EuGH, Urt. 7.8.2018 - C-161/17

Unzulässiges Einstellen eines Fotos in andere Webseite

Autor: RA Dr. Ingemar Kartheuser, LL.M., Linklaters LLP, Frankfurt/M.
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 11/2018
Das Einstellen einer urheberrechtlich geschützten Fotografie in eine Webseite ist eine öffentliche Wiedergabe, auch wenn die Fotografie von einer anderen Webseite ohne Beschränkungen heruntergeladen werden kann.

EuGH, Urt. v. 7.8.2018 - C-161/17

Vorinstanz: BGH, Beschl. v. 23.2.2017 - I ZR 267/15
Vorinstanz: OLG Hamburg, Urt. v. 3.12.2015 - 5 U 38/13
Vorinstanz: LG Hamburg, Urt. v. 22.1.2013 - 310 O 27/12

RL 2001/29 Art. 3, 5

Das Problem

Eine Schule veröffentlichte auf ihrer Webseite das Referat einer Schülerin. Dieses enthielt als Illustration eine Fotografie, die die Schülerin von der Webseite eines Reisemagazin-Portals heruntergeladen hatte, was ohne weitere (technische) Beschränkungen möglich gewesen war. Unter dem Bild hatte die Schülerin einen Hinweis auf die Reisewebseite angebracht. Der Fotograf machte die Verletzung seines Urheberrechts wegen des Einstellens seiner Fotografie in die Webseite der Schule geltend.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Einstellen der Fotografie in die Webseite der Schule sei vom Begriff der „öffentlichen Wiedergabe” i.S.v. Art. 3 Abs. 1 RL 2001/29 (Urheberrechtsrichtlinie) erfasst, wenn die Fotografie wie vorliegend von der anderen Webseite ohne Beschränkungen heruntergeladen werden könne und dort mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht worden sei.

Verletzungshandlung: Der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe” sei zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus weit auszulegen. Für die Wiedergabe des Werks reiche die Möglichkeit des Zugangs aus, die hier zu bejahen sei. Diese sei auch „öffentlich”, da eine unbestimmte Anzahl von Nutzern auf der Webseite der Schule auf die Fotografie zugreifen könne.

Neues Publikum: Erforderlich sei für die öffentliche Wiedergabe weiterhin, dass das urheberrechtlich geschützte Werk einem „neuen Publikum” zugänglich gemacht werde, also einem Publikum, an das der Urheber bei Erteilung seiner Zustimmung nicht gedacht habe. Dies sei vorliegend zu bejahen: Die Nutzer der Schulwebseite seien ein Publikum, an das der Urheber bei Erteilung der Zustimmung nicht gedacht habe. Ginge man hier nicht von einem neuen Publikum aus, wäre es dem Urheber unmöglich oder erschwert, sein Recht vorbeugender Art auszuüben. Denn selbst wenn er seine Zustimmung gegenüber dem zuerst einstellenden Webseitenbetreiber widerrufe, sei das Werk weiterhin auf einer anderen Webseite veröffentlicht.

Keine Erschöpfung: Würde man nicht davon ausgehen, dass es sich bei der Veröffentlichung der Fotografie auf einer neuen Webseite um eine öffentliche Wiedergabe handle, liefe dies darauf hinaus, einen Erschöpfungsgrundsatz aufzustellen, der aber dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 RL 2001/29 widerspreche. Dem Urheber werde damit auch die Möglichkeit genommen, eine angemessene Vergütung für die Nutzung seines Werks zu verlangen.

Unterschied zur Verlinkung: Der vorliegende Fall weise einen Unterschied gegenüber Konstellationen auf, in welchen urheberrechtlich geschützte Werke lediglich dadurch zugänglich gemacht würden, dass ein anklickbarer Hyperlink den Nutzer auf eine andere Seite führe. Dort sei davon auszugehen, dass das Zielpublikum der ursprünglichen Wiedergabe alle potentiellen Besucher der betreffenden Seite seien, in die die Werke frei zugänglich eingestellt seien.


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