Einräumung des gemeinsamen Sorgerechts

Autor: DirAG Dr. Michael Giers, Neustadt a. Rbge.
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 11/2011
Der Antrag eines nichtehelichen Kindesvaters auf Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts hat nur dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn Umstände dargetan oder ersichtlich sind, die ein gemeinsames Sorgerecht als dem Kindeswohl förderlicher als die Alleinsorge der Kindesmutter erscheinen lassen. Hierzu kann spiegelbildlich auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB zurückgegriffen werden. Die Einräumung der gemeinsamen Sorge setzt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern, ein Mindestmaß an Übereinstimmung, Kooperationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft voraus.

OLG Rostock, Beschl. v. 11.2.2011 - 10 WF 39/11

Vorinstanz: AG Rostock - 13 F 323/10

BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2

Das Problem:

Die Beteiligten sind die Eltern eines nichtehelich geboren Kindes. Die Mutter hat die Zustimmung zu einer Sorgeerklärung abgelehnt. Der Vater beantragt die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich allein und die Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Übrigen sowie die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Das AG hat den Verfahrenskostenhilfeantrag zurückgewiesen.

Die Entscheidung des Gerichts:

Die Beschwerde des Vaters hatte keinen Erfolg. Das OLG weist darauf hin, dass ein Antrag auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach der Entscheidung des BVerfG v. 21.7.2010 – 1 BvR 420/09, FamRZ 2010, 1403 = FamRB 2010, 301 nur Erfolg hat, wenn zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht und Umstände vorgetragen werden oder sonst ersichtlich sind, die die Übertragung rechtfertigen. Eine Ermittlungspflicht des Gerichts ist nur gegeben, soweit der Vortrag der Beteiligten oder sonstige Erkenntnisse Anlass dazu geben. Für die Kindeswohlprüfung kann spiegelbildlich auf die Kriterien für die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge gem. § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB abgestellt werden. Danach setzt die gemeinsame elterliche Sorge eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern, ein Mindestmaß an Übereinstimmung, objektiv Kooperationsfähigkeit und subjektiv Kooperationsbereitschaft sowie die Ausrichtung ihres Verhaltens am Kindeswohl voraus. Auch hier gilt nicht die Vermutung, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl im Zweifel förderlicher als die Alleinsorge ist. Im zu entscheidenden Fall sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Vater trägt vor, die Mutter verweigere eine Vermittlung durch das Jugendamt, habe ihn angebrüllt und grundlos geschlagen und getreten, während diese behauptet, der Vater habe sie gewürgt und geschubst, sei unzuverlässig und konsumiere Drogen. Danach seien beide Elternteile zu einem am Kindeswohl ausgerichteten Zusammenwirken offenbar nicht bereit und in der Lage.


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