EuGH, Urt. 6.12.2017 - Rs. C-230/16
Vertriebsverbot von Luxusgütern über Internetplattformen
Autor: Rechtsanwalt Philipp Fürst, Kanzlei Fürst, Bremen
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 02/2018
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 02/2018
Der EuGH relativiert seine Rechtsprechung zum pauschalen Vertriebsverbot im Internet für das Verbot des Verkaufs von Luxusgütern über Internetplattformen in selektiven Vertriebsvereinbarungen.
EuGH, Urt. v. 6.12.2017 - Rs. C-230/16 „Coty”
Vorinstanz: OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.4.2016 - 11 U 96/14
Vorinstanz: LG Frankfurt a. M., Urt. v. 31.7.2014 - 2-3 O 128/13
Art. 101 AEUV, Art 4 lit. b), lit. c) VO (EU) Nr. 330/2010
Die Organisation eines selektiven Vertriebsnetzes falle nicht unter das Verbot in Art. 101 Abs. 1 AEUV, sofern die Auswahl der Wiederverkäufer anhand objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art erfolge, die einheitlich für alle in Betracht kommenden Wiederverkäufer festgelegt und ohne Diskriminierung angewendet würden, sofern die Eigenschaften des fraglichen Erzeugnisses zur Wahrung seiner Qualität und zur Gewährleistung seines richtigen Gebrauchs ein solches Vertriebsnetz erfordere und sofern die festgelegten Kriterien schließlich nicht über das erforderliche Maß hinausgingen (EuGH, Urt. 13.10.2011 – Rs. C-439/09, Rz. 41 – Pierre Fabre m.w.N.). Ein selektives Vertriebssystem für Luxuswaren, das primär der Sicherstellung des Luxusimages dieser Waren diene, sei mit Art. 101 Abs. 1 AEUV vereinbar, sofern die genannten Bedingungen erfüllt seien.
Die Verpflichtung der autorisierten Händler, die Vertragswaren im Internet nur über ihre eigenen Online-Shops zu verkaufen, und das an sie gerichtete Verbot, eine andere Geschäftsbezeichnung zu verwenden und erkennbar Drittplattformen einzuschalten, gewährleisteten für den Anbieter von vornherein, dass die Waren im elektronischen Handel ausschließlich an die autorisierten Händler gebunden seien, und machten das selektive Vertriebssystem zu einem geeigneten Mittel, das Luxusimage der Luxuswaren sicherzustellen, und somit zur Wahrung der Qualität dieser Waren beizutragen. Zweitens erlaube das streitige Verbot dem Anbieter von Luxuswaren, zu überprüfen, ob seine Waren im Internet in einer Umgebung verkauft würden, die den mit seinen autorisierten Händlern vereinbarten Qualitätsanforderungen entspreche. Drittens trage die Tatsache, dass Luxuswaren nicht über solche Plattformen verkauft würden und ihr Verkauf im Internet ausschließlich in Online-Shops der autorisierten Händler erfolge, in Anbetracht dessen, dass diese Plattformen einen Verkaufskanal für Waren aller Art darstellten, zum Luxusimage bei den Verbrauchern und damit zur Aufrechterhaltung eines der von den Verbrauchern geschätzten Hauptmerkmale derartiger Waren bei. Die streitige Klausel verbiete den autorisierten Händlern nicht pauschal, die Vertragswaren im Internet zu verkaufen. Der in Rede stehende Depotvertrag gestatte den autorisierten Händlern unter bestimmten Bedingungen, über das Internet auf Drittplattformen und mittels Online-Suchmaschinen Werbung zu betreiben, so dass die Kunden mittels solcher Suchmaschinen Zugang zum Internetangebot der autorisierten Händler haben dürften. In Anbetracht dieser Erwägungen stelle ein den auf der Einzelhandelsstufe tätigen Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems für Luxuswaren auferlegtes Verbot, bei Internetverkäufen nach außen erkennbar Drittunternehmen einzuschalten, weder eine Beschränkung der Kundengruppe i.S.v. Art. 4 lit. b) noch eine Beschränkung des passiven Verkaufs an Endverbraucher i.S.v. Art. 4 lit. c) der Verordnung Nr. 330/2010 dar.
EuGH, Urt. v. 6.12.2017 - Rs. C-230/16 „Coty”
Vorinstanz: OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.4.2016 - 11 U 96/14
Vorinstanz: LG Frankfurt a. M., Urt. v. 31.7.2014 - 2-3 O 128/13
Art. 101 AEUV, Art 4 lit. b), lit. c) VO (EU) Nr. 330/2010
Das Problem
Hersteller von Luxusgütern und Prestigewaren organisieren den Vertrieb ihrer Produkte oft im Wege sog. selektiver Vertriebssysteme. Die in diesen Systemen typischerweise festgelegten qualitätsbezogenen Anforderungen können von Internet – und Onlinemarktplätzen wie eBay und Amazon nur schwer erfüllt werden. Kein Wunder also, dass die Hersteller den Vertrieb ihrer Luxusprodukte über diese Vertriebskanäle nicht gerne sehen und immer wieder nach Wegen suchen, dies zu unterbinden. Bereits seit längerem ist unstreitig, dass der generelle Ausschluss des Internetvertriebs grundsätzlich nicht freistellbar ist (vgl. EuGH, Urt. 13.10.2011 – Rs. C-439/09 – Pierre Fabre). In der Entscheidung des EuGH ging es deshalb um die Frage, ob und inwiefern hiervon Ausnahmen möglich sind.Die Entscheidung des Gerichts
Der EuGH entschied im Wesentlichen zugunsten von Coty und gab das Verfahren zur endgültigen Entscheidung an das OLG Frankfurt zurück.Die Organisation eines selektiven Vertriebsnetzes falle nicht unter das Verbot in Art. 101 Abs. 1 AEUV, sofern die Auswahl der Wiederverkäufer anhand objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art erfolge, die einheitlich für alle in Betracht kommenden Wiederverkäufer festgelegt und ohne Diskriminierung angewendet würden, sofern die Eigenschaften des fraglichen Erzeugnisses zur Wahrung seiner Qualität und zur Gewährleistung seines richtigen Gebrauchs ein solches Vertriebsnetz erfordere und sofern die festgelegten Kriterien schließlich nicht über das erforderliche Maß hinausgingen (EuGH, Urt. 13.10.2011 – Rs. C-439/09, Rz. 41 – Pierre Fabre m.w.N.). Ein selektives Vertriebssystem für Luxuswaren, das primär der Sicherstellung des Luxusimages dieser Waren diene, sei mit Art. 101 Abs. 1 AEUV vereinbar, sofern die genannten Bedingungen erfüllt seien.
Die Verpflichtung der autorisierten Händler, die Vertragswaren im Internet nur über ihre eigenen Online-Shops zu verkaufen, und das an sie gerichtete Verbot, eine andere Geschäftsbezeichnung zu verwenden und erkennbar Drittplattformen einzuschalten, gewährleisteten für den Anbieter von vornherein, dass die Waren im elektronischen Handel ausschließlich an die autorisierten Händler gebunden seien, und machten das selektive Vertriebssystem zu einem geeigneten Mittel, das Luxusimage der Luxuswaren sicherzustellen, und somit zur Wahrung der Qualität dieser Waren beizutragen. Zweitens erlaube das streitige Verbot dem Anbieter von Luxuswaren, zu überprüfen, ob seine Waren im Internet in einer Umgebung verkauft würden, die den mit seinen autorisierten Händlern vereinbarten Qualitätsanforderungen entspreche. Drittens trage die Tatsache, dass Luxuswaren nicht über solche Plattformen verkauft würden und ihr Verkauf im Internet ausschließlich in Online-Shops der autorisierten Händler erfolge, in Anbetracht dessen, dass diese Plattformen einen Verkaufskanal für Waren aller Art darstellten, zum Luxusimage bei den Verbrauchern und damit zur Aufrechterhaltung eines der von den Verbrauchern geschätzten Hauptmerkmale derartiger Waren bei. Die streitige Klausel verbiete den autorisierten Händlern nicht pauschal, die Vertragswaren im Internet zu verkaufen. Der in Rede stehende Depotvertrag gestatte den autorisierten Händlern unter bestimmten Bedingungen, über das Internet auf Drittplattformen und mittels Online-Suchmaschinen Werbung zu betreiben, so dass die Kunden mittels solcher Suchmaschinen Zugang zum Internetangebot der autorisierten Händler haben dürften. In Anbetracht dieser Erwägungen stelle ein den auf der Einzelhandelsstufe tätigen Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems für Luxuswaren auferlegtes Verbot, bei Internetverkäufen nach außen erkennbar Drittunternehmen einzuschalten, weder eine Beschränkung der Kundengruppe i.S.v. Art. 4 lit. b) noch eine Beschränkung des passiven Verkaufs an Endverbraucher i.S.v. Art. 4 lit. c) der Verordnung Nr. 330/2010 dar.