„Dauerwärme” als Mietmangel?
Autor: RiOLG Wolfgang Dötsch, Brühl
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 07/2016
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 07/2016
Eine Mietwohnung ist nur dann mangelfrei, wenn auch während der Heizperiode zumindest in einem der Mieträume mit zumutbaren Mitteln noch Innentemperaturen herbeigeführt werden können, die einen angenehmen Schlaf ermöglichen. Daran fehlt es, wenn der im Schlafraum installierte Heizkörper nebst Zu- und Ableitungen während der Heizperiode selbst bei Nullstellung des Thermostats bei Außentemperaturen von nicht über 18 Grad Celsius zu einer Erwärmung der Rauminnentemperatur auf über 18 Grad Celsius führt.
LG Berlin, Urt. v. 3.5.2016 - 67 S 357/15
Vorinstanz: AG Lichtenberg v. 10.9.2015 - 9 C 274/13
BGB § 275 Abs. 2, § 535 Abs. 1 S. 2, § 536b S. 1, 2
Alter, Ausstattung und Art des Gebäudes sowie die Höhe des geschuldeten Mietzinses rechtfertigen keine andere Beurteilung. Auch bei einem „Plattenbau” kann ein Mieter grundsätzlich ohne gesonderte vertragliche oder sonstige tatsächliche Anhaltspunkte davon ausgehen, dass die Beheizung zumindest in einem der Räume einem neuzeitlichen Mindeststandard entsprechen. Nichts anderes folgt daraus, dass die Wohnung mit einer sog. „Einrohrheizung” ausgestattet ist. Zwar mag es nahe liegen, dass diese aufgrund ihrer technischen Beschaffenheit unvermeidlich zur Wärmeabgabe selbst dann führt, wenn das Thermostat eines Heizkörpers auf „null” gestellt ist. Es liegt aber fern, dass allein dies zu einer Aufheizung wie hier führen kann.
Der Beseitigungsanspruch ist nicht gem. § 275 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Die sog. „Opfergrenze” ist nur überschritten, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen Mangelbeseitigungsaufwand und Nutzen der Mangelbeseitigung besteht (BGH v. 22.1.2014 – VIII ZR 135/13, ZMR 2014, 870) – woran es hier fehlt.
Soweit der Kläger die Beseitigung behaupteter Beheizungsmängel auch im „Wohnzimmer” verlangt, besteht kein Mangelbeseitigungsanspruch. Die Innentemperaturen von nicht mehr als 23,5 Grad Celsius werden – anders als in Schlafräumen – während der Heizperiode allgemein noch als behaglich empfunden, so dass sie unter Zugrundelegung der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB auch bei fehlender Regulierungsmöglichkeit über das Heizkörperthermostat einen Mangel noch nicht begründen.
LG Berlin, Urt. v. 3.5.2016 - 67 S 357/15
Vorinstanz: AG Lichtenberg v. 10.9.2015 - 9 C 274/13
BGB § 275 Abs. 2, § 535 Abs. 1 S. 2, § 536b S. 1, 2
Das Problem
Ein Mieter in einem Plattenbau mit Einrohrheizung leidet daran, dass u.a. in dem als Schlafraum genutzten „Balkonzimmer” auch bei erheblich darunter liegenden Außentemperaturen schon am Morgen konstant Innentemperaturen von mehr als 22 Grad Celsius herrschen, da der dortige Heizkörper nebst seiner Zu- und Ableitungen bei Nullstellung des Thermostats in vollständig zugedrehtem Zustand zu einer Aufheizung des Raumes führt. Er begehrt Mängelbeseitigung.Die Entscheidung des Gerichts
Mit Erfolg! Der Vermieter ist gem. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB zur Mängelbeseitigung verpflichtet, da ein Mangel vorliegt. Soweit – wie hier – Parteiabreden zur Beschaffenheit fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand durch den vereinbarten Nutzungszweck bestimmt. Der Mieter kann erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Standard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Dabei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete und eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen (BGH v. 23.3.2009 – VIII ZR 300/08, MDR 2010, 20). Davon ausgehend entsprechen Wohnungen – auch in Berlin – nur dem üblichen Mindeststandard, wenn während der Heizperiode zumindest in einem der Räume mit zumutbaren Mitteln Innentemperaturen herbeigeführt werden können, die einen angenehmen Schlaf ermöglichen. Als angenehm wird es im Allgemeinen empfunden, wenn die Innentemperatur in einem – beheizten – Schlafraum die der sonstigen Räume unterschreitet und 18 Grad nicht übersteigt. Diesem Mindeststandard wird die Wohnung nicht gerecht. Das stellt einen Mangel dar, jedenfalls dann, wenn der Mieter der von ihm nicht zu vertretenen – zwangsweisen – Aufheizung nicht mit zumutbaren Mitteln begegnen kann. So liegt der Fall hier, in dem es dem Kläger vor allem im Winter nicht zuzumuten ist, den Schlafraum durch überobligatorisches Öffnen der Fenster abzukühlen.Alter, Ausstattung und Art des Gebäudes sowie die Höhe des geschuldeten Mietzinses rechtfertigen keine andere Beurteilung. Auch bei einem „Plattenbau” kann ein Mieter grundsätzlich ohne gesonderte vertragliche oder sonstige tatsächliche Anhaltspunkte davon ausgehen, dass die Beheizung zumindest in einem der Räume einem neuzeitlichen Mindeststandard entsprechen. Nichts anderes folgt daraus, dass die Wohnung mit einer sog. „Einrohrheizung” ausgestattet ist. Zwar mag es nahe liegen, dass diese aufgrund ihrer technischen Beschaffenheit unvermeidlich zur Wärmeabgabe selbst dann führt, wenn das Thermostat eines Heizkörpers auf „null” gestellt ist. Es liegt aber fern, dass allein dies zu einer Aufheizung wie hier führen kann.
Der Beseitigungsanspruch ist nicht gem. § 275 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Die sog. „Opfergrenze” ist nur überschritten, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen Mangelbeseitigungsaufwand und Nutzen der Mangelbeseitigung besteht (BGH v. 22.1.2014 – VIII ZR 135/13, ZMR 2014, 870) – woran es hier fehlt.
Soweit der Kläger die Beseitigung behaupteter Beheizungsmängel auch im „Wohnzimmer” verlangt, besteht kein Mangelbeseitigungsanspruch. Die Innentemperaturen von nicht mehr als 23,5 Grad Celsius werden – anders als in Schlafräumen – während der Heizperiode allgemein noch als behaglich empfunden, so dass sie unter Zugrundelegung der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB auch bei fehlender Regulierungsmöglichkeit über das Heizkörperthermostat einen Mangel noch nicht begründen.