EuGH, Urt. 19.12.2024 - C-531/23

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für Hausangestellte

Autor: RA FAArbR Dr. Sascha Schewiola, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 02/2025
Die Pflicht der Mitgliedstaaten, ein System einzuführen, mit dem die tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann, gilt auch für die Beschäftigung von Hausangestellten.

RL 2023/88/EG Art. 3, 5, 6, 16, 17, 19 u. 22; Charta der Grundrechte der EU (GRCh) Art. 31 Abs. 2; AEUV Art. 267

Das Problem

Die Klägerin arbeitete in Spanien als Hausangestellte in Vollzeit für zwei Privatpersonen. Sie wurde im Februar 2021 entlassen und erhob dagegen Klage beim Arbeits- und Sozialgericht in Bilbao, Spanien. Zum einen beantragte sie die Feststellung der Unwirksamkeit der Entlassung sowie zum anderen die Bezahlung geleisteter Überstunden und die Abgeltung nicht genommener Urlaubstage. Sie behauptete, in den ersten Wochen ihrer Beschäftigung 46 Wochenstunden und später sogar 79 Wochenstunden gearbeitet zu haben. Die Arbeitgeber hatten die Arbeitszeit der Klägerin nicht erfasst.

Nach einem in Spanien geltenden königlichen Dekret 1620/2011 sind u.a. Haushaltsarbeitgeber von der Verpflichtung zur Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeit ihrer Angestellten ausgenommen. Das Obergericht des Baskenlandes hat den Fall dem EuGH zur Beantwortung der Frage vorgelegt, ob die spanische Regelung mit der RL 2003/88/EG sowie mit Art. 31 Abs. 2 GRCh vereinbar ist.

Die Entscheidung des Gerichts

Nach der Auffassung des EuGH verstößt eine nationale Bestimmung bzw. eine auf einer solchen Bestimmung beruhende Verwaltungspraxis wie die Vorliegende offensichtlich gegen die Bestimmungen der RL 2003/88/EG und zwar insbesondere gegen die sich aus den Art. 3, 5 und 6 RL 2003/88/EG i.V.m. Art. 31 Abs. 2 GRCh ergebenden Rechte. Zwar könne ein System der Arbeitserfassung zulässig sein, das aufgrund von Eigenheiten der Hausarbeitsbranche Abweichungen in Bezug auf Überstunden und Teilzeitarbeit vorsehe, wenn dadurch die in Rede stehende Regelung nicht ihres Wesensgehalts beraubt werde. Eine vollständige Ausnahme – wie vorliegend – sei jedoch nicht zulässig.


Wussten Sie schon?

Werden Sie jetzt Teilnehmer beim Anwalt-Suchservice und Sie greifen jederzeit online auf die Zeitschrift „Arbeits-Rechtsberater“ des renommierten juristischen Fachverlags Dr. Otto Schmidt, Köln, zu.

Die Zeitschrift ist speziell auf Praktiker zugeschnitten. Sie lesen aktuelle Urteilsbesprechungen inklusive speziellem Beraterhinweis sowie Fachaufsätze und Kurzbeiträge zum Thema Arbeitsrecht und zwar 24/7, also wo und wann immer Sie wollen.

Infos zur Teilnahme