Elektromobilität: Kein Anspruch auf Zuleitung zum Stellplatz?
Autor: RiOLG Wolfgang Dötsch, Brühl
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 08/2016
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 08/2016
Es besteht kein Anspruch eines Eigentümers eines (Tiefgaragen-)Stellplatzes auf Zustimmung zur Herstellung einer Stromzuleitung zum Zwecke der Errichtung einer Ladestation für ein Elektroauto.
LG München I, Urt. v. 21.1.2016 - 36 S 2041/15 WEG
Vorinstanz: AG München v. 17.12.2014 - 482 C 12592/14 WEG
WEG § 14 Nr. 1, § 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 6, Abs. 8, § 22 Abs. 1, Abs. 2
Ein solcher besteht aber nicht: Die Maßnahme stellt eine bauliche Veränderung dar, die die übrigen Eigentümer in einem über das in § 14 WEG geregelte zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt – u.a. durch die neue Zuleitung, die ins Gemeinschaftseigentum fallen würde (mit entsprechender Überbürdung des Instandhaltungsaufwands und des Risikos), wegen einer u.U. nicht von § 16 Abs. 4 WEG erfassten Kostenverteilung auch für künftige Kosten und wegen des möglichen Nachahmungseffekts – ohne dass es dann noch auf die weitere Frage ankommt, ob möglicherweise auch das Hausstromnetz überlastet würde.
Ein Anspruch auf Zustimmung zu einer baulichen Veränderung besteht grundsätzlich nicht (OLG München v. 12.7.2005 – 32 Wx 51/05, MDR 2006, 144). Er ergibt sich im konkreten Fall auch nicht aus § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG oder aus einer Abwägung zwischen der Beeinträchtigung der anderen Eigentümer und dem klägerischen Interesse. Zwar greift wegen § 1 Abs. 6 WEG die Regelung des § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG hier auch für den im Teileigentum stehenden Stellplatz und zwar läge hinsichtlich dieses Teileigentums auch ein – auf jeden Fall von der Norm erfasster – erstmaliger Anschluss an das Energieversorgungsnetz vor. Doch die Norm soll nur einen gewissen „Mindeststandard” nach dem Stand der Technik ermöglichen. Lademöglichkeiten für Elektroautos in einzelnen Stellplätzen mögen zwar in neu gebauten Tiefgaragen vorhanden sein, in bestehenden Tiefgaragen sind sie aber derzeit nicht verbreitet und gehören somit nicht zum Mindeststandard. Begrüßenswerte umweltschützende Maßnahmen sind allein keine Grundlage für einen Zustimmungsanspruch.
Gleiches gilt für die Installation sparsamer neuer Heizungen oder die Anbringung von Dämmungen. Es gäbe zudem auch die Möglichkeit, gemeinsame Ladeplätze in der Anlage zu errichten, was aber der Entscheidung der WEG überlassen bleiben muss.
Ordnet man die Maßnahme als Modernisierung (§ 22 Abs. 2 WEG) ein, würde dies auch lediglich dazu führen, dass eine qualifizierte Mehrheit zur Beschlussfassung ausreicht; begründet aber keinen Anspruch.
LG München I, Urt. v. 21.1.2016 - 36 S 2041/15 WEG
Vorinstanz: AG München v. 17.12.2014 - 482 C 12592/14 WEG
WEG § 14 Nr. 1, § 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 6, Abs. 8, § 22 Abs. 1, Abs. 2
Das Problem
Der Kläger hat Teileigentümer an einem Pkw-Stellplatz in der Tiefgarage einer WEG-Anlage. Da er ein Elektroauto erwerben möchte, möchte er an dem Stellplatz (auf seine Kosten) eine Steckdose mit einer eigenen neuen Zuleitung vom vorhandenen gemeinschaftlichen Verteilerkasten und einem eigenem Stromzähler installiert wissen. Gegen den ablehnenden Mehrheitsbeschluss erhebt er form- und fristgerecht Beschlussmängelklage sowie Verpflichtungsklage auf Zustimmung.Die Entscheidung des Gerichts
Entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung (AG München v. 17.12.2014 – 482 C 12592/14, ZMR 2015, 632) ohne Erfolg! Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Zustimmung zu der Maßnahme durch die Wohnungseigentümer zulässig und vielleicht auch im Interesse der Umwelt gewesen wäre, sondern allein darauf, ob der Kläger einen Anspruch auf Zustimmung hat.Ein solcher besteht aber nicht: Die Maßnahme stellt eine bauliche Veränderung dar, die die übrigen Eigentümer in einem über das in § 14 WEG geregelte zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt – u.a. durch die neue Zuleitung, die ins Gemeinschaftseigentum fallen würde (mit entsprechender Überbürdung des Instandhaltungsaufwands und des Risikos), wegen einer u.U. nicht von § 16 Abs. 4 WEG erfassten Kostenverteilung auch für künftige Kosten und wegen des möglichen Nachahmungseffekts – ohne dass es dann noch auf die weitere Frage ankommt, ob möglicherweise auch das Hausstromnetz überlastet würde.
Ein Anspruch auf Zustimmung zu einer baulichen Veränderung besteht grundsätzlich nicht (OLG München v. 12.7.2005 – 32 Wx 51/05, MDR 2006, 144). Er ergibt sich im konkreten Fall auch nicht aus § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG oder aus einer Abwägung zwischen der Beeinträchtigung der anderen Eigentümer und dem klägerischen Interesse. Zwar greift wegen § 1 Abs. 6 WEG die Regelung des § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG hier auch für den im Teileigentum stehenden Stellplatz und zwar läge hinsichtlich dieses Teileigentums auch ein – auf jeden Fall von der Norm erfasster – erstmaliger Anschluss an das Energieversorgungsnetz vor. Doch die Norm soll nur einen gewissen „Mindeststandard” nach dem Stand der Technik ermöglichen. Lademöglichkeiten für Elektroautos in einzelnen Stellplätzen mögen zwar in neu gebauten Tiefgaragen vorhanden sein, in bestehenden Tiefgaragen sind sie aber derzeit nicht verbreitet und gehören somit nicht zum Mindeststandard. Begrüßenswerte umweltschützende Maßnahmen sind allein keine Grundlage für einen Zustimmungsanspruch.
Gleiches gilt für die Installation sparsamer neuer Heizungen oder die Anbringung von Dämmungen. Es gäbe zudem auch die Möglichkeit, gemeinsame Ladeplätze in der Anlage zu errichten, was aber der Entscheidung der WEG überlassen bleiben muss.
Ordnet man die Maßnahme als Modernisierung (§ 22 Abs. 2 WEG) ein, würde dies auch lediglich dazu führen, dass eine qualifizierte Mehrheit zur Beschlussfassung ausreicht; begründet aber keinen Anspruch.