geltend machen und nicht gegen die behandelnde Ärztin (Urteil vom 19.6.2024, Az. 3 U 119/23). Eine Revision des Urteils beim Bundesgerichtshof ist möglich.
Ähnlich hat auch das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden: Es wies eine Schadensersatzklage gegen eine Impfärztin ab. Da die Impfärzte im Rahmen der Corona-Impfkampagne auf Anweisung des Staates und somit hoheitlich gehandelt hätten, käme nur eine Haftung des Staates in Frage. Dem Rechtsstreit lag der Fall einer Auszubildenden in einer Pflegeeinrichtung zugrunde, der nach zwei Corona-Impfungen eine "geringgradige halbseitige Lähmung links mit geringer Gangunsicherheit" diagnostiziert wurde und die behauptete, nun arbeitsunfähig zu sein. Wegen des behaupteten Impfschadens forderte sie mindestens 50.000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz von der Impfärztin (Urteil vom 25.06.2024, Az. 1 U 34/23).
Das Landgericht Itzehoe hat eine Klage gegen das Land Schleswig-Holstein aus Amtshaftung abgewiesen. In diesem Fall sah das Gericht es nicht als erwiesen an, dass die steife Schulter des Klägers tatsächlich von der Impfung in einem Impfzentrum herrührte und nicht im Zusammenhang mit einer seiner Vorerkrankungen, darunter Diabetes, stand. Auch einen Aufklärungsmangel sah das Gericht hier nicht, da eine solche Folge so selten auftrete, dass man über dieses Risiko nicht aufklären müsse (Urteil vom 1.2.2024, Az. 4 O 44/23).
Welche ärztlichen Fehler können zu einem Schadensersatzanspruch führen?
Es gibt verschiedene Fälle, in denen durchaus gute Chancen auf eine Entschädigung für einen Corona-Impfschaden bestehen: Wenn nämlich der Impfarzt eindeutig einen Fehler gemacht hat.
Solche Fehler können zum Beispiel sein:
- Mangelnde Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen und Impfreaktionen,
- vergessene Nachfrage zu Allergien oder Medikamenten-Unverträglichkeiten,
- fehlende Überwachung des Patienten nach der Impfung wegen möglicher Komplikationen,
- Impfstoffqualität zu schlecht, Kühlkette gestört.
- Arbeitsschritt vergessen, etwa Desinfektion der Impfstelle.
Kommt es zu einer nachweisbaren gesundheitlichen Schädigung des Patienten wegen solcher Fehler des Impfpersonals, ist ein Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld im Wege der Amtshaftung denkbar. Insbesondere bei den Massenimpfungen in Impfzentren muss man sich fragen, ob die Impflinge tatsächlich sachgerecht über die Risiken der Impfstoffe aufgeklärt wurden.
Ist die Corona-Impfung generell eine Pflichtverletzung des Impfpersonals?
Bei der Diskussion über Impfschäden geht es zum Teil auch um die Frage, ob die Corona-Impfung an sich als Amtspflichtverletzung des Impfpersonals angesehen werden kann, wenn - auch bei korrekter Durchführung und bei kerngesunden Personen - generell schwere Nebenwirkungen möglich sind.
Das Problem dabei ist, dass für eine Amtshaftung zunächst eine schuldhafte Pflichtverletzung des Impfpersonals nötig ist, die für den jeweiligen Schaden ursächlich war. Das Impfpersonal hat die Amtspflicht, die Impfung inklusive Aufklärung und Anamnesegespräch korrekt durchzuführen, so dass sich die zu impfende Person des Impfrisikos hinreichend bewusst ist. Erleidet jemand aufgrund eines generellen Risikos der Impfung einen Schaden, liegt jedoch grundsätzlich kein Fehlverhalten des Impfpersonals vor. Anders ist die Lage, wenn der Impfarzt konkrete Anhaltspunkte dafür hatte, dass die Impfung ein erhöhtes Risiko schwerer Nebenwirkungen und Imfschäden mit sich bringt.
Fazit: Ist eine schwere Impfnebenwirkung auf einen Fehler des Impfpersonals zurückzuführen, kann ein Amtshaftungsanspruch Aussicht auf Erfolg haben. Verwirklicht sich ohne konkretes Fehlverhalten lediglich ein allgemeines Impfrisiko, hat eine Klage keine Chancen vor Gericht.
Gibt es Schadensersatz vom Corona-Impfstoffhersteller?
Für die Impfstoffhersteller besteht eine Produkthaftung laut Arzneimittelgesetz. Wichtig zu wissen ist dabei, dass die Kaufverträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Herstellern zwar Gewährleistungsansprüche ausschließen. Dies betrifft jedoch nicht Ansprüche von geimpften Personen wegen Impfnebenwirkungen.
Die Hersteller von Impfstoffen sind laut Arzneimittelgesetz zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ein Impfstoff schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
Das Düsseldorfer Landgericht hat im November 2023 über drei Klagen wegen behaupteter Schäden durch Corona-Impfungen entschieden. Verklagt wurden die Impfstoffhersteller Biontech und Moderna. Alle drei Klagen wurden abgewiesen. Die Kläger behaupteten, die Corona-Impfungen hätten bei ihnen zu Atemnot, Seh- und Bewusstseinsstörungen, Bluthochdruck, Gürtelrose, Herzmuskelentzündung, Erschöpfung, Schlafstörungen und Panikattacken geführt. Neben Schadensersatzansprüchen forderten sie Schmerzensgeld von bis zu von 250.000 Euro. Aus Sicht des Gerichts konnten die Kläger jedoch nicht nachweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen den gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Covid-Impfung gibt. Zudem seien sie ausreichend über den Impfstoff aufgeklärt worden (Urteile vom 16.11.2023, Az. 3 O 141/22, 3 O 151/22, 3 O 60/23 und 3 O 164/22)
Es gab weitere Klagen auf Schadensersatz wegen der Corona-Impfung gegen verschiedene Impfstoffhersteller, die bisher allesamt gescheitert sind, weil die Kläger die Ursächlichkeit der Impfung für die behaupteten Schäden und Nebenwirkungen nicht nachweisen konnten. Erst im Juli 2024 wurde eine weitere Klage gegen Biontech abgewiesen. Allerdings ist hier noch eine Revision beim Bundesgerichtshof möglich (OLG Koblenz, Urteil vom 10.7.2024, Az. 5 U 1375/23).
Gilt der Impfschaden einer Lehrerin als Dienstunfall?
Sowohl das Verwaltungsgericht Mainz (Urteil vom 12.05.2023, Az. 4 K 573/22MZ), als auch das Verwaltungsgericht Hannover (Urteil vom 24.11.2022, Az. 2 A 460/22) haben entsprechende Klagen abgewiesen. In beiden Fällen wurden die Impfungen jeweils in den Räumen des Dienstherrn durchgeführt, die dem jeweiligen Impfzentrum zur Verfügung gestellt wurden. Nach Ansicht der Richter reichte dies nicht aus, um den notwendigen engen Zusammenhang der Impfung mit dem Dienst der Klägerinnen in der Schule herzustellen. Die Impfzentren der beiden Städte, welche die Impfung durchgeführt hätten, stünden weder organisatorisch noch materiell in der Verantwortung der Dienstherren. Auch der Besitz einer Bescheinigung über die Zugehörigkeit zu einer Priorisierungsgruppe habe nicht dazu geführt, dass die Impfung im Verantwortungsbereich des Dienstherrn erfolgt sei. Das Interesse der Klägerinnen an der Impfung sei zudem überwiegend privat gewesen.
Praxistipp zur Haftung des Staates für Corona-Impfschäden
Sind Sie selbst von schweren Impfnebenwirkungen durch die Corona-Impfung oder einem Impfschaden betroffen und möchten prüfen lassen, welche Ansprüche Ihnen zustehen? Dann ist ein Fachanwalt für Medizinrecht der beste Ansprechpartner.
(Bu)