EuGH [Große Kammer], Urt. 8.12.2022 - C-460/20
Nachweis der Unwahrheit bei Auslistung
Autor: RA Markus Rössel, LL.M. (Informationsrecht), Köln
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 09/2023
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 09/2023
Dass zumindest ein nicht unbedeutender Teil von einer Suchmaschine gelisteter Informationen offensichtlich unrichtig ist, kann für einen Auslistungsanspruch gegenüber dem Suchmaschinenbetreiber entweder durch eine entsprechende gerichtliche Entscheidung gegen den Inhaltanbieter oder durch sonstige hinreichende Belege i.R.d. Zumutbarkeit nachgewiesen werden.
DSGVO Art. 17
Kein Personenbezug: Einer der Artikel nenne den Betroffenen nicht oder gehe auf dessen Tätigkeit ein. Die enthaltenen Sachinformationen seien nicht aufgrund Inhalts, Zwecks oder Auswirkungen auf den Betroffenen bezogen. Der Personenbezug werde auch nicht durch die Suchmaschine hergestellt, weil der Artikel nicht i.R.e. Suche mit dem Namen des Betroffenen gelistet worden sei, sondern mit verschiedenen Unternehmensnamen, die den Betroffenennamen auch nicht beinhalteten (vgl. hierzu EuGH v. 9.11.2010 – C-92/09 u.a. – Schecke und Eifert Rz. 54, CR 2011, 271). Da für die Auslistung nur die Suchergebnisliste maßgeblich sei, spiele es keine Rolle, dass der Artikel inhaltlich in einer Reihe mit den beiden anderen Artikeln über die Tätigkeit des Betroffenen stehe, die über eine Suche mit dessen Namen von Google durchaus verlinkt worden seien (Rz. 21 ff.).
Keine Rechtsverletzung: Mangels Personenbezugs i.S.v. Artt. 2 Abs. 1, 4 Nr. 1 DSGVO sei der sachliche Anwendungsbereich von Art. 17 Abs. 1 DSGVO nicht eröffnet. Ein Auslistungsanspruch bestehe auch nicht als grundsätzlich neben der DSGVO anwendbarer Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§§ 823 Abs. 1, 824 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG). Denn der Betroffene sei durch die Berichterstattung weder identifizierbar noch sonst individuell in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen (Rz. 22, 24; vgl. Reflexwirkung der Berichterstattung, BGH v. 6.12.2022 – VI ZR 237/21 – Abgeleitetes Informationsinteresse Rz. 17, AfP 2023, 54).
Materielle Voraussetzungen der Auslistung: Hinsichtlich der beiden anderen Artikel seien die materiellen Voraussetzungen des Auslistungsanspruchs aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO (vgl. allg. BGH v. 3.5.2022 – VI ZR 832/20 – Artikel in Magazin „M“ Rz. 11 ff., AfP 2022, 341) nicht erfüllt. Die DSGVO sei zeitlich, räumlich und – wegen Personenbezugs der Artikel und ihrer Verlinkung durch Google mit dem Betroffenennamen – sachlich anwendbar. Die internationale Zuständigkeit folge aus Art. 79 Abs. 2 DSGVO (Rz. 26 f.).
Unterlassungsbegehren: Das Recht auf Löschung i.S.v. Art. 17 Abs. 1 DSGVO umfasse schon aufgrund der hier unwägbaren und stetem technischen Wandel unterworfenen Datenverarbeitung auch das Unterlassen erneuter Listung unabhängig von der technischen Umsetzung (Rz. 28 m.w.N.; vgl. auch Vorabentscheidung Rz. 83).
Antragserfordernis: Schließlich sei Google vor Klageerhebung durch Benennung der konkret beanstandeten Ergebnislinks, Sachverhaltsdarstellung und Rechtsbewertung in formeller Hinsicht hinreichend deutlich zur Auslistung aufgefordert worden (Rz. 29; EuGH v. 24.9.2019 – C-136/17 – Auslistung sensibler Daten Rz. 33, 47 f., 66, 68, 77, K&R 2019, 710; Vorabentscheidung Rz. 53).
Kein Wegfall der Wiederholungsgefahr: Dem Auslistungsbegehren stehe nicht entgegen, dass die Artikel zum Schluss der letzten Tatsachenverhandlung nicht mehr angezeigt würden. Wegen des Hinweises lediglich „augenblicklicher“ Unmöglichkeit des Abrufs könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie wieder online gestellt und erneut aufgelistet würden, zumal Google den Auslistungsantrag nach wie vor für unberechtigt halte (vgl. Vorabentscheidung Rz. 83). Dies gelte entsprechend für die Vorschaubilder (Rz. 30, 46 f.).
Rechtfertigung der Listung: Das Auslistungsverlangen sei nicht berechtigt, weil die Datenverarbeitung durch Google hier zur Ausübung der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit i.S.d. Artt. 17 Abs. 3 lit. a, 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f, 21 Abs. 1 Satz 2 DSGVO erforderlich sei (Rz. 31).
Entscheidungserhebliche Wahrheit: Entsprächen die Artikel zu den Risiken des Anlagemodells der Wahrheit, sei ihre Verlinkung durch eine Suchmaschine von den Betroffenen als Information über eine kritische Berichterstattung über ihre berufliche Tätigkeit, die gerade auch auf die öffentliche Einwerbung von Kapitalanlagen Dritter ausgerichtet sei, ohne weiteres hinzunehmen (vgl. Vorlagebeschluss Rz. 24 f.). Gleiches gelte für die kontextgerechte Bebilderung eines Artikels mit Fotos des Betroffenen in luxuriösen Kraft- und Luftfahrzeugen. Bei Unwahrheit scheide die Rechtfertigung aus (Rz. 32; vgl. Vorabentscheidung Rz. 65).
Nachweispflicht des Betroffenen: Dass zumindest ein für den verlinkten gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil offensichtlich bzw. auf den ersten Blick unrichtig sei, könne durch eine entsprechende gegenüber dem Inhalteanbieter ergangene gerichtliche Entscheidung oder durch sonstige hinreichende Belege nachgewiesen werden, wobei es auf Einzelfallumstände und Zumutbarkeit ankomme (Vorabentscheidung Rz. 68, 72). Bloß überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit genüge nicht. Der Nachweis sei vorliegend mit der auszugsweisen Vorlage von Jahresabschlüssen nicht erbracht worden, soweit es sich nicht ohnehin nur um – auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage beruhende – zulässige Werturteile („Schwelgen in Luxus“) handele. Eine substantiellere Nachweisführung hätte nicht übermäßig belastet (Ls. 1; Rz. 33, 39 ff.).
Keine Nachforschungspflicht: Dagegen sei der Suchmaschinenbetreiber nicht zur aktiven Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung etwa per Kontaktaufnahme mit dem Inhalteanbieter verpflichtet, weil dies sonst mit der Gefahr der Selbstzensur zwecks Befreiung von der Ermittlungslast verbunden sei. Scheitere der Nachweis, bestehe kein Auslistungsanspruch. Wenn die fraglichen Informationen – wie hier etwa zur Beobachtung durch die Schweizer Finanzmarktaufsicht – zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beitragen könnten, spreche dies ergänzend für die besondere Bedeutung der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit (Rz. 34, 41; Vorabentscheidung Rz. 71, 73).
Kein nationales Recht: Wegen Anwendungsvorrangs des vollharmonisierten Datenschutzrechts und umfassender Grundrechtsabwägung für Art. 17 DSGVO könne die Auslistung nicht auf nationales Recht gestützt werden (Rz. 42 m.w.N.).
Auslistungsanspruch bzgl. der Vorschaubilder: Ob der zum Schluss der letzten Tatsachenverhandlung geltende Art. 17 Abs. 1 DSGVO oder – im Hinblick auf die Entfernung der Vorschaubilder vor dessen Inkrafttreten – die bei der letzten Verletzungshandlung geltenden §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, §§ 4, 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BDSG a.F. Anwendung fänden, könne offenbleiben. Denn in letzterem Fall führe die für die Abwägung dann maßgebliche DSRL 95/46/EG zum selben Ergebnis wie die DSGVO (Rz. 45; vgl. Vorabentscheidung Rz. 79, 108).
Bildnis- und Datenschutz: Die Vorschaubilder verletzten das Recht am eigenen Bild und den Schutz personenbezogenen Daten und seien nicht durch die hiergegen abzuwägenden Rechte von Google und seinen Nutzern gerechtfertigt (Rz. 48).
Vorschaubilder ohne Kontext: Google habe die in einem der Artikel enthaltenen Bilder auf eine namensbezogene Suche als Vorschaubilder in der Ergebnisliste seiner Bildersuche angezeigt. Der ursprüngliche Kontext lasse sich zwar durch das Anklicken des jeweiligen Vorschaubilds aufrufen, in der Ergebnisliste selbst sei er jedoch ebenso wenig wie auf den Bildern selbst ersichtlich (Rz. 47, 49).
Besonderer Vertraulichkeitsschutz: Auch wenn Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit zweifellos die Veröffentlichung von Fotos umfassten, so sei doch der Schutz der Vertraulichkeit in diesem Kontext von besonderer Bedeutung, da Fotos sehr persönliche Informationen über eine Person oder ihre Familie vermitteln könnten und ihre Anzeige zu einem besonders schwerwiegenden Eingriff in das Recht am eigenen Bild führen könne (Rz. 50; Vorabentscheidung Rz. 95, 100).
Abwägung mit dem Informationsinteresse: Ein Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse sei ein entscheidender Gesichtspunkt im konkreten Einzelfall für das Überwiegen der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit gegenüber den Rechten auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogenen Daten (Vorabentscheidung Rz. 96 f.). Da die Bilder für sich genommen nicht aussagekräftig seien (vgl. Vorlageschluss Rz. 48), komme es darauf an, ob der Artikel als ihr Kontext zu berücksichtigen sei (Rz. 51).
Kontexteinbeziehung: Vorschaubilder seien zwar immer dann zu löschen, wenn – wie hier nicht – dem Auslistungsantrag bzgl. des entstammenden Artikels stattzugeben sei, weil dieser sonst kontraproduktiv durch Anklicken der Vorschaubilder weiter über die Suchmaschine zugänglich gemacht würde. Sei der Artikel hingegen nicht zu löschen, sei der Informationswert der Vorschaubilder unabhängig vom Artikel, aber unter Berücksichtigung ggf. unmittelbar angezeigter Textelemente eigenständig zu beurteilen (Vorabentscheidung Rz. 104, 107 f.). Hier fehle es an gegenüber dem Bildnisschutz überwiegender Informationsfunktion (Ls. 2; Rz. 52 f.).
DSGVO Art. 17
Das Problem
Ein Betroffener und seine ehemalige Lebensgefährtin sind in verantwortlicher Position in verschiedenen Finanzdienstleistungsunternehmen tätig, die öffentlich rund 7 Mio. € an Anlegergeldern einwarben. Sie fordern von der Suchmaschine Google die Auslistung von Ergebnislinks zu drei angeblich unwahren, kritischen Artikeln über sie und von Vorschaubildern der Bildersuche zu Fotos zu ihrem luxuriösen Lebensstil aus einem Artikel.Die Entscheidung des Gerichts
Der Auslistungsanspruch bestehe hinsichtlich der Vorschaubilder, nicht jedoch bzgl. der Artikel.Kein Personenbezug: Einer der Artikel nenne den Betroffenen nicht oder gehe auf dessen Tätigkeit ein. Die enthaltenen Sachinformationen seien nicht aufgrund Inhalts, Zwecks oder Auswirkungen auf den Betroffenen bezogen. Der Personenbezug werde auch nicht durch die Suchmaschine hergestellt, weil der Artikel nicht i.R.e. Suche mit dem Namen des Betroffenen gelistet worden sei, sondern mit verschiedenen Unternehmensnamen, die den Betroffenennamen auch nicht beinhalteten (vgl. hierzu EuGH v. 9.11.2010 – C-92/09 u.a. – Schecke und Eifert Rz. 54, CR 2011, 271). Da für die Auslistung nur die Suchergebnisliste maßgeblich sei, spiele es keine Rolle, dass der Artikel inhaltlich in einer Reihe mit den beiden anderen Artikeln über die Tätigkeit des Betroffenen stehe, die über eine Suche mit dessen Namen von Google durchaus verlinkt worden seien (Rz. 21 ff.).
Keine Rechtsverletzung: Mangels Personenbezugs i.S.v. Artt. 2 Abs. 1, 4 Nr. 1 DSGVO sei der sachliche Anwendungsbereich von Art. 17 Abs. 1 DSGVO nicht eröffnet. Ein Auslistungsanspruch bestehe auch nicht als grundsätzlich neben der DSGVO anwendbarer Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§§ 823 Abs. 1, 824 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG). Denn der Betroffene sei durch die Berichterstattung weder identifizierbar noch sonst individuell in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen (Rz. 22, 24; vgl. Reflexwirkung der Berichterstattung, BGH v. 6.12.2022 – VI ZR 237/21 – Abgeleitetes Informationsinteresse Rz. 17, AfP 2023, 54).
Materielle Voraussetzungen der Auslistung: Hinsichtlich der beiden anderen Artikel seien die materiellen Voraussetzungen des Auslistungsanspruchs aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO (vgl. allg. BGH v. 3.5.2022 – VI ZR 832/20 – Artikel in Magazin „M“ Rz. 11 ff., AfP 2022, 341) nicht erfüllt. Die DSGVO sei zeitlich, räumlich und – wegen Personenbezugs der Artikel und ihrer Verlinkung durch Google mit dem Betroffenennamen – sachlich anwendbar. Die internationale Zuständigkeit folge aus Art. 79 Abs. 2 DSGVO (Rz. 26 f.).
Unterlassungsbegehren: Das Recht auf Löschung i.S.v. Art. 17 Abs. 1 DSGVO umfasse schon aufgrund der hier unwägbaren und stetem technischen Wandel unterworfenen Datenverarbeitung auch das Unterlassen erneuter Listung unabhängig von der technischen Umsetzung (Rz. 28 m.w.N.; vgl. auch Vorabentscheidung Rz. 83).
Antragserfordernis: Schließlich sei Google vor Klageerhebung durch Benennung der konkret beanstandeten Ergebnislinks, Sachverhaltsdarstellung und Rechtsbewertung in formeller Hinsicht hinreichend deutlich zur Auslistung aufgefordert worden (Rz. 29; EuGH v. 24.9.2019 – C-136/17 – Auslistung sensibler Daten Rz. 33, 47 f., 66, 68, 77, K&R 2019, 710; Vorabentscheidung Rz. 53).
Kein Wegfall der Wiederholungsgefahr: Dem Auslistungsbegehren stehe nicht entgegen, dass die Artikel zum Schluss der letzten Tatsachenverhandlung nicht mehr angezeigt würden. Wegen des Hinweises lediglich „augenblicklicher“ Unmöglichkeit des Abrufs könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie wieder online gestellt und erneut aufgelistet würden, zumal Google den Auslistungsantrag nach wie vor für unberechtigt halte (vgl. Vorabentscheidung Rz. 83). Dies gelte entsprechend für die Vorschaubilder (Rz. 30, 46 f.).
Rechtfertigung der Listung: Das Auslistungsverlangen sei nicht berechtigt, weil die Datenverarbeitung durch Google hier zur Ausübung der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit i.S.d. Artt. 17 Abs. 3 lit. a, 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f, 21 Abs. 1 Satz 2 DSGVO erforderlich sei (Rz. 31).
Entscheidungserhebliche Wahrheit: Entsprächen die Artikel zu den Risiken des Anlagemodells der Wahrheit, sei ihre Verlinkung durch eine Suchmaschine von den Betroffenen als Information über eine kritische Berichterstattung über ihre berufliche Tätigkeit, die gerade auch auf die öffentliche Einwerbung von Kapitalanlagen Dritter ausgerichtet sei, ohne weiteres hinzunehmen (vgl. Vorlagebeschluss Rz. 24 f.). Gleiches gelte für die kontextgerechte Bebilderung eines Artikels mit Fotos des Betroffenen in luxuriösen Kraft- und Luftfahrzeugen. Bei Unwahrheit scheide die Rechtfertigung aus (Rz. 32; vgl. Vorabentscheidung Rz. 65).
Nachweispflicht des Betroffenen: Dass zumindest ein für den verlinkten gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil offensichtlich bzw. auf den ersten Blick unrichtig sei, könne durch eine entsprechende gegenüber dem Inhalteanbieter ergangene gerichtliche Entscheidung oder durch sonstige hinreichende Belege nachgewiesen werden, wobei es auf Einzelfallumstände und Zumutbarkeit ankomme (Vorabentscheidung Rz. 68, 72). Bloß überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit genüge nicht. Der Nachweis sei vorliegend mit der auszugsweisen Vorlage von Jahresabschlüssen nicht erbracht worden, soweit es sich nicht ohnehin nur um – auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage beruhende – zulässige Werturteile („Schwelgen in Luxus“) handele. Eine substantiellere Nachweisführung hätte nicht übermäßig belastet (Ls. 1; Rz. 33, 39 ff.).
Keine Nachforschungspflicht: Dagegen sei der Suchmaschinenbetreiber nicht zur aktiven Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung etwa per Kontaktaufnahme mit dem Inhalteanbieter verpflichtet, weil dies sonst mit der Gefahr der Selbstzensur zwecks Befreiung von der Ermittlungslast verbunden sei. Scheitere der Nachweis, bestehe kein Auslistungsanspruch. Wenn die fraglichen Informationen – wie hier etwa zur Beobachtung durch die Schweizer Finanzmarktaufsicht – zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beitragen könnten, spreche dies ergänzend für die besondere Bedeutung der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit (Rz. 34, 41; Vorabentscheidung Rz. 71, 73).
Kein nationales Recht: Wegen Anwendungsvorrangs des vollharmonisierten Datenschutzrechts und umfassender Grundrechtsabwägung für Art. 17 DSGVO könne die Auslistung nicht auf nationales Recht gestützt werden (Rz. 42 m.w.N.).
Auslistungsanspruch bzgl. der Vorschaubilder: Ob der zum Schluss der letzten Tatsachenverhandlung geltende Art. 17 Abs. 1 DSGVO oder – im Hinblick auf die Entfernung der Vorschaubilder vor dessen Inkrafttreten – die bei der letzten Verletzungshandlung geltenden §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, §§ 4, 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BDSG a.F. Anwendung fänden, könne offenbleiben. Denn in letzterem Fall führe die für die Abwägung dann maßgebliche DSRL 95/46/EG zum selben Ergebnis wie die DSGVO (Rz. 45; vgl. Vorabentscheidung Rz. 79, 108).
Bildnis- und Datenschutz: Die Vorschaubilder verletzten das Recht am eigenen Bild und den Schutz personenbezogenen Daten und seien nicht durch die hiergegen abzuwägenden Rechte von Google und seinen Nutzern gerechtfertigt (Rz. 48).
Vorschaubilder ohne Kontext: Google habe die in einem der Artikel enthaltenen Bilder auf eine namensbezogene Suche als Vorschaubilder in der Ergebnisliste seiner Bildersuche angezeigt. Der ursprüngliche Kontext lasse sich zwar durch das Anklicken des jeweiligen Vorschaubilds aufrufen, in der Ergebnisliste selbst sei er jedoch ebenso wenig wie auf den Bildern selbst ersichtlich (Rz. 47, 49).
Besonderer Vertraulichkeitsschutz: Auch wenn Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit zweifellos die Veröffentlichung von Fotos umfassten, so sei doch der Schutz der Vertraulichkeit in diesem Kontext von besonderer Bedeutung, da Fotos sehr persönliche Informationen über eine Person oder ihre Familie vermitteln könnten und ihre Anzeige zu einem besonders schwerwiegenden Eingriff in das Recht am eigenen Bild führen könne (Rz. 50; Vorabentscheidung Rz. 95, 100).
Abwägung mit dem Informationsinteresse: Ein Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse sei ein entscheidender Gesichtspunkt im konkreten Einzelfall für das Überwiegen der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit gegenüber den Rechten auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogenen Daten (Vorabentscheidung Rz. 96 f.). Da die Bilder für sich genommen nicht aussagekräftig seien (vgl. Vorlageschluss Rz. 48), komme es darauf an, ob der Artikel als ihr Kontext zu berücksichtigen sei (Rz. 51).
Kontexteinbeziehung: Vorschaubilder seien zwar immer dann zu löschen, wenn – wie hier nicht – dem Auslistungsantrag bzgl. des entstammenden Artikels stattzugeben sei, weil dieser sonst kontraproduktiv durch Anklicken der Vorschaubilder weiter über die Suchmaschine zugänglich gemacht würde. Sei der Artikel hingegen nicht zu löschen, sei der Informationswert der Vorschaubilder unabhängig vom Artikel, aber unter Berücksichtigung ggf. unmittelbar angezeigter Textelemente eigenständig zu beurteilen (Vorabentscheidung Rz. 104, 107 f.). Hier fehle es an gegenüber dem Bildnisschutz überwiegender Informationsfunktion (Ls. 2; Rz. 52 f.).