Erbschaft: 12 Punkte, die Erben unbedingt beachten sollten

02.06.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Büro,drei Personen Bei einer Erbschaft gibt es einiges zu bedenken. © - freepik

Bei einer Erbschaft sind verschiedene rechtliche Details zu beachten - obwohl die Erben in dieser Zeit ganz andere Dinge im Kopf haben. Hier geben wir Ihnen einige Tipps zu den wichtigsten Punkten.

Gerade nach einem Trauerfall möchten sich die Angehörigen nicht gern mit rechtlichen und formellen Fragen beschäftigen. Trotzdem sind einige Punkte rund um die Erbschaft zu klären - und zwar möglichst bald. Teilweise sind hier auch Fristen zu beachten. Dies gilt besonders, wenn man die Erbschaft gar nicht annehmen will.

Punkt 1: Wie wird man zum Erben?


Eine Erbschaft kann auf zwei Arten zustande kommen: Aufgrund der gesetzlichen Erbfolge oder durch eine letztwillige Verfügung, also ein Testament oder einen Erbvertrag. Bei der gesetzlichen Erbfolge hängt der Anteil der jeweiligen Person am Erbe vom Verwandtschaftsgrad ab. Bei einem Testament kann der Erblasser individuelle Regelungen treffen, jedoch nur im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften. Allerdings können per Testament durchaus Personen enterbt werden, die bei gesetzlicher Erbfolge erben würden. Diese bekommen dann in der Regel einen Pflichtteil, der von den Erben auszuzahlen ist. Auch müssen Erben Pflichtteilsberechtigten bestimmte Auskünfte geben, ihnen etwa ein Nachlassverzeichnis zur Verfügung stellen.

Punkt 2: Welche Versicherungen hatte der Erblasser?


Angehörige sollten zuerst prüfen, ob es irgendwelche Versicherungen zu ihren Gunsten gibt. Hatte der Erblasser zum Beispiel eine Lebensversicherung, will der Versicherer nach 48 bis 72 Stunden - je nach Versicherungsgesellschaft - über den Sterbefall informiert werden. Bei einer Unfallversicherung liegt die Frist meist bei 48 Stunden. Kurze Fristen gibt es auch bei einer Sterbegeldversicherung. Im Versicherungsvertrag ist jeweils geregelt, an welche Person die Versicherungssumme ausgezahlt wird. Ob diese Person Erbe ist, ist nicht ausschlaggebend.
Über den Todesfall informiert werden sollten dann auch die anderen Versicherungen, etwa Krankenkasse, Pflegeversicherung, Haftpflichtversicherung, Hausratversicherung, Kfz-Versicherung, Wohngebäudeversicherung.

Punkt 3: Welche Schulden hatte der Erblasser?


Die Erben sollten so schnell wie möglich feststellen, ob der Nachlass tatsächlich wertvoll ist oder womöglich nur aus Schulden besteht. Auch diese werden in Deutschland nämlich vererbt. Dies nennt sich Gesamtrechtsnachfolge.
Erben müssen die sogenannten Nachlassverbindlichkeiten bezahlen. Dazu gehören einerseits die Schulden des Verstorbenen, andererseits aber auch die Verbindlichkeiten durch den Erbfall selbst - wie die Bestattungskosten.

Daher ist es ratsam, sich als Erbe schnell einen Überblick über die Finanzlage des Verstorbenen zu machen. Helfen kann dabei eine über den Tod hinaus erteilte Bankvollmacht. So kann man zum Beispiel den Kontostand oder Geldanlagen einsehen. Unbedingt geachtet werden sollte auch auf laufende Zahlungspflichten etwa für Kredite oder Abos.

Wenn der Nachlass überschuldet ist, die Schulden und Zahlungsverpflichtungen also das Vermögen überwiegen, sollte man das Erbe ausschlagen. Zwar erhält man dann überhaupt nichts, erbt aber auch keine Schulden.

Wichtig: Beantragen Sie in dieser Phase keinen Erbschein. Sobald Sie dies tun, haben Sie das Erbe angenommen.

Punkt 4: Wie schlägt man eine Erbschaft aus?


Um eine Erbschaft anzunehmen, muss man nichts Besonders tun. Aktiv werden müssen Sie jedoch, wenn Sie die Erbschaft nicht wollen.

Innerhalb von sechs Wochen können Sie als Erbe die Erbschaft ausschlagen. Dazu müssen Sie beim Nachlassgericht eine Erklärung abgeben. Diese kann auf der Geschäftsstelle niedergeschrieben oder von einem Notar beglaubigt und dem Nachlassgericht übergeben werden. Die Frist beginnt zu laufen, sobald der Erbe von der Erbschaft erfährt. Bei einer Erbschaft durch Testament beginnt die Frist frühestens mit Bekanntgabe der Erbschaft durch das Nachlassgericht. Wenn der Erblasser ganz im Ausland gewohnt hat oder sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland aufhält, verlängert sich die Frist auf sechs Monate.

Die Folge einer Erbausschlagung ist, dass derjenige Erbe wird, der in der Rangfolge als nächster an der Reihe wäre. Wenn alle das Erbe ausschlagen, erbt der Staat. Allerdings kommt dieser nicht für die Schulden auf.

Vorsicht: Wer sich wie ein Erbe verhält, hat womöglich allein durch sein Verhalten schon die Erbschaft angenommen.

Wer die Ausschlagungsfrist verpasst, kann unter Umständen diese Annahme der Erbschaft anfechten, etwa wegen Irrtums. Hier ist anwaltliche Beratung unabdingbar.

Punkt 5: Was steht im Testament?


Viele Menschen kennen leider die erbrechtlichen Regelungen nicht und schreiben munter in ihr Testament alles hinein, was ihnen einfällt. Oft sind auch die Regelungen im Testament widersprüchlich, wurden mehrfach geändert oder sind unklar. Oder es wurden unpassende Muster aus dem Internet benutzt. Streit unter den Angehörigen ist dann häufig vorprogrammiert. Sobald eine solche Situation absehbar ist, empfiehlt es sich, das Testament von einem Anwalt auf seinen wahren Inhalt prüfen zu lassen.

Punkt 6: Wie entsteht eine Erbengemeinschaft?


Eine Erbengemeinschaft entsteht, wenn es mehrere Erben gibt. Häufig kommt es dazu bei gesetzlicher Erbfolge. Gerade dann handelt es sich oft um Personen, die im richtigen Leben kaum noch etwas miteinander zu tun haben. Folge sind oft schwere Streitigkeiten unter den Hinterbliebenen - zum Beispiel über die Frage, ob das Elternhaus verkauft, weiter bewohnt oder vermietet wird, beim Streit um Erinnerungsstücke oder gar um einen elterlichen Betrieb.

Wichtig: Bei einer Erbengemeinschaft darf sich nicht jeder nach Belieben am Nachlass bedienen. Stattdessen müssen die Erben diesen erhalten und gemeinsam verwalten, um dann schließlich gemeinsam eine sogenannte Erbauseinandersetzung durchzuführen und ihn aufzuteilen. Zu empfehlen ist es, sich zuerst mit den anderen Erben in Verbindung zu setzen und sich über das weitere Vorgehen zu einigen.

Punkt 7: Wie erben Ehepartner?


Ehepartner sind gesetzliche Erben neben den Verwandten. Oft setzen sich Ehepartner auch gegenseitig im Testament als Erben ein. Ein Mittel dafür ist das sogenannte Berliner Testament (beide Ehegatten beerben sich gegenseitig und erst, wenn der zweite verstirbt, erben die Kinder). Werden dabei Verfügungen auf Gegenseitigkeitsbasis getroffen, können diese nach dem Tod eines Ehepartners nicht vom anderen widerrufen werden.

Punkt 8: Welche Vorteile und Nachteile haben Vollmachten?


Eine Bankvollmacht über den Tod hinaus erleichtert viele Abwicklungen. Ohne sie bekommt man nicht einmal Informationen über den Kontostand. Wenn jedoch die falsche Person eine solche Vollmacht innehat, ist vielleicht plötzlich das Geld weg, das eigentlich jemand anders geerbt hat. Die Erben sollten daher Vollmachten des Erblassers gegenüber Personen, denen sie nicht trauen, sofort kündigen und dies auch der Bank mitteilen. Dieses Recht haben sie.

Punkt 9: Sterbeurkunde beantragen


Eine Sterbeurkunde kann man beim örtlichen Standesamt beantragen. Sie hilft dabei, zum Beispiel Verträge des Verstorbenen zu kündigen. Für den Antrag benötigt man den ärztlichen Totenschein, den Personalausweis des Verstorbenen, seine Geburtsurkunde und ggf. eine Heiratsurkunde oder ein Familienstammbuch. Oft kümmert sich das Bestattungsunternehmen um die Sterbeurkunde.

Punkt 10: Wann braucht man einen Erbschein?


Einen Erbschein bekommen Sie beim Nachlassgericht. Dieses Dokument bestätigt den Status einer Person als Erbe einer anderen. Daraus geht hervor, wer den Verstorbenen beerbt und - bei mehreren Erben - mit welchem Anteil. Wie viel der Erbschein kostet, richtet sich nach der Höhe des Nachlasses.

Manche Banken fordern immer noch einen Erbschein als Nachweis, dass man Erbe ist. Der Bundesgerichtshof sieht jedoch den Erbschein als Erbnachweis gegenüber einer Bank als überflüssig an. Schließlich kann dieser einige Kosten verursachen. Gegenüber Banken und Versicherungen reicht es nach der Rechtsprechung normalerweise aus, das vom Nachlassgericht eröffnete Testament und die Sterbeurkunde vorzulegen (Urteil vom 8.10.2013, Az. XI ZR 401/12). Bei gesetzlicher Erbfolge kommt es darauf an, ob andere Unterlagen die Erbfolge eindeutig nachweisen.

Erforderlich ist ein Erbschein meist zur Umschreibung von Grundstücken beim Grundbuchamt. Auch hier kann jedoch ein notariell beurkundetes Testament oder ein ebensolcher Erbvertrag einen Erbschein überflüssig machen (OLG Hamm, Beschluss vom 26.7.2013, Az. 15 W 248/13).

Punkt 11: Mietwohnung des Erblassers kündigen


Erben sollten wissen: Der Mietvertrag des Verstorbenen endet nicht automatisch, sondern läuft weiter, bis er von den Erben gekündigt wird. Dabei gilt die reguläre Kündigungsfrist von drei Monaten. In diesem Zeitraum müssen die Erben ggf. auch die Miete weiterzahlen. Hier handelt es sich um eine außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist. Diese muss innerhalb eines Monats erfolgen, nachdem der Erbe von dem Todesfall erfahren hat.

Wenn jedoch neben dem Verstorbenen noch weitere Mieter im Mietvertrag stehen, wird das Mietverhältnis per Gesetz mit diesen fortgesetzt. Die anderen Mieter dürfen die Wohnung innerhalb von einem Monat mit gesetzlicher Frist (drei Monate) kündigen.

Hat allein der Verstorbene den Vertrag unterschrieben, dürfen Ehepartner, eingetragene Lebenspartner oder im Haushalt wohnende Kinder in den Vertrag als Mieter eintreten. Wenn sie keinen Gebrauch davon machen, haben auch andere Personen, die mit im gleichen Haushalt leben, das Recht auf Eintritt in den Vertrag.

Punkt 12: Laufende Verbraucherverträge kündigen


Erben sollten daran denken, dass sehr wahrscheinlich diverse Verträge des Verstorbenen noch weiterlaufen. Dies können Abos sein, Mitgliedschaften, Fitnessverträge, Handyverträge... Wichtig ist es, sich einen Überblick zu verschaffen und diese Verträge zu kündigen. Eine Kopie der Sterbeurkunde reicht meist als Nachweis aus.

Schwieriger kann es beim digitalen Nachlass sein. Dazu haben wir hier nähere Informationen:
Digitales Erbe - Was passiert mit dem Online-Nachlass?

Praxistipp zur Erbschaft


Bei vielen erbrechtlichen Fragen gibt es Beratungsbedarf. Oft geht es um viel Geld. Einverständliche Lösungen können helfen, langwierige und teure Familienstreitigkeiten zu vermeiden. Häufig kann durch die Beratung eines Fachanwalts für Erbrecht eine Lösung gefunden werden. Dieser kann auch dabei helfen, die eigenen Ansprüche durchzusetzen.

(Bu)


 Stephan Buch
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