EuGH, Urt. 17.4.2018 - Rs. C-195/17 u.a.
„Wilder Streik” kein außergewöhnlicher Umstand im Sinn der Fluggastrechte-VO
Autor: RA FAArbR Axel Braun, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 05/2018
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 05/2018
Ein „wilder Streik” des Flugpersonals nach überraschender Ankündigung einer betrieblichen Umstrukturierung ist kein außergewöhnlicher Umstand, der eine Fluggesellschaft von der Verpflichtung zur Ausgleichsleistung bei Annullierung von Flügen befreit.
EuGH, Urt. v. 17.4.2018 - Rs. C-195/17 u.a. „Krüsemann”
Vorinstanz: AG Hannover
Vorinstanz: AG Düsseldorf
Verordnung (EG) Nr. 261/2004
Am 7.10.2016 teilte das Management eine Einigung mit dem Betriebsrat mit. Daraufhin sank die Krankheitsquote wieder auf das vorher übliche Maß.
Wegen des hohen Fehlbestands an Personal waren zahlreiche Flüge ausgefallen, weshalb Passagiere nach der FluggastrechteVO die darin vorgesehenen Ausgleichszahlungen verlangten. Die Amtsgerichte Hannover und Düsseldorf, bei denen die Klagen anhängig sind, fragen beim Gerichtshof an, ob die spontane Abwesenheit eines erheblichen Teils des Flugpersonals in Gestalt eines wilden Streiks unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände” falle, so dass die Fluggesellschaft von der Ausgleichspflicht befreit sei.
Die Frage der Rechtmäßigkeit des als „wilden Streik” eingestuften Konflikts dürfe keine Rolle spielen, weil sonst die Fluggastrechte von den arbeitsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaats abhingen. Dies beeinträchtige das Ziel der Verordnung, ein in der Union einheitlich, hohes Schutzniveau für die Fluggäste sicherzustellen.
EuGH, Urt. v. 17.4.2018 - Rs. C-195/17 u.a. „Krüsemann”
Vorinstanz: AG Hannover
Vorinstanz: AG Düsseldorf
Verordnung (EG) Nr. 261/2004
Das Problem
Das Management der TUIfly kündigte am 30.9.2016 überraschend Umstrukturierungspläne an. Arbeitnehmer der Fluggesellschaft riefen als Reaktion hierauf dazu auf, sich krank zu melden. Daraufhin stieg die Krankenquote von den üblichen 10 % auf bis zu 89 % beim Cockpit-Personal und bis zu 62 % beim Kabinenpersonal an.Am 7.10.2016 teilte das Management eine Einigung mit dem Betriebsrat mit. Daraufhin sank die Krankheitsquote wieder auf das vorher übliche Maß.
Wegen des hohen Fehlbestands an Personal waren zahlreiche Flüge ausgefallen, weshalb Passagiere nach der FluggastrechteVO die darin vorgesehenen Ausgleichszahlungen verlangten. Die Amtsgerichte Hannover und Düsseldorf, bei denen die Klagen anhängig sind, fragen beim Gerichtshof an, ob die spontane Abwesenheit eines erheblichen Teils des Flugpersonals in Gestalt eines wilden Streiks unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände” falle, so dass die Fluggesellschaft von der Ausgleichspflicht befreit sei.
Die Entscheidung des Gerichts
Der Gerichtshof verneint die Frage. Die Verordnung sehe zwei kumulative Bedingungen für die Einstufung eines Umstands als außergewöhnlich vor: Das Vorkommnis müsse- seiner Natur nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Arbeitgebers und
- von diesem nicht tatsächlich beherrschbar sein.
Die Frage der Rechtmäßigkeit des als „wilden Streik” eingestuften Konflikts dürfe keine Rolle spielen, weil sonst die Fluggastrechte von den arbeitsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaats abhingen. Dies beeinträchtige das Ziel der Verordnung, ein in der Union einheitlich, hohes Schutzniveau für die Fluggäste sicherzustellen.